11 Formen verzerrter Wahrnehmung, die unser Leben bitter machen
Wir haben alle das Gefühl, dass wir die Welt so wahrnehmen, wie sie ist. Es ist zwar leicht zu verstehen, dass Gefühle und Gedanken unsere Wahrnehmung verzerren, aber es ist nicht leicht, diesen Verzerrungen Widerstand zu leisten.
Unsere Wahrnehmung ist in vielen Situationen verzerrt. Das ist zwar normal, aber bestehende psychische Erkrankungen wie etwa die Depression verstärken diese Verzerrungen noch. Und umgekehrt macht uns die subjektive Wahrnehmung empfänglicher für mentale Probleme. Beide gehen oft mit einem geringen Selbstwertgefühl einher.
Lasst und deshalb einen Blick auf die 11 Verzerrungen werfen, denen unser Verstand die Realität unterwirft. Wir werden sehen, worin sie bestehen und wie sie sich äußern. So können wir erklären, warum sie entstehen.
Die 11 Verzerrungen, denen unser Verstand die Realität unterwirft
Kognitive Verzerrungen halten uns davon ab, die Dinge so zu sehen, wie sie wirklich sind. So verformen wir unser Bild der Realität, weil wir uns verstärkt auf bestimmte Aspekte fokussieren.
- Verallgemeinerung. Wir formulieren eine allgemeine und universale Regel auf der Grundlage einer einzelnen Tatsache: „Sie haben mich heute nicht beachtet, keiner kann mich leiden.”
- Willkürliche Rückschlüsse. Wir ziehen ohne jeglichen Grund pessimistische Schlussfolgerungen: „Der Grund, dass sie mich nicht anschauen, ist, dass ich hässlich bin”, oder, „ich werde in dem Test versagen, auch wenn ich lerne.”
- Verallgemeinernde Beschreibung. Wir verwenden abfällige Termini, um uns zu darzustellen, anstatt uns detailliert zu beschreiben: „Ich bin feige, dumm, schwach – ein hoffnungsloser Fall.”
- Schwarz-Weiß-Denken. Wir denken in Extremen, ohne einen Mittelweg zu sehen: „Es muss perfekt sein oder es ist überhaupt nichts wert.”
- Selbstanschuldigung. Wir schieben uns ständig selbst die Schuld für Dinge zu, für die wir nichts können: „Wenn ich nicht so früh von der Autobahn abgefahren wäre, wäre es schon heller gewesen und der Unfall wäre nicht passiert.”
- Personalisation. Wir nehmen an, das alles etwas mit uns zu tun habe, auch wenn es um andere Menschen geht, die mit unserem eigenen Leben so gut wie gar nichts zu tun haben: „Siehst du, wie gut Rosa immer aussieht, während ich immer herumlaufe wie ein Penner.”
- Gedankenlesen. Wir glauben, zu wissen, was andere denken und warum sie sich auf diese oder jene Art verhalten: „Er denkt, dass ich dumm bin.”
- Kontrollillusion. Wir haben das Gefühl, für alles verantwortlich zu sein oder aber überhaupt nichts kontrollieren zu können: „Es ist meine Schuld, dass das schiefläuft”, oder, “es gibt nichts, was ich tun kann, um das zu ändern.”
- Emotionale Argumentation. Wir nehmen an, das alles genau so ist, wie es sich momentan anfühlt: „Alle meine Freunde werden mich verlassen.”
- Selektive Abstraktion. Wir setzen mentale Filter ein, durch die wir alles Positive ausblenden, weshalb wir uns lediglich auf das Negative konzentrieren: „Es war Glück, dass ich diesen Test bestanden habe.”
- Maximierung und Minimierung: Ereignisse werden im Verhältnis zur Realität über- oder unterschätzt. Ein Fall von Minimierung wäre es beispielsweise, die Bedeutsamkeit von Ereignissen zu verleugnen, die mit uns zu tun haben: „Er hat mich gefragt, ob ich ihn heirate, aber er hätte auch seine Ex gefragt, hätte sie ihn nicht zuvor verlassen.”
Die Erklärung für diese kognitiven Verzerrungen
Die essenziellen Elemente von Becks Theorie der Depression sind Schemata, automatisiertes Denken und die kognitiven Verzerrungen, über die wir soeben gesprochen haben. Kognitive Schemata sind Annahmen und grundlegende Überzeugungen bezüglich der Realität. Beim automatisiertes Denken handelt es sich um irrationale, unangebrachte und unabsichtliche Gedankengänge, die als plausibel wahrgenommen werden. Kognitive Verzerrungen schließlich sind systematische Fehler im Informationsverarbeitungsprozess. Fehlerhafte Kognition ist also ein Kernelement, das für unser Unwohlsein verantwortlich ist.
All diese Schemata werden während der Kindheit gebildet und können im Erwachsenenalter durch ein belastendes Erlebnis aktiviert werden. Wenn ein negatives Schema aktiviert wird, verarbeiten wir alle Informationen über dieses Schema. So kommt es zu kognitiven Verzerrungen und automatisiertem Denken und es entsteht die kognitive Trias der Depression: ein negatives Bild von sich selbst, der Welt und der Zukunft.
Lasst uns ein Beispiel betrachten, um die Bedeutung dieser Begriffe zu verdeutlichen.
Mary ist ein Mädchen, die seit ihrer frühen Kindheit wiederholt Zeugin davon wurde, wie ihr Vater ihre Mutter misshandelte. Andererseits hat ihre Mutter ihr erzählt, dass dies normal sei, denn alle Männer seien gleich, wenn sie erst einmal verheiratet wären. Mary akzeptiert das und wird hinsichtlich ihrer Beziehungen zu Männern ein negatives Schema entwickeln. Dieses wird aktiviert, wenn sie eine Situation erlebt, die ähnlich der ist, die zu dem Schema geführt hat. Als ihr Freund sie Jahre später anschreit, wird das Schema, dass „alle Männer schlecht sind und misshandeln”, automatisch aktiviert. Von diesem Moment an werden jegliche Reize über dieses Schema verarbeitet und automatisiertes Denken entsteht bezüglich des Verhaltens ihres Partners: „Alles, was er mir antut, ist zu meinem eigenen Wohl.” Kognitive Verzerrungen wie emotionale Argumentation werden bei der Informationsverarbeitung ersichtlich: „Ich glaube, ich werde sterben, und ich kann nichts dagegen tun.” All dies wird zur kognitiven Trias der Depression in Marys Psyche führen: ein negatives Bild von sich selbst, der Situation und der Zukunft.
Wie wir unsere kognitiven Schemata, Gedanken und Verzerrungen korrigieren können
Eine geeignete Behandlungsmethode für eine Depression, die auf dieser Art von Informationsverarbeitung beruht, ist die „Kognitive Therapie der Depression nach Beck”. Diese deckt viele verschiedene Bereiche ab. Der Patient durchläuft eine Lernphase, eine Phase zum Üben der soeben erlernten Fertigkeiten und die Anwendung im echten Leben. Es werden verschiedene Techniken genutzt, um die fehlerhafte Wahrnehmung, welche den Betroffenen tiefer und tiefer in die Depression sinken lässt, aufzubrechen und in Zweifel zu stellen. Einige dieser Techniken sind: sich selbst zu loben, die Suche nach alternativen Interpretationen, die Beweise für diese Schemata infrage zu stellen, und auf die katastrophalen Vorhersagen, die wir andauernd machen, zu reagieren.
In dieser Therapie ist die Beziehung zwischen Patient und Therapeut von äußerster Wichtigkeit. Dieses Behandlungsmethode ist vor allem dann wirksam, wenn auch der Verhaltensaspekt beachtet wird. Es ist gut, aktiv zu werden und Dinge zu tun, auch wenn wir uns schlecht fühlen und weiterhin diesen kognitiven Verzerrungen unterliegen. Mit Hilfe der Energie, die wir durch Aktivität erhalten, und der Bestärkung, wenn wir unsere Ziele erreichen, werden sie früher oder später verschwinden.