Du liebst eine Person, die du nicht ertragen kannst?
Du liebst deine Eltern, bist jedoch erleichtert, wenn du wieder in deinem eigenen Haus bist? Vielleicht hast du einen Freund, den du seit deiner Kindheit kennst – ein guter Mensch, doch seine Gesellschaft erschöpft dich. Wenn dir diese Situationen bekannt vorkommen, musst du wissen, dass du nicht allein bist. Es gibt viele, die eine Person lieben, sie ni cht (mehr) ertragen können. Ambivalente Beziehungen sind ganz normal: Es gibt Menschen, die wir schätzen, lieben und respektieren, doch trotzdem haben wir unangenehme Gefühle, wenn wir länger mit ihnen zusammen sind und empfinden vielleicht sogar Hass. Dies ist paradox und verwirrend, wir fühlen uns schlecht und schuldig.
Diese kontroversen Gefühle sind menschlich – wir sind keine Roboter! Anders als Maschinen unterliegen wir dem emotionalen Widerspruch. Wir dürfen nicht vergessen, dass es keine reinen Gefühle gibt, nicht alles ist nahtlose Liebe. Unbehagen, Verachtung und Wut in unseren Beziehungen zu empfinden, ist völlig normal.
Es gibt jedoch einen Faktor, den wir vielleicht nicht immer berücksichtigen. Wenn wir sagen, dass wir jemanden nicht ausstehen können, ist es nicht die Person, die wir nicht mögen, sondern ihr Verhalten. Beziehungen sind nicht perfekt, und es ist schwierig, jede Facette, jede Nuance und jede Eigenschaft der Person zu mögen, die wir lieben, die uns aber oft überfordert….
Jemanden zu lieben, aber nicht zu ertragen, ist eine sehr häufige Erfahrung in Familienbeziehungen.
Du liebst eine Person, die du nicht ertragen kannst: Warum ist das so?
Eine geliebte Person nicht zu ertragen, macht dich nicht zu einem schlechten Menschen. Es geht vielen so. Ein anschauliches Beispiel dafür sind Lehrkräfte: Sie lieben ihre Schüler, doch an so manchen Tagen könnten sie diese “auf den Mond schießen”. Sie hassen sie nicht wirklich, sondern reagieren gestresst auf ihr Verhalten oder auf ihre Forderungen. Auch in Familien kommt dies sehr häufig vor: Du liebst deine Eltern, Großeltern oder Geschwister aufrichtig, doch kannst bestimmte Einstellungen, Meinungen oder Verhaltensweisen nicht ertragen. Dies führt dich vielleicht dazu, auf Distanz zu gehen und die Besuche zu reduzieren.
Kompliziert wird es, wenn dieses Gefühl in einer Beziehung auftritt. Jemanden zu lieben, aber nicht zu dulden, gestaltet den Alltag sehr problematisch. Wie kommt es dazu? Und was kannst du tun?
Hassliebe ist besonders häufig zwischen Paaren und auch zwischen Eltern und Kindern.
Hassliebe ist ein häufiges Phänomen
Die Neurowissenschaft hat eine Antwort auf dieses Phänomen: Zwischen romantischer Liebe und Hass ist nur ein schmaler Grat. Eine Studie des University College London weist darauf hin, dass beide Emotionen die gleichen neuronalen Korrelate nutzen. Es ist deshalb normal, am selben Tag Wertschätzung und Verachtung für jemanden zu empfinden, den du liebst. Dies erklärt auch, warum es dir schwerfallen kann, eine Person, die du liebst, zu ertragen.
Wenn du 24 Stunden am Tag 7 Tage die Woche Komplizenschaft, Wohlbefinden und Glück empfindest, ist dies kaum mehr als eine Schimäre. Ambivalente Gefühle sind normal und kommen in jeder Beziehung vor. Wir erleben diese Situationen schon in jungen Jahren: Bereits Kinder machen die Erfahrung der Hassliebe. Sie lieben ihre Eltern und sind von ihnen abhängig, können sie jedoch auch hassen, weil sie Grenzen setzen und ihr Verhalten korrigieren.
Es ist auch normal, dass wir uns irgendwann hassen und nicht mehr ausstehen können. Emotionale Ambivalenzen werden nicht nur auf externe Personen projiziert.
Was tun, wenn du jemanden liebst, diese Person jedoch nicht ertragen kannst?
Du kannst die Realität nicht leugnen. Auch wenn du jemanden liebst, ist das Zusammenleben nicht immer möglich. Du kannst die Zeit, die du mit dieser Person verbringst, begrenzen, damit du dein Limit nicht erreichst und das Kontingent an Erschöpfung nicht überläuft. Doch was tun, wenn es sich um den Lebenspartner handelt? Die emotionale Ambivalenz kann zu Problemen führen, oder es ist umgekehrt: Schwierige Situationen lösen diese widersprüchlichen Gefühle aus. Folgende Strategien können dir in diesem Fall helfen.
1. Was kannst du an deinem Partner nicht ertragen?
Es ist normalerweise nicht die Person selbst, die dich erschöpft, sondern ihr Verhalten. Denke darüber nach, welche Verhaltensweisen oder Situationen dich stressen und versuche, folgend Fragen zu beantworten: Welche Ursachen liegen diesem Verhalten zugrunde? Ist das störende Verhalten neu, oder war es bereits am Anfang der Beziehung vorhanden?
2. Führe Gespräche, um Lösungen zu finden
Wenn du die Person liebst, müsst ihr gemeinsam Lösungen suchen. Ihr könnt negative Dynamiken analysieren und Strategien entwickeln, um das Zusammenleben zu verbessern.
Wenn das Zusammenleben unerträglich wird, musst du die Situation analysieren: Vielleicht hast du dich selbst verändert.
3. Wenn die Beziehung keinen Sinn mehr ergibt
Menschen verändern sich und manchmal können Beziehungen trotz bestehender Zuneigung oder Liebe nicht funktionieren. Es ist wie der letzte Faden eines abgenutzten Seils. Du kannst von einer Person nicht verlangen, ihr eigenes Ich aufzugeben. Überlege dir, ob es sich lohnt, die Beziehung aufrechtzuerhalten. Vielleicht hast du dich selbst so sehr verändert, dass ein gemeinsamer Weg nicht mehr möglich ist.
Liebe ist komplex und nicht immer linear. In jeder Beziehung gibt es bessere und schlechtere Zeiten, doch ihr müsst selbst entscheiden, ob sich der gemeinsame Weg lohnt.
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