Erziehung: positive und negative Bestrafung

Die positive und negative Bestrafung sind zwei Seiten der gleichen Medaille. In diesem Artikel gehen wir auf ihre Gemeinsamkeiten und Unterschiede ein, geben einige Beispiele und erklären ihre Auswirkungen.
Erziehung: positive und negative Bestrafung
Laura Ruiz Mitjana

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Laura Ruiz Mitjana.

Letzte Aktualisierung: 05. November 2022

Zu den zwei häufigsten Methoden, um unerwünschtes Verhalten zu unterdrücken, zählen die positive und die negative Bestrafung. Wir erklären heute die Unterschiede, ihre Wirksamkeit und welche Auswirkungen diese Techniken haben.

“Wenn du es wagst zu lehren, höre nicht auf zu lernen.”

John Cotton Dana

Mutter verwendet negative Bestrafung, um Verhaltensweisen ihrer Tochter zu korrigieren

Positive und negative Bestrafung: Was ist das?

Die operante Konditionierung nach Burrhus Frederic Skinner arbeitet mit der positiven und negativen Verstärkung oder Bestrafung, um Verhaltensmuster durch unerwünschte Konsequenzen zu korrigieren. Die Bestrafung muss sofort nach dem Auftreten des Verhaltens erfolgen und die richtige Intensität aufweisen, um wirksam zu sein.

Grundsätzlich besteht die positive Bestrafung darin, unerwünschte Verhaltensweisen durch unangenehme Konsequenzen zu unterdrücken. Die negative Bestrafung erfolgt durch das Ausbleiben angenehmer Konsequenzen. Wir schauen uns diese Techniken, die beide dasselbe Ziel verfolgen, anschließend etwas genauer an.

Positive Bestrafung

Die Bestrafung ist eine Konsequenz, die das Wiederauftreten bestimmter Verhaltensweisen verhindern soll. Bei der positiven Bestrafung kommen zu diesem Zweck unangenehme Folgen zur Anwendung. Folgende Beispiele beschreiben Situationen, die wir alle kennen:

  • Nägelkauen wird durch das Auftragen eines bitteren Lacks (unangenehme Konsequenz) verhindert.
  • Unangemessenes Verhalten in der Schule hat zusätzliche Hausarbeiten zur Folge.
  • Wenn Jugendliche sich nicht an die Regeln halten, haben sie mit Einschränkungen zu rechnen.

Diese Methode kommt vielfach zum Einsatz, ist jedoch nicht unbedingt effektiv. Das Kind sieht damit keine Alternativen oder angemessene Verhaltensweisen, an denen es sich orientieren könnte. Deshalb sollte die positive Bestrafung nur in spezifischen Situationen zur Anwendung kommen, in denen andere Methoden nicht wirksam sind und eine Intervention mit sofortiger Wirkung erforderlich ist.

Positive und negative Bestrafung haben die gleiche Funktion: die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von unangemessenen Verhaltensweisen zu  reduzieren. 

Positive Bestrafung: konkrete Schritte

Damit diese Methode erfolgreich ist, sind spezifische Aspekte zu berücksichtigen:

  • Die Maßnahmen müssen unmittelbar nach dem Fehlverhalten zur Anwendung kommen.
  • Es muss deutlich werden, welches Verhalten warum bestraft wird (Reaktionsspezifität). Wenn sich das unerwünschte Verhalten wiederholt, müssen erneut Konsequenzen folgen.
  • Außerdem ist es wichtig, alternative Reaktionen aufzuzeigen.
  • Es ist wichtig, die Maßnahmen konsequent durchzuführen, das Kind darf nicht durch Flucht oder Ablenkung entkommen.
  • Doppelbotschaften sind zu vermeiden: Während der Bestrafung muss eine positive Verstärkung vermieden werden.
  • Nähert sich das Kind dem Wunschverhalten, ist eine positive Verstärkung hilfreich.
  • Die positive Bestrafung ist auf das unerwünschte Verhalten begrenzt und wird nicht auf andere Situationen ausgedehnt.
  • Negative Etikettierungen sind unbedingt zu vermeiden, deshalb ist es wichtig, zwischen Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften zu unterscheiden und nicht zu generalisieren.

Die positive Bestrafung sollte nur selten als Kontrollmethode zum Einsatz kommen. Sie verursacht häufig Gefühle wie Frustration, Unbehagen und Wut. Außerdem reagieren Kinder häufig mit Lügen, um der Bestrafung zu entgehen.

Negative Bestrafung

Die Negativstrafe besteht darin, angenehme Konsequenzen zu entfernen. Es kann sich um unterhaltsame Aktivitäten, eine Lieblingsspeise, das Treffen mit Freunden oder andere angenehme Situationen handeln, die dem Kind verweigert werden, um Fehlverhalten zu korrigieren. Ein paar typische Beispiele:

  • Wenn das Kind keine Hausaufgaben macht, darf es seine Lieblingsserie nicht sehen.
  • Die Kinder streiten sich um die Fernsteuerung, um das Fernsehprogramm zu bestimmen, und die Mutter schaltet den Fernseher aus.
  • Ein Teenager fällt in einer Prüfung durch und darf deshalb nicht mit seinen Freunden ausgehen, damit er Zeit hat, um auf die nächste Prüfung zu lernen.

Die Bestrafung muss einen Zusammenhang mit dem Fehlverhalten haben

Beide Arten der Bestrafung sind in der Erziehung und im Bildungsbereich sehr häufig. Damit sie ihre Wirkung entfalten, müssen sie richtig eingesetzt und immer an das Kind und die Situation angepasst werden.

Die Intensität der Bestrafung ist an das Fehlverhalten anzupassen

Eine in der Zeitschrift Nature Neuroscience veröffentlichte Studie eines Wissenschaftlerteams der Universtiät Harvard hat die kognitiven Prozesse untersucht, die die Intensität der Bestrafung beeinflussen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Strafe härter ausfällt, wenn hinter dem Fehlverhalten eine Absicht vermutet wird. Die Forscher konnten außerdem feststellen, dass die Amygdala, eine Gehirnstruktur, die an der Verarbeitung von Angst, Wut und Emotionen beteiligt ist, beim Sehen von grausamen Bildern aktiv wird. Interessanterweise zeigte sich dieser Effekt nur in den Gehirnscans der Teilnehmer, die wussten, dass hinter der Handlung eine Absicht steckt.

Es ist wichtig, die positive oder negative Bestrafung immer an das Fehlverhalten anzupassen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.

“Wer lehrt, lernt beim Lehren, und wer lernt, lehrt beim Lernen.”

Paulo Freire

Amígdala iluminada

Jenseits von positiver und negativer Bestrafung

Neben diesen beiden Methoden gibt es andere, die nützlicher und förderlicher für das Lernen und die Entwicklung des Kindes sind. Eine respektvolle, flexible Erziehung und das Aufzeigen von Alternativen sind für das Kind immer vorteilhaft. Die positive Verstärkung und die differenzierte Verstärkung von  alternativen Verhaltensweisen sind nur zwei Beispiele.


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