3 Realitäten, die uns wie Liebe erscheinen, aber keine Liebe sind
Es gibt viele Realitäten, die uns wie Liebe erscheinen, aber keine Liebe sind. Es handelt sich um Situationen, die zu engen Bindungen führen, die im Allgemeinen sehr lange halten. Im Grunde genommen gibt es in ihnen aber keine wahre Liebe, sondern viele Einschränkungen und Problematiken, die die Bindung aufrechterhalten.
Wahre Liebe zeichnet sich dadurch aus, dass sie das gemeinsame Wachstum fördert und sowohl Großzügigkeit als auch Freiheit beinhaltet. Sie ist umso echter, je mehr die Autonomie der Partner gefördert wird. Das betrifft jegliche Arten der Liebe: die Liebe einer Mutter oder eines Vaters, die Liebe des Partners, etc.
„Es gibt weder eine Maske, die über lange Zeit hinweg eine bestehende Liebe verdecken kann, noch eine, die Liebe vorgeben kann, wo keine Liebe ist.“
François de la Rochefoucauld
Manchmal wird die wahre Liebe mit anderen Realitäten verwechselt, die wie Liebe scheinen, aber keine Liebe sind. Diese Realitäten gehen für gewöhnlich mit sehr intensiven Gefühlen einher. Wir können Gefühle aus tiefster Seele haben, aber häufig fehlen Respekt und die wahre Wertschätzung des anderen. Diese Scheinliebe entsteht durch Wünsche oder egoistische Bedürfnisse und bleiben wegen den damit verbundenen Vorteilen bestehen.
Nachfolgend möchten wir dir ein paar dieser Realitäten vorstellen.
Überbehüten: eine der Realitäten, die wie Liebe scheinen
Das Überbehüten ist eine dieser Realitäten, die uns wie Liebe vorkommen, aber keine Liebe sind, so sehr diese Eigenschaft auch ein Teil von Liebe sein mag. Es handelt sich um eine Verhaltensweise, die vor allem in Eltern-Kind-Beziehungen vorkommt. Doch häufig ist sie auch in Partnerschaften, unter Freunden und in verschiedenen hierarchischen Beziehungen zu finden.
Die Überbehütung ist der übertriebene Wunsch, zu vermeiden, dass einer anderen Person Schaden zugefügt wird oder sie leiden muss. Eine Person, die normalerweise für verletzlich oder wehrlos gehalten wird. Wenn wir jemanden lieben, wollen wir natürlich nur Gutes für diese Person. Jedoch kann jemand, der übermäßig ängstlich ist, Gefahren sehen, wo es keine gibt, oder sie als schlimmer interpretieren als sie sind. In diesem Sinne ignorieren überängstliche Menschen die Tatsache, dass man aus schlechten Erfahrungen etwas lernt.
Wenn wir sagen, dass es sich dabei um eine der Realitäten handelt, die uns wie Liebe erscheinen, aber keine ist, dann weil nicht Liebe, sondern Angst vorherrscht. Wer jemanden überbehütet, projiziert seine eigenen Ängste auf den anderen. Darüber hinaus gelingt es diesen Menschen normalerweise nicht, zu vermeiden, dass diese Person leidet, sondern genau das Gegenteil ist der Fall. Sie übertragen ihre Angst auf den anderen und hindern ihn somit daran, zu wachsen.
Einen geliebten Menschen kontrollieren
Der übertriebene Wunsch, den anderen kontrollieren zu wollen, ähnelt der Überbehütung, aber ist nicht das Gleiche. In diesem Fall geht es um eine Verbindung, die sich durch eine Wertminderung des anderen auszeichnet. Im Grunde genommen wird darauf abgezielt, dass der „geliebte“ Mensch lernt, sich selbst zu misstrauen und dass er den anderen braucht. Auf gewisse Weise wird dadurch versucht, eine Abhängigkeit seitens des anderen zu erzeugen.
Auch wenn das eigentlich nicht die Art dieser Person ist, werden diese Verhaltensweisen als Ausdruck der Liebe dargestellt. Der eine erleichtert dem anderen etwas. In schwierigen Situationen wird der andere unterstützt oder die Last wird auf sich genommen. Auch bemühen sich diese Menschen, dass der andere keine Unannehmlichkeiten durchmachen muss. Doch diese Unterstützung ist nicht kostenlos. Der andere zahlt mit der Einschränkung seiner Autonomie und Freiheit.
Die wirkliche Absicht ist, dass der eine den anderen irgendwann unbedingt braucht. Von außen betrachtet kann es den Eindruck vermitteln, dass der kontrollierende Part versucht, dem geliebten Menschen ein glücklicheres Leben zu gestalten. Doch seine Bemühungen sind anderer Natur: Der andere soll nicht mehr dazu in der Lage sein, sein Leben allein zu führen. Er manipuliert den anderen, sodass die Bindung aufrechterhalten und immer enger wird. In Wahrheit ist das keine Liebe, sondern ein egoistisches Kontrollverhalten.
Abhängigkeit und Liebe
Kontrolle und Abhängigkeit sind die am weitverbreitetsten Realitäten, die wie Liebe scheinen, aber keine sind und auch nie sein werden. In diesem Fall gibt es eine sonderbare Verbindung: Alle Bedürfnisse und Frustrationen werden bei dieser Bindung auf den anderen übertragen. Nach dieser Übertragung, fühlt sich derjenige dazu verpflichtet, das Glück des anderen in die Hand zu nehmen. In gewisser Weise wie eine Ersatzmutter oder ein Ersatzvater, der jederzeit die Bedürfnisse der geliebten Person erfüllen will.
Diese Art von „Vormund“ wird mit der Zeit dringend notwendig. Letztendlich funktioniert sie wie ein Schutzschild gegen das Leben und vermeidet die Konfrontation mit den eigenen Grenzen. Oftmals schützt dieses Schild auch vor der Angst, Entscheidungen treffen zu müssen, und damit gleichzeitig davor, zu gewinnen oder verlieren. Der abhängige Part kann das Gefühl haben, den anderen aus tiefstem Herzen zu lieben, aber in Wahrheit handelt es sich um eine Verbindung der gegenseitigen Ausbeutung.
All diese Formen der Scheinliebe sind schädlich: Sie vertuschen Probleme, die gelöst werden müssen. Es sind Realitäten, die uns wie Liebe vorkommen, doch im Grunde genommen sind sie mehr wie eine Neurose. Sie nehmen fast nie ein gutes Ende. Sie verursachen Schmerzen und behindern das beidseitige Wachstum. Leider führen sie häufig zu sehr starken Bindungen, die am Ende oft die involvierten Menschen verletzen.