Borderline-Beziehung: Wie gelingt das Zusammenleben?

Das Leben mit einem Borderline-Patienten ist nicht einfach, doch eine bereichernde Beziehung ist möglich, wenn sich beide engagieren.
Borderline-Beziehung: Wie gelingt das Zusammenleben?
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Redaktionsteam

Letzte Aktualisierung: 17. Oktober 2022

Eine Borderline-Beziehung ist komplex und intensiv. Menschen, die an einer Borderline-Störung leiden, sind impulsiv und tun sich schwer im Umgang mit ihren Emotionen. Sie entwickeln dysfunktionale Verhaltensweisen, weisen eine geringe Frustrationstoleranz auf und sind für plötzliche Stimmungswechsel bekannt. Dies kann in einer Beziehung zu einer wahren Herausforderung werden. Betroffene können jedoch in einer Partnerschaft auch Halt finden und emotional reifen. 

“Liebe sieht man nicht an, man fühlt sie.”

Pablo Neruda

Borderline-Beziehung: Wie gelingt das Zusammenleben?

Die Ambivalenz in einer Borderline-Beziehung

Emotionale Instabilität, Impulsivität und zwischenmenschliche Probleme kennzeichnen Menschen mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung. Betroffene erleben oft ein Gefühl der Leere und entwickeln selbstzerstörerisches Verhalten, das zum Verlust der Identität führen kann – eine komplizierte Situation, die jedoch durch eine Therapie kontrolliert werden kann.

Der Partner oder die Partnerin muss aber verschiedene Aspekte berücksichtigen, damit eine Borderline-Beziehung funktionieren kann:

  • An erster Stelle musst du dir darüber bewusst sein, warum du dich in eine Person mit Borderline-Persönlichkeitsstörung verliebt hast und welche Verantwortung du damit übernimmst. Dein Partner hat die Störung, doch definiert ihn diese nicht.
  • Borderline-Patienten leiden häufig an einer ausgeprägten Ambivalenz: Sie haben das Bedürfnis nach Geborgenheit, jedoch gleichzeitig starke Angst vor sozialer Nähe. Du musst dies wissen und der Person helfen, ihr Schwarz-Weiß-Denken zu kontrollieren.

“Gesunde Beziehungen wachsen aus grenzenlosem Vertrauen.”

Beau Mirchoff

Wie sich eine Borderline-Persönlichkeitsstörung auf eine Beziehung auswirkt

Die Forschung legt nahe, dass der Bindungsstil von Borderline-Patienten häufig zu Schwierigkeiten in Beziehungen führt. Typische Probleme sind:

  • Angst vor dem Verlassenwerden: Diese Angst kann dazu führen, dass sich die Person zu sehr an den Partner bindet oder entscheidet, selbst zu gehen, bevor sie verlassen wird.
  • Schwierige Bindung: Die Kommunikation kann durch Ängste, Identitätsprobleme und Stimmungsschwankungen beeinträchtigt werden, was es schwierig macht, eine tiefe Bindung aufzubauen.
  • Schwarz-Weiß-Denken: Borderline-Patienten sind instabil und neigen dazu, nur Schwarz oder Weiß zu sehen. Sie können verbale oder körperliche Aggressionen zeigen, da sie impulsiv reagieren.
  • Misstrauen: Borderline-Patienten neigen dazu, anderen gegenüber argwöhnisch und misstrauisch zu sein. Das kann dazu führen, dass sie die Absichten ihres Partners infrage stellen und dessen Verhalten misstrauen.

Eine Studie verglich Boderline-Beziehungen mit Partnerschaften, in denen diese Störung keine Rolle spielte. Sie fand heraus, dass der Borderline-Patient eine negativere Wahrnehmung der Beziehung hat, da die Symptome dieser Störung das Vertrauen und die Zufriedenheit in der Beziehung beeinträchtigen.

Balance in einer Borderline-Beziehung

Borderline-Patienten leben oft in einem emotionalen Tsunami, aus dem sie nur schwer wieder herauskommen, wenn sie sich nicht bestimmte Fähigkeiten aneignen, um das Gleichgewicht zu halten. Es ist viel persönliche Arbeit nötig, um dysfunktionales Verhalten zu korrigieren, doch es ist möglich, wenn sich beide Partner engagieren und entsprechende Werkzeuge und Strategien lernen.

“Die erste Pflicht der Liebe ist es, ein guter Zuhörer zu sein.”

Paul Tillich

Der Partner eines Borderline-Patienten 

Das Leben mit einem Borderline-Patienten erfordert Ruhe und Gelassenheit, Zuneigung und Geduld. Außerdem ist es sehr wichtig, nicht passiv-aggressiv zu reagieren. Folgende Tipps können in der Beziehung helfen:

  • Die Borderline-Persönlichkeit verstehen: Das Verständnis dieser Persönlichkeitsstörung ermöglicht es dem Partner, geeignete Richtlinien anzuwenden, um die Beziehung und eigenes Wohlbefinden zu verbessern. Eine psychologische Fachkraft kann dir Hilfsmittel und Strategien zur Hand geben, damit du diese Störung besser verstehst und mit ihr umgehen kannst.
  • Selbstfürsorge: Es besteht die Gefahr, dass sich der Partner vernachlässigt, da er das Wohl des Borderline-Patienten an erste Stelle setzt. Selbstfürsorge ist jedoch grundlegend, damit diese Beziehung langfristig funktionieren kann. Nur, wenn es dir selbst gut geht, kannst du deinen Partner unterstützen.
  • Individuelle Räume kultivieren: Die Verletzlichkeit, die affektiven Bedürfnisse und das Identitätsvakuum des Borderline-Patienten kann zu einer sehr abhängigen Beziehung führen. Der Borderline-Patient könnte es als Verlassenwerden interpretieren, wenn sein Partner sich um seine eigenen Bedürfnisse kümmert. Trotzdem ist es grundlegend, individuelle Freiräume zu wahren.
  • Klare Kommunikation: Die Borderline-Störung kann zu voreiligen Schlüssen und Fehlinterpretationen führen. Deshalb ist eine klare, präzise Kommunikation wichtig.
  • Grenzen setzenMenschen mit einer Borderline-Störung können versuchen, andere dazu zu bringen, für sie etwas zu tun, das sie für sich selbst tun sollten. Bei Manipulationsversuchen ist es wichtig, Grenzen zu setzen.
  • Behandlung: Außerdem ist es grundlegend, die Behandlung des Borderline-Partners zu unterstützen, damit die betroffene Person ihre Symptome unter Kontrolle bringt.

Auch folgende drei Aspekte sind in einer Borderline-Beziehung grundlegend:

  • Fühle dich nicht schuldig. Jeder Partner muss Verantwortung für sein Handeln übernehmen, der Borderline-Patient muss professionelle Hilfe akzeptieren, damit die Beziehung funktioniert.
  • Du kannst deinen Borderline-Partner nicht verändern. Versuche nicht ständig, deinen Partner zu ändern oder ihn zu schützen, du tust damit der Beziehung nichts Gutes. Du kannst deinem Partner allerdings Vorschläge machen und ihn motivieren.
  • Hab keine Angst davor, mit deinem Borderline-Partner über sein Verhalten zu sprechen. Du musst lernen, Grenzen zu setzen und dein Partner muss Verantwortung übernehmen.

Eine Borderline-Beziehung fordert Objektivität und Konsequenz. Die Person mit der Borderline-Persönlichkeitsstörung muss lernen, ihre irrationalen Gedanken und Verhaltensmuster zu korrigieren. Der Partner muss jedoch verstehen, dass nicht alle Beziehungsprobleme durch die Störung zu rechtfertigen sind.

Ein Borderline-Patient, der einer Therapie zustimmt, lernt verschiedene Strategien, die ihm eine stabile Beziehung ermöglichen. Die Bemühungen können sich lohnen, wenn sich beide engagieren.

“Wir können nur lernen zu lieben, indem wir lieben.”

Iris Murdoch

Borderline-Beziehung ist kompliziert

Wenn es nicht mehr geht …

Eine Borderline-Beziehung ist kompliziert und nicht immer möglich, auch wenn Liebe vorhanden ist. Wenn es nicht mehr geht, musst du eine Entscheidung treffen, um dein Leben nicht zu zerstören. Folgende Grenzen sollten nicht überschritten werden:

  • Körperliche Gewalt. Es gibt keine Rechtfertigung für körperliche Gewalt in einer Beziehung.
  • Zu viele Grenzen. Wenn es so viele Einschränkungen und Grenzen gibt, dass Kommunikation und Vertrautheit nicht mehr möglich sind, ergibt die Beziehung keinen Sinn mehr.
  • Dein Partner ist nicht bereit, Veränderungen vorzunehmen. Wenn sich dein Partner weigert, eine Therapie zu machen oder seine Verhaltensmuster zu verändern, ist es besser, getrennte Wege zu gehen.
  • Deine Stimmung ist durchgehend schlecht. Wenn du dich selbst in der Beziehung zerstörst, ist es an der Zeit, zu gehen.

Die Dialektisch-Behaviorale Therapie (DBT) empfiehlt im Falle einer Trennung Folgendes:

  • Greife nicht an, drohe nicht und mache dir keine Schuldgefühle.
  • Hör zu, was dein Partner zu sagen hat, unterbrich ihn nicht und sei nicht unsensibel für seine Gefühle.
  • Verurteile deinen Partner nicht, bestätige seine Gefühle und Probleme.
  • Versuche, ruhig zu bleiben und deinen Partner zu beruhigen.

Ein einfühlsames Gespräch kann euch dabei helfen, die Situation besser zu verstehen und euch freundschaftlich zu trennen.


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