Emotionalen Fesseln: Warum das Verlassen des Partners so schwerfällt
Die Entscheidung, eine Beziehung zu beenden, ist oft von tiefen emotionalen Konflikten geprägt. Viele Menschen stehen vor der Herausforderung, sich von einem Partner zu trennen, auch wenn sie innerlich spüren, dass es der richtige Schritt wäre. Emotionale Fesseln, die sich im Laufe der Zeit festigen, können dabei eine entscheidende Rolle spielen. Sie sind nicht nur mit Liebe und Zuneigung verbunden, sondern auch mit Ängsten, Gewohnheiten und der Hoffnung auf Veränderung.
Wir befassen uns anschließend damit, warum das Verlassen eines Partners manchmal so schwierig ist und welche psychologischen Mechanismen dabei eine Rolle spielen. Von Schuldgefühlen über Verlustängste bis zu der Vorstellung, dass das Bekannte sicherer ist als das Unbekannte – all diese Faktoren tragen dazu bei, dass viele in unglücklichen Beziehungen verharren.
Emotionale Fesseln in einer Beziehung
Eine Trennung ist immer ein komplexer Prozess, der oft bereits vor der Entscheidung zu Unsicherheit und Unentschlossenheit führt. Die emotionale Abhängigkeit vom Partner ist die häufigste Ursache dafür, dass viele in einer Beziehung stecken bleiben, auch wenn sie genau wissen, dass das nicht der richtige Weg ist. Die Angst vor der Einsamkeit, ungeheilte Traumata und andere psychische Realitäten festigen die emotionalen Fesseln und machen die Trennung besonders schwierig. Wir analysieren nachfolgend die häufigsten Gründe, die das Verlassen des Partners so schwierig machen.
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Geringes Selbstwertgefühl
Der Gedanke, nie wieder geliebt zu werden, keinen neuen Partner zu finden und an Einsamkeit zu leiden, spiegelt ein schwaches Selbstwertgefühl und eine konfliktbeladene Beziehung zu sich selbst wider. Ein in European Psychologist veröffentlichter Artikel betont die Relevanz, die diese psychologische Säule für die Qualität und das Wohlbefinden in einer Beziehung hat.
Ein schwaches Selbstwertgefühl führt unbewusst zu abwertenden, irrationalen Überzeugungen, die in einen negativen Kreislauf führen. Betroffene setzen andere immer an die erste Stelle und rücken ihre eigenen Bedürfnisse in den Hintergrund.
Ängstliche Bindung und emotionale Abhängigkeit
Menschen mit einem ängstlichen Bindungsmuster sind auf Bestätigung von außen angewiesen. Sie haben Angst vor dem Alleinsein und geben sich mit wenig zufrieden, auch wenn sie wissen, dass die Beziehung nicht mehr funktioniert. Diese emotionale Fessel hält sie fest.
Eine an der Universität von Catania (Italien) durchgeführte Studie weist darauf hin, dass ängstliche Bindungen bei jungen Erwachsenen häufiger vorkommen und sehr belastend sein können. Betroffene sind sich bewusst, dass es keine gesunde Beziehung ist, haben jedoch Angst vor der Einsamkeit, die häufig in Kindheitstraumata zu finden ist.
Die emotionalen Fesseln sind unsichtbar, jedoch sehr stark. Sie führen zu mangelnder Selbstständigkeit, Fucht in die Opferrolle, Idealisierung des Partners, fehlenden Grenzen und dem Bedürfnis, der anderen Person zu gefallen.
Das Gefühl, zu viel investiert zu haben
Nach einigen Beziehungsjahren hat sich das Paar ein gemeinsames Leben aufgebaut und viel investiert. Nicht nur in eine Wohnung, sondern auch in gemeinsame Projekte, und vielleicht sind auch Kinder vorhanden. Die Entscheidung, eine Beziehung zu beenden, ist in diesem Fall besonders schwierig, denn damit geht ein wichtiger Teil des Lebens verloren. Nicht nur die Vergangenheit und Gegenwart, auch zukünftige Pläne, Träume und Hoffnungen enden damit.
Schuld, Scham und Loyalität
Am wenigsten schmerzhaft sind einvernehmliche Trennungen, während einseitige Entscheidungen komplexer sind und zu emotionalen Konflikten führen. Schuldgefühle sind deshalb häufige emotionale Fesseln, denn das Gefühl, die andere Person zu verlassen und zu verletzen, ist sehr belastend. In dieser Situation solltest du jedoch bedenken, dass eine Beziehung, die nur auf Schuldgefühle aufbaut, keine Zukunft hat und du damit deinem Partner nichts Gutes tust.
Vorteile in der Beziehung?
Einige Personen sind starr und unflexibel und haben Schwierigkeiten, mit Veränderungen umzugehen. Trotz des Unbehagens in der Beziehung klammern sie sich an vermeintliche Vorteile und hegen falsche Hoffnungen. Sie glauben, ihr Partner werde sich ändern, doch häufig basieren diese Annahmen auf irrationalen Überzeugungen. Dieser Zustand verschärft die Situation und kann zu einem Burn-out führen.
Missbräuchliche Beziehung
Die emotionalen Fesseln sind vielfältig: Personen, die sich in einer missbräuchlichen Beziehung befinden, sind von Ängsten und Unsicherheit geprägt. Sie sind Opfer der Manipulation und Gewalt, was ihr Selbstwertgefühl zerstört und sie mit der Zeit isoliert. Sie haben keine Kraft, um diese Situation zu verlassen.
Emotionale Fesseln: Was tun?
Die Entscheidung, eine Beziehung zu beenden, erfordert Mut, Integrität und Reife. Folgende Werkzeuge können dir helfen, den ersten Schritt zu tun und deine persönliche Reise zu beginnen.
Selbstbewusstsein
Emotionale Kommunikation
Gesunde Kommunikation ist eine der wichtigsten Säulen in einer Beziehung, auch wenn sie nicht mehr funktioniert – oder gerade dann. Du benötigst soziale Kompetenzen und emotionale Intelligenz, um deine eigenen Wege zu gehen und den Prozess der Trennung zu erleichtern:
- Emotionale Regulierung: Bewältige Stress und Angst, indem du dein Nervensystem durch Entspannung, Sport, Meditation und kognitive Umstrukturierung regulierst.
- Vorbereitung: Am besten erstellst du ein Skript für das, was du deinem Partner sagen möchtest. Schreibe es auf, falls nötig, antizipiere mögliche Reaktionen und bereite dich mental darauf vor.
- Klarheit und Prägnanz: Achte auf Klarheit und Ehrlichkeit in deinen Worten. Kommunikatives Durchsetzungsvermögen basiert auf respektvoller Aufrichtigkeit, wobei die Botschaft einfach und direkt vermittelt wird.
- Zuhören und Empathie: Es ist nicht wünschenswert, die Absicht, eine intime Beziehung zu beenden, einfach auszusprechen. Höre zu, was dein Partner sagen möchte, gib ihm Raum für emotionale Entlastung und zeige Verständnis für seine Reaktion.
- Festigkeit in deinem Vorsatz: Nachdem du deine Botschaft übermittelt hast, sei dir bewusst, dass es kein Zurück mehr gibt. Lege ein Datum fest, an dem die relevanten Änderungen beginnen sollen. So verleihst du deinen Worten Überzeugungskraft und deinem Vorsatz Festigkeit.
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Soziale Unterstützung
Eine Trennung ist wie ein Schritt ins Leere. Du weißt, dass du weitermachen musst, aber der emotionale Abgrund ist enorm, und viele Ängste stehen dir im Weg. Du musst diesen Weg nicht alleine gehen. Es ist eine große Hilfe, Menschen an deiner Seite zu haben, die dich in diesem Prozess unterstützen. Wir empfehlen unbedingt professionelle Hilfe, wenn du allein nicht damit zurechtkommst. Wenn du deine emotionalen Fesseln ablegst, kannst du dir eine neue Zukunft aufbauen.
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