Vom unbewussten zum bewussten Verstand
Viele der von uns durch unsere Sinne in unserer Kindheit aufgenommenen Informationen werden langfristig im Unterbewusstsein gespeichert. Zusammen mit diesen Informationen werden auch Überzeugungen und Erwartungen, die wir daraus bilden, abgespeichert. Auch über die Kindheit hinaus bleibt ein Großteil dieser mentalen Inhalte erhalten und hat einen erheblichen Einfluss auf unser Verhalten.
In verschiedenen Studien hat man eine Vielzahl an Hirnwellen gemessen, die wir nach ihrer Frequenz kategorisieren können: von sehr niedrigen Schwingungen (Delta-Wellen), die im Tiefschlaf produziert werden, bis hin zu höheren Frequenzen (Beta- und Gamma-Wellen), die während des bewussten Denkens erzeugt werden.
“Aber wie kann ich einen bewussten Verstand erzeugen?”, fragst du nun. Und: “Können wir auf diese Prozesse überhaupt Einfluss nehmen?”
Delta-Wellen und der unbewusste Verstand
Je älter Kinder werden, desto schneller werden auch die Wellen in ihrem Gehirn, das heißt, ihr unbewusster Verstand weicht dem bewussten Verstand.
Von der Geburt bis zum 2. Lebensjahr arbeitet das menschliche Gehirn überwiegend auf Unterfrequenz. Im Elektroenzephalogramm sind vorwiegend Delta-Wellen zu messen, was erklärt, warum Neugeborene oft nur kurze Zeit am Stück wach bleiben können. In ihnen arbeitet vor allem das Unterbewusstsein. Sie beurteilen und korrigieren die von der Außenwelt empfangenen Informationen kaum. In diesem Alter ist die Aktivität des „denkenden Gehirns“, des Neokortex, sehr gering.
Theta-Wellen
Im Alter von zwei bis fünf Jahren verändert sich das Bild im Elektroenzephalogramm. Kinder, die in der „Theta-Welt“ leben, leben in einem tranceähnlichen Zustand und stehen vor allem mit ihrer inneren Welt in Kontakt. Sie leben in einer abstrakten Welt, in einer Fantasiewelt.
Ihre kritische und rationale Denkweise ist nur wenig entwickelt. Aus diesem Grund neigen junge Kinder dazu, zu glauben, was man ihnen sagt, zum Beispiel, dass es den Weihnachtsmann gibt. In diesem Alter haben Sätze wie die folgenden einen großen Einfluss auf sie: “Gute Mädchen verhalten sich ruhig”, “Jungen weinen nicht”, oder, “dein Bruder ist schlauer als du.” Diese Art von Ansagen verankert sich direkt in ihrem Unterbewusstsein.
Alles, was ein Kind sieht und hört, wird in Form von Überzeugungen abgespeichert, und diese Überzeugungen werden im Erwachsenenalter sein Verhalten und seine Art, die Realität zu interpretieren, bestimmen.
Deshalb ist es sehr wichtig, bei der Erziehung daran zu denken, solche Aussagen zu vermeiden. Da du nun über dieses wertvolle Wissen verfügst, solltest du verantwortungsbewusster sein können.
Alpha-Wellen
Im Alter von fünf bis acht Jahren dominieren wieder andere Hirnwellen, solche einer höheren Frequenz. Das kindliche Gehirn beginnt, einen analytischen, bewussten Verstand zu entwickeln, der es ihm erlaubt, die Außenwelt zu interpretieren und auf Gesetzmäßigkeiten zu schließen. Gleichzeitig passt sich seine innere Fantasiewelt der realen Außenwelt an.
Kinder dieser Altersgruppe stehen für gewöhnlich mit einem Fuß in beiden Welten. Deshalb mögen sie Rollenspiele so sehr. Wenn du zum Beispiel ein Kind darum bittest, so zu tun, als wäre es ein Delphin, der im Meer schwimmt, es sich in eine Schneeflocke verwandeln soll, die vom Wind durch die Luft geblasen wird, oder es so tun soll, als wäre es ein Superheld, der jemanden retten soll, wird es auch noch nach Stunden diese Rolle spielen.
Beta-Wellen
Je älter ein Mensch wird, desto mehr wird die Gehirnaktivität von Wellen höherer Frequenzen geprägt. Nach dem 12. Lebensjahr schließt sich damit in der Regel die Tür zwischen dem bewussten und dem unbewussten Verstand.
Beta-Wellen treten vermehrt ab einem Alter von etwa acht Jahren auf und sind auch im Erwachsenenalter noch vorhanden. Die Beta-Wellen können in niedrig-, mittel- und hochfrequente Beta-Wellen unterteilt werden. Wenn Kinder ins Jugendalter kommen, weichen die niedrigfrequenten Beta-Wellen den mittel- und hochfrequenten Wellen dieser Art, bis sich der bewusste Verstand des Erwachsenen geformt hat.
Da du nun viel über die Hirnaktivität und die Hirnwellen weißt, kannst du verstehen, dass jegliche Informationen, die dein unbewusster Verstand während deiner ersten sieben Lebensjahre aufgesogen hat, weiterhin einen Einfluss auf dein Leben haben wird. Aber wenn du dir darüber bewusst machst, wer du bist, und dich darin übst, dich selbst kennenzulernen, kannst du die Auswirkungen dieser Einflüsse relativieren.
Und falls du Kinder hast, für die du die Verantwortung trägst, solltest du vorsichtig mit dem sein, was du ihnen sagst! Denn sie glauben deinen Worten. Sei sehr geduldig mit ihnen und sage ihnen oft, wie wertvoll sie sind. Liebe sie und lehre ihnen, dass auch sie sich lieben sollen, denn ihr Selbstbild ist etwas, das sie ihr Leben lang begleiten wird.