Misokinesie, ein zunehmend verbreitetes psychologisches Phänomen

Stört es dich, wenn jemand seine Hände, Beine oder Füße immer wieder bewegt? Eine Drittel der Bevölkerung ist von Misokinesie betroffen. Lies weiter, wir erklären dir, was das ist.
Misokinesie, ein zunehmend verbreitetes psychologisches Phänomen
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Nervt es dich, wenn du in der Nähe einer Person weilst, die ständig mit den Fingern auf den Tisch trommelt oder ständig die Beine kontinuierlich bewegt? Vielleicht leidest du an Misokinesie, ein Phänomen, das immer häufiger zu beobachten ist. Eine neue Studie verrät, dass ein Drittel der Bevölkerung davon betroffen ist. Konkret geht es um Unbehagen oder Nervosität beim Hören oder Beobachten ständiger Bewegungen anderer Menschen.

Die erwähnte Studie wurde in vielen Fachmedien kommentiert, denn Misokinesie gibt diesem unangenehmen Gefühl einen Namen, an dem viele schon seit langer Zeit leiden. Noch bis vor kurzem war dies eine unbekannte Realität.

Viele Menschen mit Misokinesie leiden am Arbeitsplatz und verlieren dadurch ihre Konzentration und Leistungsfähigkeit.

Misokinesie, ein zunehmend verbreitetes psychologisches Phänomen

Misokinesie: Definition, Symptome und Ursachen

Misokinesie ist ein psychologischer Zustand, der bei bestimmten Geräuschen oder Bewegungen Unbehagen, Phobie und Unwohlsein verursacht. Betroffene können es schwer ertragen, wenn neben ihnen jemand mit den Fingern schnalzt, ständig mit den Haaren spielt oder die Beine nervös hin- und herbewegt.

Es stimmt, dass diese psychologische Realität bereits früher diskutiert wurde. Im Jahr 2014 hat zum Beispiel die Universität von Amsterdam in einer Studie über Misophonie (Geräuschempfindlichkeit, die durch das Tropfen eines Wasserhahns oder durch Kaugeräusche verursacht wird) geforscht.

Viele Menschen, die an Misophonie leiden, reagierten sehr extrem, wenn sie bestimmte Körperbewegungen sahen oder hörten. Damals prägten Dr. Arjan Schröder und sein Team von der Universität Amsterdam den Begriff Misokinesie: Hass auf Bewegung.

Was sind die Symptome?

Sieben Jahre nach dieser ersten Studie hat sich die Universität von British Columbia zum Ziel gesetzt, das Phänomen der Misokinesie zu klären und besser zu verstehen. Die Studie, die neulich veröffentlicht wurde, schlussfolgert, dass dieses Phänomen etwa 33 % der Bevölkerung betreffen könnte. Das ist eine sehr hohe Zahl.

Aber wie können wir wissen, ob wir zu den Betroffenen gehören? Schauen wir uns an, wie sich die Misokinesie äußert.

  • Unbehagen, Reizbarkeit und sogar Wut bei kontinuierlichen Körperbewegungen anderer Menschen.
  • Der Anblick einer Person, die ständig mit den Fingern auf den Tisch trommelt, mit einem Stressball oder einem Kugelschreiber spielt, macht Betroffene sehr nervös.
  • Manche Menschen fühlen sich nicht in der Lage, neben Personen zu arbeiten, die ihre Beine beim Sitzen ständig bewegen.
  • Misokinesie wirkt sich auf jede Person unterschiedlich aus. Manche entwickeln Unbehagen und Ängste, andere werden sehr nervös oder wütend. Die meisten verlieren ihre Konzentrationsfähigkeit, was sich auf ihre Leistung auswirkt.

Welche Ursachen liegen der Misokinesie zugrunde?

Die bisher durchgeführten Studien konnten die genauen Ursachen noch nicht erklären. Es ist jedoch bekannt, dass es einen direkten Zusammenhang mit Misophonie gibt. Diese ausgeprägte Geräuschempfindlichkeit, die durch Kau- oder sogar Atemgeräusche, das Quietschen von Kreider an der Tafel oder andere Geräusche herausgefordert wird, ist auf eine kognitive Störung zurückzuführen. Bei Betroffenen ist im anterioren insularen Kortex eine Hyperaktivität zu beobachten. 

Dieser Gehirnbereich aktiviert starke Emotionen wie Angst oder Wut. Außerdem erhöhen sich das Stressempfinden und die Herzfrequenz und es kommt zu vermehrtem Schwitzen. Ähnliches könnte bei Misokinesie der Fall sein. Es könnte außerdem einen Zusammenhang mit den Spiegelneuronen geben: Wenn eine sensible Person andere Menschen mit nervösen Ticks sieht, lassen sie sich “anstecken”, reagieren jedoch stärker.

Misokinesie durch Meditation lindern

Was können Betroffene tun?

Da sehr viele Menschen an dieser Störung leiden, ist es wichtig zu wissen, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Wie bereits erwähnt, sind die Auswirkungen bei jedem Menschen anders. Manche können ihre Aufmerksamkeit auf andere Dinge lenken, um von den Bewegungen nicht gestört zu werden. In extremen Fällen sind jedoch Blockaden und Ängste vorhanden, die den Alltag sehr erschweren. Dann ist professionelle Hilfe erforderlich.

Entspannungs- und Atemtechniken sowie die Visualisierung alternativer Bilder zur Ablenkung helfen den meisten Betroffenen. Wenn die Möglichkeit besteht, ist natürlich das einfachste Mittel, die Person zu bitten, mit den Bewegungen aufzuhören. Doch dies ist nicht immer einfach oder möglich.


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  • Jaswal, S.M., De Bleser, A.K.F. & Handy, T.C. Misokinesia is a sensitivity to seeing others fidget that is prevalent in the general population. Sci Rep 11, 17204 (2021). https://doi.org/10.1038/s41598-021-96430-4

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