Abwehrmechanismen: Welche Persönlichkeit verbirgt sich hinter der Maske?

Wir verbergen unsere Ängste und Unsicherheiten oft hinter einer Maske. In diesem Artikel sehen wir uns die Abwehrmechanismen der verschiedenen Persönlichkeitsprofile an.
Abwehrmechanismen: Welche Persönlichkeit verbirgt sich hinter der Maske?
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 19. Mai 2023

Wir verbergen unser wahres Gesicht oft hinter einer Maske, um jene Rolle zu verkörpern, die von uns erwartet wird oder jenes Bild zu präsentieren, das wir zeigen möchten. Der Begriff “persona” beschrieb im antiken Griechenland eine von Schauspielern verwendete Maske. Auch im klassischen Latein bezog sich “persona” ursprünglich auf die tragische oder komische Maske der Schauspieler, die damit ihre Rolle präsentierten. Schließlich wurde das Wort auf die Darsteller selbst, auf die “Person” übertragen.

Der Ausdruck “etwas darstellen” wird mit Erfolg assoziiert: Wir repräsentieren jene Person, die wir in einer bestimmten Situation darstellen möchten. Wenn wir uns hinter einer Maske verbergen, spielen wir jedoch nicht immer den Hauptdarsteller in unserem Leben. Die Maske kommt vielfach als Schutzmechanismus zum Einsatz: Wir glauben, weniger verletzlich zu sein, wenn wir unser Gesicht verbergen.

Wir verwenden jedoch auch Masken, um unser Leid vor uns selbst zu verbergen. Damit versuchen wir, unangenehme Gefühle zu unterdrücken oder Schmerz zu verdrängen. Gleichzeitig spielen wir anderen vor, dass alles in Ordnung und unter Kontrolle ist. Wir schaffen Masken, hinter denen wir unser wahres Ich verbergen. 

“Ohne Masken würden sich die Menschen gar nicht mehr erkennen.”Emanuel Wertheimer¹

Was verbirgt der Mann hinter der Maske?
Wir verbergen oft unseren Schmerz hinter einer Maske und geben vor, alles unter Kontrolle zu haben.

Welche Persönlichkeiten verbergen sich hinter der Maske?

Sigmund Freud beschreibt die Abwehrmechanismen als Phänomen, das uns hilft, bestimmte Triebe oder Affekte zu vermeiden. Wir belügen uns damit selbst. In seiner Nachfolge beschäftigte sich seine Tochter Anna Freud in ihrem Buch Das Ich und die Abwehrmechanismen² mit diesem Thema. Sie formulierte eine kohärente Theorie, in der sie davon ausgeht, dass die Abwehr nicht pathologisch, sondern eine Voraussetzung für die Charakterbildung ist.

Wir verwenden diese Mechanismen, die sich in der Regel bereits in der Kindheit etablieren, um Ängste und Unsicherheiten zu verbergen. Wenn wir vor Herausforderungen stehen und unsere Fähigkeiten infrage stellen, schützen wir uns durch bestimmte Abwehrstrategien.

Allerdings verändern diese Mechanismen unsere Persönlichkeit. Eine Studie der Universität von São Francisco in Brasilien zeigt, dass sie vielfach zu pathologischen Verhaltensweisen führen. Um Stress und emotionale Not zu lindern, entwickeln wir Masken, hinter denen wir unsere authentische Persönlichkeit verbergen. Die Ursachen, die Probleme und Wunden bleiben jedoch vorhanden, da wir uns nicht damit beschäftigen.

Nachfolgend analysieren wir die verschiedenen Typologien, die sich hinter den Masken verbergen, mit denen wir uns zu schützen versuchen.

“Was uns als Größenwahn erscheint, ist nicht immer eine Geisteskrankheit. Oft genug ist es nur die Maske eines Menschen, der an sich verzweifelt.”

1. Die vermeidende Persönlichkeit (“Das geht mich nichts an”)

Hinter dieser Maske verbergen sich Personen, die auf den Zehenspitzen durchs Leben schleichen. Sie lassen sich nicht auf andere ein, übernehmen keine Verantwortung und finden tausend Ausreden. Diese Menschen gehen gelassen durchs Leben und scheinen sich nur wenig Sorgen zu machen. Wir können dieses Verhalten häufig bei Jugendlichen beobachten, die dahinter ihre Unsicherheiten und Zweifel verbergen.

2. Das Opfer (“Das passiert nur mir”)

Personen, die eine Opferrolle annehmen, machen andere für ihr eigenes Glück verantwortlich. Sie können anstrengend sein, da sie versuchen, Mitleid und Aufmerksamkeit zu erregen. Doch was verbergen diese chronischen Nörgler hinter ihrer Maske? Die Antwort: Angst, ein geringes Selbstwertgefühl und ein schlechtes Gefühlsmanagement. 

3. Die aggressive Persönlichkeit (“Ich bin wütend und gereizt”)

Wir können aggressives Verhalten bereits bei Kindern beobachten: Sie reagieren gereizt, genervt und gestresst. Welche Auslöser können dafür verantwortlich sein? Frustration, Einsamkeit, mangelnde Zuneigung und unkontrollierte Gefühle verbergen sich hinter der Maske. Betroffene benötigen Hilfe und Werkzeuge, um mit ihrer Situation besser umgehen zu können.

4. Der Clown (“Ich nehme alles mit Humor”)

Personen, die andere zum Lachen bringen, leiden selbst oft im Stillen. Ein Beispiel dafür war der Schauspieler Robin Williams, der hinter seiner humorvollen Maske an schweren Depressionen litt. Mit seinen außergewöhnlichen Rollen und seinem großen Sinn für Humor brachte er uns zum Lachen, während er innerlich zerrissen mit Suizidgedanken beschäftigt war.

Humor kann zu einem Überlebensmechanismus werden, hinter dem sich innere Gebrochenheit, Selbstzweifel und tiefes Seelenleid verbergen.

5. Der Perfektionist (“Ich habe alles unter Kontrolle”)

Eine Studie der Universität von Pennsylvania zeigt, dass Perfektionismus der Fluch des Glücks ist. Viele Menschen sind stolz auf ihr perfektionistische Tendenz, da sie glauben, dadurch überlegen zu sein. Doch was verbirgt sich hinter dieser Maske? Unsicherheit, Ängste und häufig eine autoritäre Erziehung, die das Selbstwertgefühl zunichtemacht. Das Bedürfnis, alles richtigzumachen und sich keine Fehler zu erlauben, kann psychische Probleme wie Essstörungen auslösen.

Frau hinter der Maske
Wir alle tragen Masken, um Ängste und Unsicherheiten zu verbergen.

“Erstaunlich, daß der Mensch nur hinter seiner Maske ganz er selbst ist.”

Edgar Allan Poe

6. Die unterwürfige Persönlichkeit (“Ich mache das, damit du dich um mich kümmerst”)

Hinter der Maske der unterwürfigen Persönlichkeit verbirgt sich häufig das Bedürfnis nach Anerkennung und Bestätigung. Es handelt sich um Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl, die sich an die Bedürfnisse anderer anpassen. Sie sind die Schulter, an die sich alle anlehnen, die Person, die immer da ist, ohne eine Gegenleistung zu verlangen.

7. Die gesellige Persönlichkeit (“Ich bin am liebsten immer unter Leuten”)

Manche Menschen sind nicht in der Lage, allein zu sein. Sie lieben Gesellschaft und können sich ein Leben ohne Partner nicht vorstellen. Hinter ihrer Maske verbirgt sich häufig die Angst vor dem Verlassenwerden.

8. Der Konformist (“Ich akzeptiere das, es gibt keine andere Möglichkeit”)

Die konformistische Persönlichkeit ist enorm anpassungsfähig. Sie akzeptiert die Dinge so, wie sie sind, da sie nicht weiß, was sie im Leben erreichen möchte. Es fehlt diesen Menschen an Eigeninitiative, sie lassen sich treiben, ohne bestimmtes Ziel. Dahinter verbergen sich Unsicherheit, mangelndes Selbstvertrauen und oft auch unbewältigte Traurigkeit

9. Der Sarkast (“Es macht mir Spaß, mich über andere lustig zu machen”)

Wir betrachten Sarkasmus als Zeichen von Witz und Intelligenz. Sarkastische Menschen verwenden jedoch ihren brillanten Verstand oft, um andere zu verspotten oder zu kritisieren. Hinter dieser schädlichen Maske verstecken sich häufig impulsive, frustrierte Personen, die es als kathartisch empfinden, andere zu beurteilen. Sie nehmen sich keine Zeit zur Reflexion oder Selbsterkenntnis.

Welche Abwehrmechanismen und Masken verwendest du? Identifizierst du dich mit einer (oder mehreren) der genannten Persönlichkeiten? Hast du dich schon einmal gefragt, was du hinter deinen Masken verbirgst?

▶ Lese-Tipp

  1. Buch der Weisheit: Aphorismen, Emanuel Wertheimer, Lulu.com 2020
  2. Das Ich und die Abwehrmechanismen, Anna Freud, Fischer 1984

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  • Johnson, & S. R. Briggs (Eds.), Handbook of personality psychology (pp. 543-579). http://dx.doi.org/10.1016/B978-012134645-4/50023-8
  • Paulhus, D. L., Fridhandler, B., & Hayes, S. (1997). Psychological defense: Contemporary theory and research. In R. Hogan, J. A.
  • Romeo A, Benfante A, Geminiani GC, Castelli L. Personality, Defense Mechanisms and Psychological Distress in Women with Fibromyalgia. Behav Sci (Basel). 2022 Jan 7;12(1):10. doi: 10.3390/bs12010010. PMID: 35049621; PMCID: PMC8772841.

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