Neurodivergent: Was ist das?

Neurodivergenz ist ein Konzept, das Respekt und Verständnis gegenüber nicht neurotypischen Menschen fordert.
Neurodivergent: Was ist das?

Letzte Aktualisierung: 03. Januar 2024

Die Begriffe “neurodivergent” und “neurodivers” beschreiben Menschen, deren Gehirnfunktionen deutlich anders arbeiten als bei neurotypischen Personen. Diese Menschen verarbeiten Informationen anders, lernen anders und reagieren anders, als wir es erwarten würden. Es können Menschen mit ADHS, Autismus, spezifischen Lernbehinderungen oder anderen Störungen sein.

Scheinbar gewöhnliche Aufgaben können für sie zu einer wahren Herausforderung werden, deshalb benötigen sie Methoden und Strategien, um sich im Alltag besser zurechtzufinden. Wir sehen uns anschließend etwas genauer an, was neurodivergent bedeutet.

Neurodivergent vs. neurotypisch

Die Soziologin Judy Singer verwendete den Ausdruck neurodivers zum ersten Mal 1997 in ihrer Dissertation Neurodiversity: The Birth of an Idea, um auf die neurokognitive Vielfalt hinzuweisen. Sie bezog sich anfangs spezifisch auf Menschen mit Autismus, heute werden die Begriffe neurodivergent und neurodivers jedoch in sehr unterschiedlichen Situationen verwendet, um Personen zu beschreiben, die nicht neurotypisch sind.

Neuro-Minderheiten benötigen Unterstützung, sie sollen jedoch nicht pathologisiert, stigmatisiert oder negativ gewertet werden. Die neurologischen Unterschiede bewegen sich auf einem Spektrum, wobei viele Einflussfaktoren und Funktionsvariationen eine entscheidende Rolle spielen.

Neurodivergente Menschen

In manchen Fällen ist die Neurodivergenz das Ergebnis einer Verletzung oder eines Traumas, meistens handelt es sich allerdings um eine Entwicklungsstörung, die bereits in der Kindheit zu beobachten ist.

1. Geistige Behinderung

Die geistige Behinderung zählt zu den häufigsten neurologischen Entwicklungsstörungen. Nach Angaben der American Psychiatric Association (APA) ist etwa 1 % der Bevölkerung davon betroffen, wobei es sich in 85 % der Fälle um eine leichte Intelligenzminderung handelt.

Die Ursachen haben vielfach eine erbliche Grundlage oder sind auf eine Chromosomen-Besonderheit (z. B. Down-Syndrom) zurückzuführen. Es können jedoch auch exogene Faktoren (cerebrale Schädigungen des Embryos während der Schwangerschaft) vorliegen. Mit der richtigen Unterstützung können diese neurodivergenten Menschen im Alltag besser funktionieren.

2. Autismus-Spektrum-Störung

Der Begriff Autismus-Spektrum-Störung umfasst verschiedene neurologische Entwicklungsstörungen wie das Asperger-Syndrom, das Rett-Syndrom oder die Desintegrative Störung. Die Ausprägung ist sehr unterschiedlich, doch es sind verschiedene Gemeinsamkeiten zu beobachten. Viele Betroffene haben Schwierigkeiten in der sozialen Kommunikation, eingeschränkte Interessen oder motorische Probleme.

Das Center for Disease Control and Prevention (CDC) nennt folgende charakteristischen Symptome:

  • Ängstlichkeit oder übermäßige Sorgen
  • Schwierigkeiten bei der motorischen Koordination
  • Epilepsie oder andere Anfallsleiden
  • Ungewöhnliche Ess- und Schlafgewohnheiten
  • Eingeschränkte und sich wiederholende Verhaltensweisen oder Interessen
  • Keine Toleranz oder Flexibilität für Veränderungen
  • Schwierigkeiten in der sozialen Interaktion: Unfähigkeit zu gestikulieren; Unfähigkeit, die Emotionen anderer zu verstehen; Unfähigkeit, Ironie und doppelte Bedeutungen zu verstehen und Unfähigkeit, mit Gleichaltrigen zu spielen.

3. Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)

ADHS hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Es handelt sich um eine umstrittene Störung, bei der auch die Expertenmeinungen zum Teil sehr stark variieren. Betroffene haben Konzentrationsschwierigkeiten und andere Symptome, die sich negativ auf ihre akademische Leistung und ihre Beziehungen zu anderen auswirken.

Kinder mit ADHS werden von anderen als zerstreut, unorganisiert und impulsiv betrachtet. Dazu kommen jedoch auch weniger bekannte Probleme. Eine im Journal of Neuro-Psychiatry veröffentlichte Studie weist beispielsweise darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit für Angst und Depressionen bei Betroffenen größer ist.

4. Spezifische Lernstörung

Auch Personen mit spezifischen Lernstörungen sind neurodivergent. Dazu gehören unter anderem folgende Störungen:

  • Dysorthographie (Rechtschreibstörung)
  • Legasthenie (Lese-  und Rechtschreibschwäche)
  • Dyskalkulie (Rechenschwäche)
  • Dysgraphie (Schreibschwäche)

Spezifische Lernstörungen wirken sich negativ auf die akademische Leistung aus. Mit der richtigen Unterstützung können betroffene Kinder jedoch trotzdem schulischen Erfolg erreichen.

Neurodivergent – eine vielschichtige Realität

Der Ausdruck “neurodivergent” beschreibt Menschen, deren kognitive Funktionen von denjenigen abweichen, die wir innerhalb der Norm betrachten (neurotypisch). Der Begriff “neurodivers” wird in der Regel synonym verwendet. Unsere Aufgabe als Gesellschaft ist es, diese Menschen zu integrieren und zu respektieren. Mit der richtigen Unterstützung können sie lernen, sich im Alltag zu bewegen und ein erfülltes Leben führen.


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