Beispiele zum Verständnis der kognitiven Dissonanz

Zum besseren Verständnis der kognitiven Dissonanz erläutern wir dieses Konzept im Folgenden anhand alltäglicher Beispiele.
Beispiele zum Verständnis der kognitiven Dissonanz
José Padilla

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen José Padilla.

Letzte Aktualisierung: 18. Mai 2024

Kognitive Dissonanz ist ein psychologisches Konzept, das beschreibt, wie Menschen aufgrund von widersprüchlichen Überzeugungen, Werten oder Verhaltensweisen inneren Stress oder Unbehagen erleben. Der amerikanische Sozialpsychologe Leon Festinger wies darauf hin, dass wir das natürliche Bedürfnis haben, diese Dissonanz zu reduzieren und inneren Einklang zu finden. Zum besseren Verständnis der kognitiven Dissonanz erklären wir dieses Konzept nachfolgend anhand verschiedener Beispiele.

Das Konzept der kognitiven Dissonanz

Leon Festinger definiert dieses Konzept als Unstimmigkeit zwischen Kognition (Wissen, Meinungen oder Überzeugungen), Handlungen, Werten oder Einstellungen. Wir versuchen, diesen widersprüchlichen Zustand mit verschiedenen Mechanismen auszugleichen, um die Konsonanz wieder herzustellen.

Die kognitive Dissonanz ist unter anderem an folgenden Merkmalen zu erkennen:

  • Zweifel an getroffenen Entscheidungen
  • Gefühle von Schuld oder Scham
  • Schwierigkeiten, Handlungen zu rechtfertigen
  • Subjektives Unbehagen aufgrund mangelnder Kongruenz zwischen Werten und Handlungen

Diese Merkmale der kognitiven Dissonanz äußern sich beispielsweise, wenn wir Entscheidungen treffen, die nicht mit unseren persönlichen Werten übereinstimmen, oder wenn wir neue Informationen erhalten, die im Widerspruch zu unseren Glaubenssätzen stehen.

Beispiele zum Verständnis der kognitiven Dissonanz

Folgende Beispiele dienen dem besseren Verständnis der kognitiven Dissonanz. Um das Unbehagen zu verringern, das dadurch entsteht, müssen wir versuchen, zwischen Überzeugungen, Handlungen, Werten und Verhaltensweisen Einklang zu finden.

1. Rauchen oder nicht rauchen?

Markus weiß natürlich, dass Rauchen gesundheitsschädlich ist und möchte deshalb damit aufhören. Trotz seines Wissens um die Risiken raucht er jedoch jeden Tag. Seine Handlungen und Überzeugungen stehen im Widerspruch zueinander.

2. Schummeln bei Prüfungen

Ehrlichkeit und verdienter Erfolg sind für Martha wichtige Werte. Trotzdem schummelt sie bei einer Abschlussprüfung an der Universität, indem sie sich ihre Notizen ansieht. Sie fühlt sich deshalb unwohl, da dieses Verhalten nicht mit ihren Idealen vereinbar ist. Um ihr Unbehagen zu lindern, versucht sie, sich zu rechtfertigen, da ihr Stipendium auf dem Spiel steht.

3. Ausgehen mit Freunden

Klaus verabredet sich mit seinem Freund Tim, obwohl er keine Lust hat, auszugehen, da Tim darauf besteht. Er fühlt sich den ganzen Abend unwohl, da er sich eigentlich zu Hause einen Film ansehen wollte. Ein typisches Beispiel für kognitive Dissonanz.

4. Sexualkunde

Im Sexualkundeunterricht empfiehlt Peter seinen Schülern, Kondome zu benutzen, um die Verbreitung von sexuell übertragbaren Krankheiten zu verhindern. Aber er benutzt selbst in seinem Privatleben keine Kondome. Dieser Widerspruch ist ihm etwas peinlich, denn er macht nicht, was er predigt.

5. Gesunder Lebensstil

Julias Neujahrsvorsatz ist, einen gesunden Lebensstil zu führen. Inzwischen sind jedoch vier Monate vergangen und sie hat ihre Gewohnheiten bisher nicht verändert: Sie treibt keinen Sport, schläft wenig und ernährt sich nicht gesund. Ihre Handlungen stehen nicht im Einklang mit ihren Vorsätzen, was zu Unmut führt.

6. Geld sparen

Manuela kauft sich häufig unnötige Dinge, obwohl sie das Geld eigentlich für ihre zukünftigen Projekte benötigt. Diese Situation entmutigt sie und führt zu Schuldgefühlen, da sie nicht in der Lage ist, nach ihrem Plan zu leben.

7. Umweltschutz

Umweltschutz ist für Carmen wichtig, trotzdem fällt ihr die Mülltrennung zu Hause schwer. Diese mangelnde Übereinstimmung zwischen ihren Werten und ihrem Handeln bereitet ihr großes Unbehagen, vor allem, wenn sie spöttisch von ihrem Bruder daran erinnert wird.

8. Erziehungsstil

Ein respektvoller Erziehungsstil ist für Christine und Paul wichtig. Paul offenbart seiner Partnerin jedoch, dass er sich schuldig fühlt, da er seinen ungehorsamen Sohn an einem stressigen Tag anschrie. Dieses Verhalten ist nicht mit den Familienwerten vereinbar.

9. Prokrastination

Julia ist eigentlich pünktlich und verantwortungsbewusst, konnte jedoch ein wichtiges Projekt nicht termingerecht abgeben. Bei Prokrastination fühlt sie sich schlecht, außerdem wurde sie von ihrem Chef getadelt, da sie die Arbeit nicht pünktlich lieferte.

10. Politische Zugehörigkeit

Sophie unterstützt eine politische Partei, die Abtreibung befürwortet, obwohl sie persönlich dagegen ist. Diese Inkongruenz bereitet ihr Sorgen und führt zu Unwohlsein.

11. Untreue und Bindung

Philipp glaubt in seiner Beziehung zu Laura an Treue. Trotzdem hat er eine Affäre mit einer Arbeitskollegin, was zu Schuldgefühlen führt, denn er hat seine eigenen Prinzipien verraten.

12. Gleichstellung

Anna setzt sich für die Gleichstellung der Geschlechter ein, doch zu Hause leistet sie den Großteil der Hausarbeit, da sich ihr Freund der Verantwortung entzieht. Sie ist frustriert und verärgert über diese Situation.

Warum handeln wir im Widerspruch zu unseren eigenen Überzeugungen?

Die erzwungene Konformität bringt uns immer wieder dazu, gegen unsere Überzeugungen zu verstoßen. Der soziale Druck ist mächtig und auch die äußeren Erwartungen spielen in diesem Zusammenhang eine zentrale Rolle.

Ein weiterer Grund für widersprüchliches Verhalten ist die Notwendigkeit, Entscheidungen zu treffen. Die Wahl zwischen mehreren Optionen kann Unbehagen verursachen, da wir auf manchmal auf Vorteile verzichten oder Nachteile in Kauf nehmen müssen.

Ebenso handeln wir oft widersprüchlich, weil wir uns selbst nicht vollständig kennen. Wenn wir unsere Prinzipien und Werte nicht eindeutig definieren, können wir unbewusst dagegen verstoßen. Manchmal bietet widersprüchliches Verhalten auch Vorteile, die größer als die unangenehmen Gefühle der kognitiven Dissonanz sind.

Wie wir der kognitiven Dissonanz begegnen

Um die Auswirkungen der kognitiven Dissonanz zu minimieren, verändern wir oft unser inkongruentes Verhalten. Durch die Anpassung des Verhaltens an unsere Überzeugungen können wir die kognitive Konsonanz herstellen.

Eine andere Methode ist die Entwicklung neuer Denkweisen oder Gefühle. Indem wir alternative Überzeugungen entwickeln, die mit unserem Verhalten übereinstimmen, erleichtern wir die Konsonanz und verringern das Unbehagen. Auch das Herunterspielen der Bedeutung einer Überzeugung kann eine Strategie sein. Wenn sie weniger wichtig erscheint, wirkt das widersprüchliche Verhalten weniger problematisch.

Das Integrieren neuer Daten oder Informationen in unser kognitives System kann ebenfalls hilfreich sein. Neues Wissen, das die alten Überzeugungen untergräbt und mit dem dissonanten Verhalten übereinstimmt, schafft eine gewisse Kongruenz.

Schließlich kann auch ein Kontext- oder Situationswechsel eine Lösung sein. Durch das Vermeiden der Umstände, die kognitive Dissonanz verursachen, müssen wir unser Verhalten oder unsere Überzeugungen nicht ändern. Dies ist eine Form des Vermeidens als Abwehrmechanismus.

Der Impuls, kohärent zu sein

Die beschriebenen Beispiele zum besseren Verständnis der kognitiven Dissonanz verdeutlichen das Wesen dieses psychologischen Phänomens: den Widerspruch, den wir alle immer wieder erleben, wenn unsere Überzeugungen von unserem Verhalten abweichen.

Unabhängig davon, wo der Konflikt liegt, versuchen wir immer, die Unstimmigkeit aufzulösen – sei es durch eine Veränderung des Verhaltens, der Kognition oder des Kontexts. Abschließend möchten wir dich zu einer Reflexion einladen: In welchen Situationen hast du kognitive Dissonanz erlebt und welche Strategien hast du eingesetzt, um sie zu überwinden?


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