Autistische Kinder in Zeiten des Coronavirus: So kannst du helfen!

Veränderte Gewohnheiten durch die Bewegungseinschränkungen treffen verschiedene Bevölkerungsgruppen besonders hart. Dazu gehören unter anderem auch Kinder und Jugendliche mit einer Autismus-Spektrum-Störung. Wir müssen ihre Realität verstehen und sie unterstützen. Folgende Schlüssel können dabei sehr hilfreich sein. 
Autistische Kinder in Zeiten des Coronavirus: So kannst du helfen!
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Autistische Kinder verlieren durch die derzeitigen Bewegungseinschränkungen ihren gewohnten Alltag, der ihnen normalerweise Halt und Sicherheit gibt und auch Ruhe und Freude bringt. Kinder mit Autismus benötigen in der Corona-Krise Hilfe und Unterstützung. Für viele Familien ist diese neue Realität eine große Herausforderung.

Wer das Leben der Eltern oder eines Betreuers eines Menschen mit Autismus nicht kennt, kann nicht verstehen, was die Veränderung des Alltags in diesem Fall bedeutet. Natürlich leiden wir alle in dieser schwierigen Lage, das Leben hat sich verändert, die Gewohnheiten und auch die Arbeit, nichts ist mehr wir zuvor.

Doch viele Familien mit Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen mit einer Autismus-Spektrum-Störung befinden sich in einer besonders schwierigen Situation.

Bei manchen Betroffenen äußert sich dies durch sich wiederholende Bewegungen und Verhaltensmuster. Andere werden aggressiv und wiederum andere ziehen sich im Schweigen zurück oder weinen. Wenn die Kommunikation davor schwierig war, können sich autistische Kinder oder Jugendliche jetzt noch viel weniger ausdrücken, denn sie fühlen sich in einem neuen Tagesablauf, den sie nicht kennen, verloren.

Deshalb muss die Gesellschaft diesen Familien gegenüber einfühlsamer sein. Sie benötigen Hilfe und Unterstützung, sowie Werkzeuge, die ihnen in der Isolierung auf Distanz helfen.

Autistische Kinder in Zeiten des Coronavirus: So kannst du helfen!

Autistische Kinder benötigen in Zeiten des Coronavirus besondere Unterstützung: 7 hilfreiche Strategien

In Spanien, wo die Maßnahmen aufgrund der drastischen Situation besonders strikt sind, hat das Gesundheitsministerium Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung erlaubt, in Begleitung eines Familienmitglieds auf die Straße zu gehen. Sie müssen dabei die Sicherheitsmaßnahmen berücksichtigen und einen Behindertenausweis vorweisen können.

Diese täglichen Spaziergänge sind enorm wichtig für das Wohlbefinden der Betroffenen und sollten deshalb respektiert werden. Leider reagieren nicht alle mit Empathie: Von manchen Balkonen hört man immer wieder negative Bemerkungen, wenn Betroffene kurz in Begleitung außer Haus gehen. 

Doch autistische Kinder und Jugendliche brauchen die täglichen Spaziergänge. Wir dürfen nicht vergessen, dass sie während der Corona-Krise nicht zur Therapie gehen können und die Anpassung an ihre Bedürfnisse unter diesen Umständen höchst kompliziert ist. 

Viele Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung haben ernste Probleme damit, sich selbst zu regulieren, was unter Umständen sogar die eigene Familie in Gefahr bringen kann.

Emotionen und Frust sammeln sich an und führen zu problematischen Verhaltensmustern. Betroffene können anderen gegenüber aggressiv werden oder auch sich selbst verletzen. Die meisten verfallen zwar in ein disruptives, repetitives Verhalten, doch auch Echolalien, das heißt das ständige Wiederholen derselben Wörter, treten häufig auf. 

Kindern mit Autismus während der Corona-Krise zu helfen, erfordert verschiedene Strategien. Wir erklären anschließend einige hilfreiche Möglichkeiten.

1. Routinen mit Zeichnungen und Karten festlegen

Autistische Kinder und Jugendliche müssen sich jetzt an die neue Situation mit neuen Routinen anpassen. Sie können diese mit Zeichnungen besser verstehen, welche erklären, welche Aktivität zu welchem Zeitpunkt an der Reihe ist.

Sie brauchen klare, einfache und positive Anweisungen, die mit dem Aufstehen beginnen. Ein visuelles Chronogramm an der Wand erinnert sie daran, was als Nächstes auf der Tagesordnung steht. 

2. Autistische Kinder sollten sich so anziehen, als ob sie in die Schule gehen würden, und regelmäßig Aktivitäten ausführen

Um die Normalität im Rahmen des Möglichen zu bewahren, sollten sich betroffene Kinder so anziehen, als ob sie in die Schule gehen würden. So kann verhindert werden, dass sie den ganzen Tag nur im Pyjama verbringen. Außerdem benötigen sie jeden Tag denselben Stundenplan, um schulische Aufgaben zu erledigen.

3. Zeit für die Interessen des Kindes

Die meisten autistischen oder neurotypischen Kinder haben spezifische Interessen, die nicht unbedingt mit einem bestimmten Schulfach zusammenhängen müssen.

Viele lieben Zeichnen, Tiere, Musik, das Universum oder Filme…  Die Eltern sollten jetzt besonders kreativ sein, um Spiele oder Projekte zusammen mit ihren Kindern umzusetzen, damit sich diese auf ihr Lieblingsthema konzentrieren können.

autistische Kinder zu Hause

Autistische Kinder benötigen täglich einfache und motivierende Bewegungen

Um Kindern mit einer Autismus-Spektrum-Störung während der Corona-Krise zu helfen, sind sportliche Übungen ausgezeichnet. Zwar haben Betroffene in der Regel Koordinations- und Motorikprobleme, doch im Rahmen des Möglichen sollten sie sich trotzdem bewegen, um fit zu bleiben. 

In YouTube gibt es zum Beispiel lustige Tänze mit einfachen Bewegungen, die sich auch emotional sehr positiv auf die Kinder auswirken.

5. Emoticons auf Karten, damit autistische Kinder ihre Gefühle mitteilen können

Ebenfalls hilfreich sind in diesem Kontext Karten mit Emoticons. Einfache Zeichnungen, die Gefühle wie Traurigkeit, Zorn, Glück oder Langeweile ausdrücken, vereinfachen den Kindern, sich auszudrücken. 

Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung können im Laufe des Tages verschiedenste Emotionen und Gemütszustände durchlaufen und es fällt ihnen meist schwer, diese auszudrücken. Deshalb sind einfache Hilfsmittel vorteilhaft, mit denen sie ihrer Familie zeigen können, wie sie sich fühlen.

6. Information und Bilder über die Pandemie reduzieren

So gut wie möglich empfiehlt es sich, die Kinder nicht mit zu viel Informationen und Bildern über die Corona-Pandemie zu belasten. Sie schauen sich besser einen unterhaltsamen Film an. 

Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung sind sehr empfindsam und können Angst und Nervosität intensiv verinnerlichen.

Betroffene Kinder können sich zum Beispiel in ihrem Geist vorstellen, dass ihre Großeltern sterben werden, oder dass ihr Vater oder ihre Mutter sich mit der Krankheit infizieren… Deshalb muss kontrolliert werden, was sie sehen und welche Informationen sie erhalten.

Autistische Kinder

7. Autistische Kinder benötigen Unterstützung auf Distanz

Um den Kindern während der Corona-Pandemie zu helfen, dürfen die Familien nicht alleine gelassen werden. Sie brauchen Unterstützung auf Distanz. So kann zum Beispiel ein Psychologe über Videochats helfen oder ein Therapeut einen Spaziergang mit dem Kind machen.

Außerdem ist es für die Familien hilfreich, wenn sie mit anderen Familien in ähnlichen Situationen Kontakt haben. Ein unterstützendes Netzwerk ist für Eltern in diesem Fall sehr wichtig. Sie können Ideen austauschen, sich gegenseitig Mut zusprechen, Gefühle teilen, Zweifel und Hoffnungen ausdrücken. 

Wir dürfen in dieser für alle schwierigen Zeit nicht vergessen, dass es besonders empfindliche Menschen gibt, die Hilfe, Unterstützung und Zuneigung benötigen. 


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.