Am Morgen aufstehen: der schwierigste Moment für einen Menschen mit Depression

Am Morgen aufstehen: der schwierigste Moment für einen Menschen mit Depression

Letzte Aktualisierung: 26. Juli 2017

Jede Depression ist anders, einzigartig und besonders. Aber inmitten dieser individuellen dunklen Labyrinthe gibt es Symptome, die alle Depressionen gemein haben: Die Symptome dieser Krankheit sind gerade am Morgen verheerend, wenn der Tag beginnt und sich der Betroffene kraftlos, lustlos und antriebslos fühlt.

Patienten, die unter irgendeiner Form dieser psychischen Störung leiden (starke Depressionen, neurotische Depressionen, Depressionen im Zusammenhang mit Trauer, etc.), teilen allesamt den Wunsch nach einem anderen Leiden, bei dem die Symptome sichtbarer und hoffentlich physischer Natur wären. Dann wäre ihr Leid offensichtlicher, man hätte mehr Verständnis für sie und man würde sie mit anderen Augen sehen.

„Je größer die Wunde ist, desto versteckter ist der Schmerz.“

Isabell Allende

„Ich bin morgens nicht in der Lage, aufzustehen“,  und ähnliche Aussagen lassen einen Psychologen oder Arzt sofort hellhörig werden. Doch in den Augen der Arbeitskollegen, Freunde oder sogar Familie kann das als Trägheit, Faulheit oder sogar als eine Entschuldigung dafür gesehen werden, keine persönliche und berufliche Verantwortung übernehmen zu wollen.

Eine Depression ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Sie ähnelt einem Wirbelsturm, der alles verwüstet und in Unruhe versetzt. Ein Großteil der Prozesse in unserem Organismus verlangsamt sich, der Stoffwechsel, unsere Wahrnehmung von der Realität und das Gleichgewicht unter den Neurotransmittern in unserem Gehirn gerät ins Wanken, was zur Folge hat, dass sich der Gemütszustand täglich verändert.

Im Verlauf dieses Artikels werden wir dir das genauer erklären.

Guten Morgen Depression, leider bist du schon wieder an meiner Seite

Andrea ist 46 Jahre alt und sie leidet gerade wieder unter einer Episode ihrer Depression, obwohl sie es vor zwei Jahren dank der richtigen Medikation und Psychotherapie schaffte, die Krankheit zu besiegen. Sie selbst war dazu fähig, den erneut aufkommenden, ungemütlichen Schatten über ihrem Leben aufgrund einer wichtigen Tatsache selbst zu erkennen: Es fiel ihr jeden Tag schwerer, morgens aufzustehen, jeden Tag wurde sie von Teilnahmslosigkeit und Negativität ihrer Motivation beraubt, bis sie letztendlich wusste, was los war – die Depression war wieder da.

Dieser bekannte Feind macht sich in den ersten Stunden jedes neuen Tages bemerkbar:

  • Die Veränderung des Gemütszustandes zeichnet sich durch das Aufkommen vieler negativer Gefühle, Niedergeschlagenheit und körperlicher Erschöpfung aus, die sich im Laufe des Tages leicht bessert.
  • Laut den Ergebnissen mehrere Studien haben depressive Menschen einen gestörten Tagesrhythmus. Hormone wie Melatonin und Cortisol werden in geringeren Mengen oder zum falschen Moment ausgeschüttet. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass die Betroffenen an Schlaflosigkeit oder Tagesmüdigkeit leiden.
  • Diese Störung des Tagesrhythmus kann sogar so weit gehen, dass er am Morgen verstärkt friert, wenig Energie hat oder sich energielos fühlt oder aufgrund seiner Müdigkeit unfähig ist, auf gewisse Reize zu reagieren.

Hinzu kommt ein Faktor, der Betroffenen noch mehr Energie und Lebenslust raubt, und zwar handelt es sich dabei um die Überzeugung davon, dass er nicht mit dem bevorstehenden Tag klarkommen wird. Diese Wehrlosigkeit und Sicherheit darüber, nicht mit den eigenen Verantwortungen umgehen zu können, verstärkt das Gefühl nur noch mehr, vollkommen die Kontrolle über das eigene Leben verloren zu haben.

Wie man dem schwierigsten Moment des Tages die Stirn bieten kann

„Wir alle werden uns unserer wahren Größe erst dann bewusst, wenn wir es schaffen, aufzustehen.“

Emily Dickinson

Kommen wir noch einmal zu unserer Protagonistin, zu Andrea zurück, die nun eine neue Episode ihrer Depression überwinden muss, von der sie niemals dachte, dass sie sie jemals erleben müsste. Trotz der Tatsache, dass die Depression nichts Neues in ihrem Leben ist, zögert sie keinen Moment und sucht erneut ihren Arzt auf, damit er ihr das für ihren speziellen Fall angemessenste Medikament verschreibt. Des Weiteren ist es ratsam, sich daran zu erinnern, dass sowohl eine interpersonelle Psychotherapie als auch eine kognitive Verhaltenstherapie sehr nützlich für sein können, um diese Art der psychischen Störung zu behandeln, gegen die niemand von uns immun ist.

Unsere Protagonistin hat sich sinnvollerweise außerdem dafür entschieden, ihren Hausarzt aufzusuchen, damit er sie trotz ihrer Eigendiagnose auf physische Erkrankungen untersucht. Störungen wie eine Schilddrüsenunterfunktion, ein Mangel an Vitamin B12 oder sogar Probleme mit der Leber können diese Müdigkeit und Energielosigkeit am Morgen verstärken.

Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass die Betroffenen, die in den ersten Stunden eines neuen Tages sehr starke Symptome einer Depression verspüren, eine angemessene, umfassende Behandlung brauchen, die ihnen dabei hilft, die Freisetzung bestimmter Neurotransmitter zu regulieren, die ihren Tagesrhythmus aus dem Gleichgewicht bringen. Neben den erwähnten Therapiepfeilern hat Andrea eine Reihe von Routinen in ihr Leben eingeführt, die es ihr ermöglichen, wesentlich besser mit ihrer Krankheit umzugehen.

 

Ratschläge, um gegen die morgendlichen Symptome einer Depression anzugehen

Nach dem Andrea ihren Arzt aufgesucht hat, hat sie sich eine Routine angwöhnt, welche damit beginnt, sich nach dem Aufstehen zu dehnen. Das bedeutet, dass sie direkt nach dem Aufstehen in ihrem Schlafzimmer zehn Minuten lang leichte Yogaübungen macht. Direkt danach verlangt sie von sich selbst, sich zu duschen und anzuziehen.

Was im Anschluss folgt, ist so einfach wie therapeutisch: Andrea hat jemanden, den sie jeden Morgen anruft, um sich Motivation, Kraft und Energie zu holen. In ihrem Fall ist das ihre Mutter. Doch vielleicht kannst du auf jemand anderen zählen, zum Beispiel auf einen Freund, der dir immer zur Seite steht, einen Bruder oder eine Bezugsperson, die dich unterstützen und motivieren kann.

Danach frühstückt Andrea in aller Ruhe und ohne Hetze. Sie hat fast nie Hunger, aber sie zwingt sich selbst dazu, weil sie weiß, dass ihr Gehirn diese Energie am Morgen braucht, um besser funktionieren zu können.

Genauso wichtig ist schließlich die Zeit, die sie sich zum Meditieren nimmt. Hier reichen schon 15 oder 20 Minuten aus. In dieser besonderen Zeit, nimmt sie Kontakt zu sich selbst auf, um negative Gedanken und Gefühle besser verarbeiten zu können. Auf diese Weise schafft es unsere Protagonistin, etwas mehr innere Ruhe, Antrieb und Motivation für den restlichen Tag zu finden.

Wir sind davon überzeugt, dass diese einfachen Ratschläge sehr hilfreich für dich sein können.

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Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.