Laufsucht - wenn das Laufpensum nie genug ist

Laufsucht - wenn das Laufpensum nie genug ist
Laura Reguera

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Laura Reguera.

Letzte Aktualisierung: 21. Dezember 2022

Für gewöhnlich kostet es uns Überwindung, mit Sport zu beginnen. Wir benötigen Disziplin und jede Menge Willenskraft, um regelmäßig zu trainieren. Wenn das Training aber erst zur Gewohnheit wird, kann es zu einem unersetzlichen Teil unseres Lebens werden. Sport zu treiben bringt bekanntlich viele Vorteile mit sich, darunter eine bessere körperliche Verfassung, ein verbessertes Körpergefühl und positive Emotionen. Aber kann Bewegung schädlich sein? Ja, tatsächlich. Wenn wir unser Leben nur nach dem Training ausrichten, kann es zu einer Obsession werden. Dann wird der tägliche Sport nie genug sein, um uns zu befriedigen, und wir werden ständig nach mehr verlangen. Ein Beispiel für diese Obsession ist die Laufsucht.

Vorteile des Laufens

Laufen trägt zu einer besseren Gesundheit bei. Es kann uns helfen, Herz-Kreislauf-Probleme und andere chronische Krankheiten zu vermeiden. Es kann sogar das Risiko eines frühen Todes senken. Bewegung verbessert auch unsere Stimmung und fördert positive Emotionen. Darüber hinaus beeinflusst sie unsere Schlafqualität.

“Lange und anstrengende Läufe sind ein ideales Antidepressivum, da es schwierig ist, zu laufen und sich gleichzeitig selbst zu bemitleiden.”

Monte Davis

Ein Jogger, der auf Asphalt läuft.

Laufen kann zu einer Euphorie führen, die als Runner’s High oder Läuferhoch bezeichnet wird. Das Läuferhoch ist ein Phänomen, das Forscher ausführlich untersucht haben. Es ist eine Art neurologische Belohnung, die normalerweise ab einer Belastungsintensität von 80 % der maximalen Sauerstoffaufnahme auftritt. Die Auswirkungen dieser Belohnung sind klar: Sie verbessert unsere Stimmung und erzeugt ein Gefühl des Wohlbefindens und Glücks, während gleichzeitig unsere Schmerzempfindungen gemindert werden.

Wie entsteht eine Laufsucht?

Wie kann also Laufen, das so viele Vorteile für uns hat, süchtig machen und schädliche Folgen für uns haben? Tatsächlich beinhaltet Laufen eine Reihe von physiologischen, psychologischen und soziokulturellen Faktoren, die diesen Sport gefährlich machen können.

„Wenn wir im täglichen Training viele Kilometer laufen, ist das besser, als würden wir Geld auf die Bank bringen. Wir erhalten sofort Zinsen.”

Hal Higdon

Wenn wir laufen, aktiviert sich das in unserem Gehirn vorhandene Opioidsystem. Opioide Substanzen werden freigesetzt, was eine schmerzstillende Wirkung hat und unser emotionales Wohlbefinden steigert. So wirkt Laufen auch auf physiologischer Ebene. Was unsere Psyche betrifft, wirkt sich das Laufen positiv auf unseren Gemütszustand aus und begünstigt unsere Selbstwahrnehmung. Regelmäßiges Laufen führt zu einem erhöhten Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen und kann unsere sozialen Beziehungen stärken.

Schließlich haben die soziokulturellen Faktoren, die mit dem „idealen“ Körperbild verbunden sind, einen großen Einfluss auf uns. Wir sehen im Laufen einen Weg, um uns einen Idealkörper anzutrainieren. Dann wird Laufen bald zur Gefahr, weil es nur als ein Werkzeug verstanden wird, um eine Reihe von persönlichen Vorteilen zu erzielen, wie beispielsweise einen “besseren” Körper.

Wann werden wir laufsüchtig?

Laufen ist erst einmal keine schlechte Angewohnheit, ganz und gar nicht. Wenn wir regelmäßig und ausgewogen trainieren, können wir von den positiven Aspekten des Sports profitieren, ohne uns selbst zu schaden.

“Jeder, der schon einmal gelaufen ist, weiß, dass der größte Vorteil des Laufens darin liegt, Spannungen abzubauen und andere Sorgen zu beseitigen, die der Tag bringen kann.”

Jimmy Carter

Es kommt zu einer Laufsucht, wenn wir den Sport nicht mehr aus Vergnügen ausüben. Es wird vielmehr eine Verpflichtung, eine Obsession, die unseren Alltag regiert. Dann verlieren wir unsere Fähigkeit, unser Verhalten zu kontrollieren. Eine Laufsucht erhöht die Chancen, dass wir uns unwohl fühlen und uns verletzen.

Ein Mann joggt durch den herbstlichen Wald.

Wenn wir nach etwas süchtig  sind, haben wir das Gefühl, dass wir die Sucht befriedigen müssten. Aus diesem Grund werden wir in anderen Bereichen unseres Lebens ängstlicher und gereizter. Weitere Angelegenheiten haben dann keinen Platz mehr in unserem Leben, werden beiseitegeschoben, während das Laufen immer mehr in den Vordergrund tritt. Unser soziales, familiäres und berufliches Leben kann beeinträchtigt werden, da unser Hauptziel darin besteht, zu laufen. Schneller, länger, weiter. Das kann auch bedeuten, dass wir Dinge vernachlässigen, die uns zuvor wichtig waren und es immer noch sein sollten.

Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung von Seth Macey, Steven Lelham und Emma Simpson


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.