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Fünf Impulse für die Führung einer Non-Profit-Organisation (NPO)

20 Minuten
"Professionelle Führung basiert auf der Reflexion der Leitung zum Unternehmen und seiner „Spielregeln“, des eigenen Verhaltens und der Kenntnisse wie Entwicklungspotenziale der Mitarbeitenden." Ein Beitrag von Anja Mannhard
Fünf Impulse für die Führung einer Non-Profit-Organisation (NPO)
Anja Mannhard

Geschrieben und geprüft von der Autorin, Illustratorin und Malerin Anja Mannhard

Letzte Aktualisierung: 13. Juni 2025

Erfolgreich als Leitung einer Non-Profit-Organisation (NPO) zu sein bedeutet, sich selbst und die Mitarbeitenden reflektiert zu führen. Dies aus der eigenen Mitte heraus, die in sich ruht und um ihre Möglichkeiten wie Grenzen weiß, unter Hinzunahme der umfassenden Kenntnis der Rahmenbedingungen der NPO.

Professionelle Führung basiert auf der Reflexion der Leitung zum Unternehmen und seiner „Spielregeln“, des eigenen Verhaltens und der Kenntnisse wie Entwicklungspotenziale der Mitarbeitenden. Führung bedeutet in dem Sinne in erster Linie Selbstführung. Denn im ursprünglichen Sinne des „Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden willst“, gilt das auch für die Steuerung des Verantwortungsbereichs der Führungskraft im Umgang mit Mitarbeitenden als Leitlinie.

Impuls 1: Arbeiten die Mitarbeitenden und du unter fördernden Bedingungen?

Als Führungskraft einer NPO übst du nicht nur Macht aus, sondern du unterliegst gleichzeitig Machteinflüssen anderer. Je nach den Rahmenbedingungen und für die Tätigkeit geltenden Gesetze und Verordnungen hast du geringere oder weiterreichende Befugnisse zur Durchsetzung von Entscheidungen.

Du übernimmst in der NPO eine Schlüsselfunktion, wobei du die Organisation nach außen repräsentierst und nach innen eine Legitimationsfunktion inne hast. Du bist verantwortlich für die Qualität der Teamarbeit. Du koordinierst die Arbeit und moderierst Kommunikationsprozesse, auch und vor allem bei Konflikten. Inhaltliche Entscheidungen werden von dir vorbereitet und durchgesetzt. Du evaluierst die Zielerreichung und die Qualität der Zusammenarbeit. Hinsichtlich deiner Verantwortlichkeiten stehst du für die Ergebnisse der Arbeit, die (Personal-)Entwicklung und dein eigenes Vorbild. Du pflegst dein Netzwerk und förderst den Nachwuchs, dies ggf. gemeinsam mit weiteren Führungskräften der NPO.

Als Führungskraft siehst du dich diversen Erwartungen gegenüber, die in unterschiedlicher Ausprägung Verbindlichkeit haben. In deinem Netzwerk können die verschiedenen Gruppen, die Ansprüche an dich hegen, dich zeitweise in ein Spannungsfeld bringen. Entweder richten die Gruppen widersprechende, ggf. unvereinbare Erwartungen an dich, oder du kannst die diversen Rollen deines Sets nicht miteinander in Einklang bringen.

Situative Rollenkonflikte lassen sich nicht vermeiden. Welche Lösungen gibt es? Du kannst dich nach deiner persönlicher Identifikation entscheiden, welcher Rolle du aktuell den Vorzug gibst. Oder du tendierst bei deiner Entscheidung zur Vermeidung von Sanktionen, wenn du eine Rolle nicht oder später erfüllst, oder du reagierst auf den stärksten Druck, der ausgeübt wird.

Wesentlich dürfte für deine Entscheidung aber auch die Bedeutung der Gruppen oder Personen, die Erwartungen an dich herantragen, für dich selbst oder die NPO sein. Ob eine Führungskraft einen situativen Rollenkonflikt zum Gegenstand der Kommunikation macht, um ein wechselseitiges Verständnis zu erzielen, hängt von der Situation, dem persönlichen Führungsstil und davon, wie diesbezüglich Transparenz in der NPO gelebt wird, ab.

© Anja Mannhard
© Anja Mannhard

Praxistipp: Bilanzierung

Eine gute Möglichkeit, im Führungsalltag regelmäßig (kurz) innezuhalten, ist die Bilanzierung in Form eines Tagebuchs oder Kalenders. Wenn du deine Erfahrungen nicht gerne ausführlich in einem Tagebuch niederschreibst, kannst du dir einen Kalender mit etwas Platz für jeden Tag kaufen oder elektronisch anlegen. Abends notierst du in einer Rückschau das Wesentliche des Tages. Wenn du so im Laufe der Jahre deine Kalender sammelst, gewinnst du einen tiefen Einblick, wo du die Jahre davor zur gleichen Zeit in deinem beruflichen und ggf. auch persönlichen Prozess unterwegs warst, was dir dort wichtig war und heute wichtig ist. Welche Entwicklungen sind bis heute in deinem (Berufs-)Leben vonstatten gegangen?

Eine weitere Möglichkeit der Bilanzierung sind Traumtagebücher. Gleich morgens nach dem Aufwachen schreibst du den Traum der letzten Nacht auf, solange du dich noch an ihn erinnern kannst (wenn du das regelmäßig machst, kannst du dein Erinnerungsvermögen trainieren). Jeder Traum bekommt eine Überschrift, die das Wesentliche der Handlung oder des Bildes, das sich bei dir eingeprägt hat, zusammenfasst. Wenn du dir immer wieder längere Etappen deiner Aufzeichnungen vor Augen führst, gelangst du zu deinen wesentlichen Themen, die dich unbewusst und in der Tiefe deines Seins beschäftigen. Du kannst auch deine eigene Entwicklung und wie du Schwierigkeiten meisterst, gut daran ablesen. Träume bergen oftmals Lösungen in sich, die du auf reale Probleme anpassen kannst. Auch können sie die Zukunft vorbereiten, weil in deinem Inneren bereits etwas eingetreten ist, das später im Leben Gestalt annimmt.

Die Kür der Bilanzierung: Lobtagebücher stärken Ressourcen. Lege dir ein besonders schönes Lobtagebuch an. In dieses notierst du alles oder klebst es ein, was du an Komplimenten, Lob und positivem Feedback von anderen Menschen erhalten hast. In schlechten Zeiten – dem inneren Winter, ganz wie es die Feldmaus Frederick macht – hilft dir das Lesen im Lobtagebuch, um dich zu trösten und zu ermutigen, dass es auch wieder bessere Zeiten geben wird.

Anmerkung: Im Kinderbuch „Frederick“ von Leonie Lionni sammelt die Feldmausfamilie Vorräte für den nahenden Winter, nur Frederick sitzt scheinbar untätig herum. Dabei sammelt er für die kalten langen Wintertage Sonnenstrahlen, Farben und Wörter. Als die Vorräte im Winter langsam zur Neige gehen, teilt er mit seiner Familie die gesammelten Sonnenstrahlen, um sie zu wärmen, die Farben, um den Winter weniger düster aussehen zu lassen und die Worte in Form eines Gedichts.

Schon gelesen? Ein klares Nein ist ein gutes Ja für mich!

Impuls 2: Gehst du mit anderen und dir selbst respektvoll um?

Die Persönlichkeitsentwicklung einer Führungskraft steht im direkten Zusammenhang zu ihrer Führungsqualität. Damit einher geht ihre persönliche Zufriedenheit mit ihrem beruflichen und auch privaten Leben, und dass sie dem Sinn abgewinnen kann. Das ist das Fundament, auf dem sich dein Denken und Handeln gründet, wenn du eine Leitungsrolle inne hast. Zentral ist dein Selbstrespekt: Wer sich selbst wertschätzt und achtet, geht meist auch mit der menschlichen Vielfalt am Arbeitsplatz angemessen um. Wer sich selbst gut führt, kennt seine inneren Gegner; oder anders ausgedrückt, seinen Schatten bzw. seine unliebsamen Seiten und Schwächen.

Eine reflektierte Leitung hinterfragt sich immer wieder selbst und spürt ihre Sympathien und Antipathien anderen gegenüber auf. Sie vermeidet Ungerechtigkeiten und steht für Fehler gerade, die sie verursacht hat. Die Ablehnung anderer Menschen drückt im Grunde nur die eigene Selbstablehnung aus. Ein reflektierter Mensch agiert dies nicht zum Leidwesen anderer aus, sondern arbeitet an sich selbst, um einen konstruktiven Umgang mit den eigenen Untiefen zu gewinnen.

Ganz praktisch: Du verfügst mindestens über Grundkenntnisse der Individual- und Sozialpsychologie, um Mitarbeitende situativ und persönlich angemessen zu führen. Du wirst geschätzt, wenn du das, was du von anderen verlangst, selbst vorlebst und eine klare wie authentische Haltung aufweist. Unangemessene Verhaltensweisen wie bspw. eine fehlende Berechenbarkeit und Aufrichtigkeit, das nicht Einhalten von Absprachen oder eine direkte wie indirekte Geringschätzung eines Mitarbeitenden sollten in der Führung nicht vorkommen, da damit die Vertrauensbasis gestört oder je nach Ausmaß sogar zerstört wird. Zudem werden die Leistungen der Mitarbeitenden durch Frustration gemindert, was soziale und wirtschaftliche Folgen für die NPO nach sich zieht.

Hinsichtlich des Qualitätsmanagements der Führungsqualität einer NPO dürfen Antworten auf kritische Fragen gefunden werden.

Erstens: Erhalten wir durch Rückmeldungen von Mitarbeitenden unterschiedliche oder gar widersprüchliche Informationen zu einer bestimmten Führungskraft?

Zweitens: Handelt eine Führungskraft offenbar weitgehend zu ihrem Vorteil oder inszeniert sie sich immer wieder als besonders wichtig?

Drittens: Geht eine Führungskraft geringschätzend insbesondere mit Mitarbeitenden auf hierarchisch tiefer stehenden Ebenen um, oder fördert sie sie nicht?

Denn: Eine Leitung, die sich selbst nicht gut kennt, nicht um ihre Bedürfnisse und Grenzen weiß und keine gute Selbstfürsorge betreibt, überschreitet gerne auch die Grenzen anderer. Sie achtet sich selbst zu wenig, was sich häufig in einem unsachgemäßen oder sogar respektlosen Führungsverhalten ausdrückt – wie in einem Spiegel. Nun haben Mitarbeitende rein rechtlich betrachtet keinen Anspruch auf einen bestimmten Führungsstil. Jedoch können und sollten sie sich gegen offensichtlich unangemessene Verhaltensweisen einer Leitung zur Wehr setzen.

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Praxistipp: Innere Landkarte

In einer NPO streben alle nach sozialer Anerkennung, vom Auszubildenden bis zum Vorstand. Wir sind soziale Wesen und beeinflussen uns gegenseitig. Die Führungskraft kann sich die Menschen in der NPO nicht immer aussuchen, sondern muss jeden hinsichtlich seiner Stärken fördern und seiner Schwächen fordern, wenn letztere andere Menschen am Arbeitsplatz beeinträchtigen. Deshalb ist es wichtig, dass sie sich außerhalb der NPO mit den Menschen umgibt, die wirklich gut zu ihr passen, sie annehmen, wie sie ist und unterstützen. Denn wir sind durch soziale Beeinflussung auch die Summe der Menschen, mit denen wir uns am meisten umgeben.

Innerhalb ihrer Rolle kann die Führungskraft anderen vermitteln, wer sie ist und wofür sie steht. Sie kann ihre „innere Landkarte“ transparent machen und ein Klima schaffen, sodass andere es ihr mit den eigenen Landkarten gleichtun. Der Austausch und Abgleich wie das Finden einer gemeinsamen Basis ermöglicht eine übereinstimmende Organisationskultur, die auch nach außen klar, transparent, überzeugend und ohne irritierende Widersprüche gelebt und erlebt wird.

Wie machst du deine innere Landkarte transparent? Du kennst deine persönlichen Werte und vermittelst diese in der Kommunikation. Die Klarheit, wer du bist und wofür du stehst, macht gleichermaßen deine Grenzen und roten Linien deutlich, von denen du nicht abweichen willst.

Die reife Führungskraft weiß, von was sie sich führen und auch verführen lässt. Zum Abgleich der inneren Landkarten der Beteiligten einer NPO gehört auch das Netzwerk. Aus welchen Rollen und Haltungen heraus kommen die externen Partner? Welchen Glaubenssätzen wird hier gefolgt? Passen sie wirklich zu dem, wo ihr mit eurer NPO hin wollt? Denn nur dann sind Netzwerke sinnstiftend und tragfähig.

Es kann hier vorkommen, dass eine Partei nur auf den Zug einer anderen aufspringen will und eigentlich ganz andere Werte verfolgt. Du darfst dein Wissen anwenden und deine Identität schützen. Jeder Mensch handelt aus seinen Erfahrungen heraus, weshalb wir Netzwerke in einem ähnlichen Kontext benötigen; was nicht heißt, dass du nicht auch einmal über den eigenen Tellerrand hinausschauen darfst.

© Anja Mannhard
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Impuls 3: Kommst du mit herausfordernden Menschen klar?

Ein namentlich unbekannter Zeitgenosse soll einmal gesagt haben, dass es im günstigen Fall schwierig wird, wenn Menschen an einem Ort zusammenarbeiten. Übertragen auf eine NPO darfst du mit einem Alltag voller Konflikte rechnen, mit denen du im besten Fall in konstruktiver Weise umgehen kannst.

Du bist nicht nur Vorbild, sondern behebst auch Differenzen unter den Mitarbeitenden, wenn diese nicht alleine zur Lösung kommen. Von allen Beteiligten, insbesondere aber von dir in deiner Rolle, benötigt es eine gute Konfliktkompetenz. Steckt diese noch in den Kinderschuhen, werden wiederholt stereotype Verhaltensweisen eingesetzt, die bislang auch nicht zum Erfolg führten. Zum Beispiel werden in einem Konflikt Schuldige gesucht, statt dass du erforschst, welche nicht erfüllten Bedürfnisse systemisch betrachtet in deinem Team konflikthaft an die Oberfläche kommen. Oder es werden Ergebnisse erzielt, die die Lager in Gewinner und Verlierer spalten und wo sich letztere bei der nächsten Gelegenheit rächen.

Die Gefahr in manchen NPO’s ist auch, dass Konflikte aufgrund des vorherrschenden Duktus der Harmonie oder wegen der Vermischung beruflicher und privater Beziehungen unter den Teppich gekehrt werden, wo sie ein moderndes Eigenleben entwickeln. Dies kann zur Stagnation auf anderen Ebenen oder einer immer größer werdenden Sprengkraft führen.

Die Bedeutung eines guten Konfliktmanagements in der NPO darf nicht unterschätzt werden. Die Menschen, die hier zusammenarbeiten, sind häufig in einer heterogenen Zusammensetzung hinsichtlich ihrer Herkunft, ihrer persönlichen Biografie und ihres beruflichen Werdegangs. Da kann man kaum von einer ohne Zutun gemeinsamen Basis an Werten, Zielen und Kommunikationsstilen ausgehen.

Eine gute Kommunikationskultur wird von den Führungskräften der NPO vorgelebt und bei den Mitarbeitenden eingefordert. Bestehen Defizite, können Angebote an Schulungen und Supervision ermöglicht oder auch verbindliche Maßnahmen bei den Zielvereinbarungen fixiert werden.

Kulturelle Vielfalt in der NPO bereichert, erfordert aber gesonderte interkulturelle Kenntnisse und Kompetenzen. Es ist Alltag einer NPO, dass hier auch einmal um etwas gerungen und vielleicht auch gestritten wird. Da gibt es unterschiedliche Interessen und Ziele, oder es gibt ein Machtgerangel um Positionen und Einfluss. Unterschiedliche Biografien und Kulturen prallen aufeinander und manchmal fehlt es am gegenseitigen Verständnis und an Toleranz. All das ist als normal anzusehen und sollte weder unter den Teppich gekehrt noch künstlich aufgebauscht und dramatisiert werden. Die Führungskraft ist für eine professionelle Moderation von Konflikten und ihr eigenes Vorbild verantwortlich.

Praxistipp: Begegnungen mit schwierigen Zeitgenossen

Oberhäupter: Du siehst deine Interessen und Bedürfnisse verletzt und empfindest Angst, Bedrohung, Unsicherheit, Ärger, Wut oder Hilflosigkeit. Dein erster Impuls wäre Flucht, Nachgeben oder einen Gegenangriff zu starten. Sinnvoll ist stattdessen, grundsätzlich immer etwas Abstand zu solchen Menschen zu halten und nicht zu vertraulich mit ihnen zu werden. Du darfst gut bei dir, deinen Grenzen und Bedürfnissen bleiben und diese, wenn nötig, auch auf angemessene Weise durchsetzen.

Blender: Deine Erwartungen wurden enttäuscht und deine Wünsche an das Gegenüber zerplatzen wie Seifenblasen. Du ziehst dich enttäuscht zurück, lässt dich weiter täuschen oder willst dich rächen und den Blender von seinem Sockel stürzen. Stattdessen empfiehlt es sich bei Leuten, die sich selbst und ihre (vermeintlichen) Leistungen gerne in den Mittelpunkt stellen, grundsätzlich etwas misstrauisch zu sein. Achte darauf, dass deine Leistungen oder gar du selbst nicht in einen Zusammenhang mit dem Blender gestellt werden. Ist der Blender unter deinen Mitarbeitenden, sind klare Ansagen hinsichtlich der Erwartungen, die du auf der Aufgaben- und Beziehungsebene hast, unerlässlich. Bei anhaltenden Mängeln sollten entsprechende Konsequenzen im arbeitsrechtlichen Sinne erfolgen.

Energieräuber: Du fühlst dich gegenüber dieser Person wie Mutti oder Papi. Du gerätst in eine Helferrolle und fühlst dich überlastet und genervt. Du stellst dich und deine Bedürfnisse zurück, vermeidest den Kontakt oder reagierst aggressiv. Hier ist angezeigt, ein situativ angemessenes Helfen, das zur Rolle der Führungskraft passt, und eine angemessene Unterstützung von einem Bemuttern zu unterscheiden. Du darfst deine  Bedürfnisse und Grenzen schützen und Energie raubende Mitarbeitende, Kollegen oder auch deine Vorgesetzte an deren Selbstverantwortung erinnern.

Krawallschachtel: Du weißt nicht, wie dir geschieht, und fühlst dich angegriffen oder hilflos. Vielleicht gerätst du aufgrund einer massiven Kollision ins Grübeln bis zum Katastrophendenken. Du gibst nach, vermeidest eine offene Konfrontation oder den Kontakt, oder fängst deinerseits an zu kämpfen. Sinnvoll ist hier, einer Krawallschachtel die Grenzen klar aufzuzeigen, sodass diese sich in der Art und Weise des Ausdrucks einer Befindlichkeit mäßigen muss. Keinesfalls solltest du dich kleiner machen, sondern standhalten. Als Vorgesetzte treten Krawallschachteln nicht selten cholerisch auf und werden zu Tyrannen. Das musst du dir auch innerhalb der Hierarchie nicht gefallen lassen. Vertrete deine Meinung und suche nach gemeinsamen Interessen, wenn es wieder möglich ist, ein sachliches Gespräch zu führen.

Kritiker: Du wirst unangemessen kritisiert, abgewertet und/oder persönlich angegriffen. Du bist empört, gekränkt oder verletzt. Du gibst nach, gelobst Besserung, nimmst Fehler auf dich, die du gar nicht begangen hast. Kurz: Du vermeidest alles, was weiterhin Anlass zur Kritik geben könnte, oder greifst deinerseits an. Wenn du eine in Inhalt, Wortwahl oder Ton unangemessene Kritik erhalten hast, darfst du deine Haltung dazu sachlich und klar gegenüberstellen – ganz unabhängig davon, wer die deplatzierte Kritik geübt hat. Eine (persönliche) Abwertung ist nicht dein Problem, sondern sagt mehr über die Person aus, die eine unangemessene Kritik an dir geübt hat.

Gummimensch: Du kannst das Gegenüber in einer Sache oder als Person nicht greifen. Du bist verunsichert, verwirrt, irritiert, verärgert oder wütend. Du ziehst dich zurück, redest sich die Dinge schön oder greifst an. Stattdessen wäre besser zu sehen, dass du es hier mit einer entweder sehr unsicheren oder sehr harmoniebedürftigen Person zu tun hast, die durch fehlende Positionierung jedem etwaigen Konflikt aus dem Weg gehen will. Du kannst versuchen, eine Brücke zu bauen und gezielt nach der anderen Meinung in einer Sache zu fragen. Damit stärkst du das Vertrauen auf der Beziehungsebene.

Racheengel: Du machst eine Bestandsaufnahme ob des entstandenen Schadens, wenn sich an dir wegen etwas gerächt wurde. Du gibst dir die Schuld, behandelst das Gegenüber künftig wie ein rohes Ei oder rächst dich deinerseits. Besser ist, die verdeckte oder offene Aggression zu erkennen und zu benennen. Hier ist eine sachliche Konfrontation mit klarem Aufzeigen der Auswirkungen eines Handelns und der Konsequenzen, die du ziehen wirst, gefragt. Bei massiven Kollisionen solltest du dir Unterstützung suchen, da solche Kommunikationsmuster auf der Ebene des Verhaltens schnell zu Intrigen und Mobbing auf kollegialer Ebene bzw. Bossing von Vorgesetzten gegenüber Mitarbeitenden geraten können.

Impuls 4: Beherrschst du die Kunst des reifen Handelns?

Wenn wir überlegen, welche Menschen eine Art Vorbildfunktion für uns innehaben, oder welche uns einmal einen wirklich guten Rat erteilten, von dem wir nachhaltig profitieren, sind das meist Personen, von deren Ausstrahlung und Gelassenheit wir beeindruckt sind, mit der sie ihren eigenen Weg gehen oder gegangen sind. Wie wirst du zu einer Person, die in sich ruht und mit anderen fair umgeht? Die dennoch – denn das schließt sich keinesfalls aus – klare Vorstellungen und Ziele hat, und diese auch, wenn in einer Sache oder Angelegenheit im Rahmen ihrer Funktion erforderlich, angemessen durchsetzt? Wie kannst du Stärke zeigen, aber auch zu deiner Verletzlichkeit stehen? Wie verfügbar sein und dennoch gesunde Grenzen ziehen? Kurz: Wie wirst du zu einer reifen Persönlichkeit, die über dein Sein und nicht durch irgendwelche Machtinstrumente erfolgreich in der Führung von Menschen ist?

Was zeichnet denn eine reife Führungskraft aus? In erster Linie erleben wir sie als integer und vertrauenswürdig. Ihre Worte stimmen mit ihrem Handeln überein. Man kann sich auf sie verlassen und sie dreht das Fähnchen ihrer Meinung nicht mit dem Wind. Sie verkörpert eine Haltung, bei der die verbale Kommunikation mit der nonverbalen in einer Übereinstimmung ist. Sie ist bereit, das eigene Handeln zu reflektieren und geht – ohne sich bei nächster Gelegenheit zu rächen – konstruktiv mit Kritik um, auch wenn sie von Mitarbeitenden kommt.

Für den Erfolg der Führungskraft einer NPO ist maßgeblich, dass sie ihre eigenen Interessen an entscheidenden Punkten denen der Gemeinschaft unterordnen kann und das Wohl aller im Blick hat. „Eine reife Persönlichkeit verfügt über zwei grundlegende Eigenschaften. Erstens, sie ist beziehungsfähig. Das heißt: Sie kann auf andere Menschen zugehen, mit ihnen in Beziehung treten, zuhören, sich mitteilen. Sie findet im Umgang mit ihren Mitmenschen eine gute Balance von Nähe und Distanz. Zweitens, sie ist eigenständig. Das heißt: Sie kann ihre Überzeugungen und Werte in Worte fassen und anderen gegenüber vertreten. Sie übernimmt Verantwortung für sich selbst und kann ihr alltägliches Leben bewältigen“ (Härry, T. 2019, S. 30: Die Kunst des reifen Handelns. SCM R. Brockhaus in der SCM Verlagsgruppe GmbH Holzgerlingen).

Wer diesen Wandlungsprozess der Auseinandersetzung mit sich selbst abkürzen und die damit verbundenen Mühen umgehen will, sucht vermutlich nach einfachen Tipps und Tricks (irgendwelcher Selbstoptimierungstechniken). Doch: Nicht der scheinbar schnelle und einfache Erfolg ist das Ziel, sondern der Prozess, wie die Führungskraft zu einem zu ihr passenden, reifen und ausgewogenen Handeln im Umgang mit Menschen einer NPO kommt. Heißt kurz und leider nicht immer ganz einfach: Lust auf (Selbst-)Verantwortung und manche Erkenntnis und Erfahrung zu haben, die einen Gewinn für einen selbst und die anderen darstellt, auch wenn der Weg über ein paar Stolpersteine bis zum Ziel führen mag.

Praxistipp: Glückssuche

Alle Menschen suchen das Glück. Hier sind wir uns einig. Doch was bedeutet Glück für dich? Meist weniger ein neues Auto oder viel Geld auf dem Konto, auch wenn das kurzfristig in Euphorie versetzt? Über kurz oder lang wird der erreichte Zustand jedoch normal und du jagst dem nächsten Glück hinterher. Glücklich sind die meisten von uns, wenn uns das Wunder des Lebens in menschlichen Begegnungen erfüllt.

Glück kommt oftmals in wenig existenzieller und lebensverändernder Form daher, sondern vielmehr zart und subtil. Glaubst du der Werbung, gibt es bestimmte Produkte, die zum Glück führen. Versprechen irgendwelcher Gurus lauten, dass du nur auf dem richtigen Weg gehen solltest, um in einer Sphäre des Glücks zu wandeln. Eine weitere Denke ist, etwas stimme nicht mit dir, wenn du gerade nicht glücklich bist. Dabei ist das Glück ein Gefühl, das kommt und geht und vor allem eines – kein dauerhafter Zustand.

Du bist mal fröhlich, mal glücklich, mal begeistert, mal ängstlich, mal wütend, mal traurig. Je mehr du versuchst, das Glück zu manifestieren, umso mehr entzieht es sich. Und so entdeckst du auch gar nicht die Dinge, von denen du noch gar nicht wusstest, dass sie dich glücklich machen können. Glück lässt sich nicht konsumieren und auch nicht konservieren. Es geht im Leben nicht darum, einen äußeren Zustand zu kreieren, damit das Glück dich findet. Denn wäre es da, würdest du schon nach dem nächsten Glück liebäugeln.

Du verpasst mit diesem Streben viele wichtige Momente, die in zarten Bewegungen und Empfindungen in dein Leben flattern. Vielmehr geht es um deine Präsenz im Hier und Jetzt, und dass du mit deinem (Arbeits-)Leben wirklich verbunden bist. Auf das Sowohl-als-auch kommt es auch beim Glück an: Du darfst Glück erleben – neben all den anderen Emotionen. Mit einer offenen und annehmenden Haltung bist du im Moment präsent und öffnest dich für das Glück. Denn Glück ist vor allem da, wo du es gar nicht erwartest.

© Anja Mannhard
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Impuls 5: Setzt du anderen und dir selbst gesunde Grenzen?

Du kannst betreffend gesunder Grenzen mit gutem Beispiel vorangehen. Wenn du keine Selbstfürsorge betreibst, dich zum Beispiel krank zur Arbeit schleppst, bist du kein gutes Modell für dein Team. Das gute Beispiel ist nicht immer leicht. Das Wissen, dass du am Ende für vieles verantwortlich gemacht wirst, wenn etwas schiefgeht, kann ein Dilemma darstellen. Einerseits sollst du im Hier und Jetzt sein und den Gesamtüberblick haben, andererseits benötigst du Grenzen, um eine ausreichende Distanz zu wahren.

Du solltest weder Aufgaben der Mitarbeitenden übernehmen noch dich in deren Unzulänglichkeiten oder Konflikte unangemessen involvieren lassen. Du brauchst auch immer wieder Abstand, um Vergangenes zu reflektieren und daraus Schlüsse für das Kommende zu ziehen. Du darfst nach vorn blicken, planen und Prognosen stellen. Du kannst die Mitarbeitenden befähigen, ihre Stärken zu nutzen und schwierige Situationen zu meistern. Du darfst Menschen, die grob auftreten, in ihre Schranken weisen.

Tatsächlich beeinflusst eine Führungskraft andere Menschen stark. Im besten Fall fühlt sich ihr Team von ihr inspiriert, wertgeschätzt, verstanden und unterstützt. Alle fühlen sich als Teil des Ganzen. Das ist das Ergebnis guten Führungshandelns.

Das Gegenteil bewirkt, dass sich Mitarbeitende klein, unwichtig und jederzeit ersetzbar fühlen. Gute Führungskräfte verstehen unter gesunden Grenzen nicht, die NPO mit eiserner Hand zu leiten. Sie sind offen für die Anregungen der Mitarbeitenden und lassen deren Wünsche in Entscheidungen einfließen. Die Leitung bestimmt also zum großen Teil mit, ob sich Menschen unter ihrer Führung eingeengt und bevormundet oder  weitgehend frei, motiviert und wirksam fühlen.

Praxistipp: Balance

Weshalb reagiert eine bestimmte Führungskraft auf Dinge, die eine andere völlig kalt lassen? Neben dem, dass dies etwas mit ihrer persönlichen Geschichte und ihren Prägungen zu tun hat, kommt es hier auf ihre persönlichen Motive und die Fähigkeit zur Gefühlsregulation an. Diese ist sowohl angeboren (Temperament) als auch erworben (Lernen). Jedes menschliche Verhalten will Ziele erreichen; nach Leistung, nach Beziehung, nach gestaltender Macht. Zum einen geht es hier um Selbstbestimmtheit und Autonomie, zum anderen um soziale Eingebundenheit in individuell starker Ausrichtung.

Du hast mit anderen Menschen gemeinsam, dass wir uns alle als kompetent erleben wollen. Wer in einer Sache vor allem nach Leistung strebt, will sie strukturiert und gut erbringen. Hier erzeugt Chaos oder Zeitdruck besonders starken Stress. Wer sich vor allem an Beziehungen orientiert, sucht die Harmonie darin und gerät durch Streit besonders stark unter Stress. Selbstbestimmte Menschen wollen gestalten und machen. Sie sind häufig kreativ und denken konzeptionell. Stress erleben sie durch zu viel „Klein – Klein“, oder wenn andere Menschen für ihren Geschmack zu langsam sind. Unterschiedliche Bedürfnisse in einem Team werden von dir im besten Fall erkannt und ausbalanciert, und du kannst dich auch hinsichtlich deiner eigenen Stärken und Schwächen gut einschätzen und steuern. 

Anmerkung: Dieser Beitrag ist ein (abgewandelter) Auszug aus dem neuen Buch von Anja Mannhard 2025 „Mit fünf Fragen zur erfolgreichen Führung einer Non- Profit- Organisation (NPO). Handbuch für die Führung im Sozial-, Gesundheits-, Bildungs- und Vereinswesen“. Das Buch erscheint im ersten Halbjahr 2025 im Diplomica Verlag Hamburg.

(ISBN 978-3-96146-997-0)

Mit fünf Fragen zur erfolgreichen Führung - Anja Mannhard
© Anja Mannhard

Literaturhinweise

  • Literaturhinweis: Lionni, L. (1967) Frederick. Köln: Middelhauve
  • Literaturhinweis: Mannhard, A. „Mit Selbstrespekt durchs Leben! Wie Sie durch Selbstrespekt und Selbstachtung berufliche und persönliche Chancen ergreifen“ Parodos Berlin
  • Mannhard, A. „Führen im Sandwich“. Cornelsen Verlag Berlin
  • Mannhard, A. „Spaßbremsen und Krawallschachteln im Team? Vom souveränen Umgang mit herausfordernden Führungskräften und Teammitgliedern“. Verlag an der Ruhr Mülheim an der Ruhr

Kontakt zur Autorin: www.anjalingua.de

Titelbild: © Anja Mannhard

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.