Perinatale Depressionen bei Vätern: präventive Maßnahmen
Während der Schwangerschaft und nach der Geburt können Depressionen auftreten, und zwar nicht nur bei den Müttern, sondern auch bei den Vätern. Perinatale Depressionen entwickeln sich bei Männern meist schleichend und äußern sich typischerweise durch Erschöpfung, Reizbarkeit, Schlafstörungen und Stimmungsschwankungen.
Die Anzahl der Betroffenen ist in den vergangenen Jahren gestiegen, wobei die Gründe vielfältig sind. Einerseits ist das Bewusstsein für perinatale Depressionen gestiegen, deshalb werden sie auch von Fachkräften besser erkannt. Andererseits beteiligen sich Vätern stärker an dem gesamten Prozess der Schwangerschaft und Geburt und engagieren sich auch mehr in der Betreuung des Kindes, was den Druck auf sie erhöht.
Die Prävention spielt eine wesentliche Rolle, denn die schwerwiegendste Folge einer perinatalen Depression ist Suizid. Auch die Beziehung zwischen Vater und Kind verschlechtert sich in der Regel erheblich. Im Folgenden findest du einige Schlüssel für einen bewussten und verantwortungsvollen Umgang mit diesem Problem.
“Depression ist die Unfähigkeit, eine Zukunft aufzubauen.”
Rollo May
Perinatale Depressionen bei Vätern
Das Wort Geburt löst bei vielen Müttern und Vätern intensive Gefühle aus. Nicht nur wegen der Angst vor möglichen Komplikationen, sondern auch, weil die Geburt eines Kindes große psychosoziale Veränderungen mit sich bringt, die sich auf so unterschiedliche Bereiche wie Arbeit, Familie und Zwischenmenschliches auswirken.
Immer mehr Studien, wie beispielsweise eine in The Lancet Global Health veröffentlichte Forschungsarbeit, beleuchten die Faktoren, die mit dieser Pathologie zusammenhängen. So konnte ein Zusammenhang zwischen perinatalen Depressionen bei Vätern und Müttern festgestellt werden (Chmielewska et al., 2021). Es kommt nicht selten vor, dass beide Symptome einer Depression entwickeln.
Die Folgen für das Familiensystem Vater-Mutter-Kind sind sehr negativ. Nicht nur die Eltern selbst leiden in dieser Situation, sie wirkt sich auch negativ auf die Entwicklung der sozialen Fähigkeiten des Säuglings aus (Sweeney et al., 2016) und führt teilweise zu verschiedenen Formen von Missbrauch und Vernachlässigung (Takehara et al., 2017).
“Depression ist das Verschließen des Herzens vor der Welt.”
Andrew Solomon
Perinatale Depressionen bei Vätern: präventive Maßnahmen
Väter zu identifizieren, die ein hohes Risiko für perinatale Depressionen haben, ist das Ziel zahlreicher Forschungen zur Prävention dieser klinischen Entität (Iwata et al., 2023). In diesem Zusammenhang werden Risikofaktoren wie die folgenden genannt (Ansari et al., 2021):
- Stress
- Depressiver Partner
- Geringe Zufriedenheit mit dem Partner
- Wahrnehmung von wenig sozialer Unterstützung
- Unfruchtbarkeitsbehandlung
- Psychische Probleme in der Vergangenheit
- Mangel an finanzieller Stabilität
Um die Gefahr zu minimieren, werden verschiedene Interventionen entwickelt. Die Protokolle konzentrieren sich insbesondere auf drei Bereiche: individuell auf Vater und Mutter, auf das Paar und auf die Familie (Birken et al., 2023).
“Depressiv zu sein bedeutet, das Gefühl zu haben, in einem schwarzen Loch zu versinken, aus dem es keinen Ausweg gibt.”
Aaron T. Beck
1. Vaterzentrierte Interventionen
Die Therapie konzentriert sich ausschließlich auf den Vater. Folgende Elemente werden während der Sitzungen angesprochen (Birken et al., 2023):
- Richtlinien zum Lebensstil oder zur täglichen Routine. Vermittlung von Gewohnheiten im Zusammenhang mit der Schlafhygiene oder der Behandlung sexueller Funktionsstörungen, falls vorhanden.
- Hautkontakt, eine Berührung mit außergewöhnlicher Kraft. Das nackte Baby mindestens eine halbe Stunde lang auf die Brust zu legen, kann vor perinataler Depression schützen.
- Praktische Fähigkeiten vermitteln. Wenn der Vater seiner Partnerin zum Beispiel eine Massage gibt, um die Schmerzen zu lindern, die sie aufgrund der physiologischen Veränderungen während der Geburt empfindet, stärkt das die Beziehung und die biologische Verbindung.
Wie du siehst, ist der Kern der Intervention in erster Linie pädagogisch. Der Vater erhält Strategien an die Hand, um die emotionale Bindung zur Mutter und zum Neugeborenen zu stärken.
“Vatersein bedeutet nicht, alle Antworten zu haben, sondern präsent zu sein und bereit zu sein, mit deinen Kindern zu lernen.”
Shefali Tsabary
2 Interventionen, die sich auf das Paar konzentrieren
Die Grundlage ist die “Frau-Mann-Dyade”, mit dem Ziel, Depressionen vorzubeugen und die Qualität der Bindung zu fördern. Die Sitzungen beinhalten einen Dialog darüber, dass sie gemeinsam Eltern sind und falls nötig um Hilfe bitten sollten.
Das Paar befasst sich auch mit den Herausforderungen der Elternschaft, da sich die Beziehung zwischen Mann und Frau verändern kann. Es hat zum Beispiel weniger Zeit für sich selbst. In diesem Zusammenhang werden die Auswirkungen des Übergangs von der “Frau-Mann-Dyade” zur “Mutter-Vater-Baby-Beziehung” diskutiert.
“Vater sein ist der größte Führungsakt, den jemand ausüben kann.”
John C. Maxwell
3. Familienzentrierte Interventionen
Diese Interventionen beinhalten oft Sitzungen mit mehreren Vätern und Müttern in ähnlichen Situationen. Birken et al., 2023, nennen folgende Komponenten:
- Informationen für Eltern von Frühchen
- Psychoedukative mobile Apps für Erstlingseltern
- Verhaltenstraining für Eltern von Neugeborenen auf der neonatologischen Intensivstation
Ein Beispiel für eine Online-Intervention für Mütter ist das Programm “MomMoodBooster” (Fonseca-Pedrero et al., 2021). Dieses Programm, das auf der kognitiven Verhaltenstherapie basiert, soll einen Ausweg aus verschiedenen Symptomen wie Pessimismus, mangelndem Selbstwertgefühl oder sozialer Isolation bieten.
Perinatale Depressionen bei Vätern: vielversprechende Strategien
Wie bereits erwähnt, leiden immer mehr Väter an einer perinatalen Depression, die möglicherweise gleichzeitig mit einer Depression der Mutter zusammenhängt. Deswegen werden Maßnahmen entwickelt, die auf die drei identifizierten Schwerpunkte abzielen: den Vater, die Frau-Mann-Beziehung und die Mutter-Vater-Baby-Beziehung. Die Ergebnisse sind vielversprechend, doch weitere Forschungen sind nötig.
“Depressionen sind wie ein Teufelskreis, der sich selbst nährt.”
Martin Seligman
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Ansari, N.S., Shah, J., Dennis, C.L., et al. (2021). Risk factors for postpartum depressive symptoms among fathers: a systematic review and meta-analysis. Acta Obstetricia et Gynecologica Scandinavica, 100(7), 1186–99. https://obgyn.onlinelibrary.wiley.com/doi/full/10.1111/aogs.14109
- Birken, M., Chipp, B., Shah, P., Olive, R.R., Nyikavaranda, P., Hardy, J., Chhapia, A., Barber, N., Lee. S., Pearce, E., Lloyd-Evans, B., Perkins, R., McDaid, D., Stefanidou, T., Shafran, R., Pitman, A., Johnson, S. (2023). Exploring the experiences of loneliness in adults with mental health problems: A participatory qualitative interview study. Plos One, 18(3). https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0280946
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Chmielewska, B., Barratt, I., Townsend, R., Kalafat, E., van der Meulen, J., Gurol-Urganci, I. & Khalil, A. (2021). Effects of the COVID-19 pandemic on maternal and perinatal outcomes: a systematic review and meta-analysis. The Lancet Global Health, 9(6), e759-e772. https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2214109X21000796
- Fonseca Pedrero, E. (2021c). Manual de tratamientos psicológicos: Adultos (Psicología) (1.a ed.). Ediciones Pirámide. https://es.slideshare.net/SilviaValdiviaVasco1/519256960manualdetratamientospsicologicosadultosbyeduardofonsecapedreropdf
- Sweeney, S., MacBeth, A. The effects of paternal depression on child and adolescent outcomes: a systematic review. Journal of affective disorders, 205, 44–59. https://doi.org/10.1016/j.jad.2016.05.073
- Takehara, K., Suto, M., Kakee, N., Tachibana, Y., & Mori, R. (2017). Prenatal and early postnatal depression and child maltreatment among Japanese fathers. Child abuse & neglect, 70, 231–239. https://doi.org/10.1016/j.chiabu.2017.06.011