Donald E. Brown: Entschlüsselung der Menschlichen Universalien
Universalien sind Muster oder Phänomene, die in jeder Gesellschaft unabhängig von Kultur und Erziehung vorkommen. Denker wie Émile Durkheim, George Murdock, Claude Lévi-Strauss und Donald E. Brown stimmen darin überein, dass alle Menschen evolutionär bedingte Gemeinsamkeiten besitzen. Dennoch gibt es auch kritische Stimmen. Der Kulturrelativismus argumentiert, dass jede Kultur oder Gesellschaft in ihrem eigenen Kontext verstanden werden muss, was allgemeingültige Annahmen über menschliches Verhalten infrage stellt.
Donald E. Brown hat sich tiefgehend mit den menschlichen Universalien befasst. Seine Arbeit ist von zentraler Bedeutung, denn sie hilft uns, die Gemeinsamkeiten zwischen verschiedenen Kulturen zu erkennen und zu verstehen, wie tief verwurzelte menschliche Eigenschaften kulturelle Unterschiede überbrücken können.
Brown argumentiert, dass es trotz der oberflächlichen Vielfalt menschlicher Kulturen grundlegende universelle Elemente gibt, die in allen Gesellschaften zu finden sind. Dazu gehören universelle emotionale Reaktionen, soziale Strukturen und kulturelle Praktiken, die sich in unterschiedlichen Formen, aber nach ähnlichen Prinzipien manifestieren.
Durch seine Forschung hat Brown eine detaillierte Liste solcher Universalien erstellt, die die Basis für viele weitere anthropologische Studien bildet. Wir beleuchten in diesem Artikel die Methodik Browns und sehen uns die menschlichen Universalien etwas genauer an.
“Ein neugeborenes Kind ist kein leeres Blatt.”
Steven Pinker
Donald E. Brown und die menschlichen Universalien
Donald E. Brown ist bekannt für seine Arbeit zur Anthropologie und Entwicklungspsychologie, insbesondere für sein Konzept der „menschlichen Universalien“. In seinem Buch Human Universals (1989) untersucht dieser US-amerikanische Anthropologe die Merkmale und Verhaltensweisen, die allen menschlichen Kulturen gemein sind.
Das Konzept der menschlichen Universalien bezieht sich auf diejenigen Aspekte von Verhalten, Kultur und Psychologie, die in allen Gesellschaften konsistent und gemeinsam sind, unabhängig von kulturellen Unterschieden. Dazu gehören Aspekte wie Sprache, Familienstrukturen, Religion, Spiel und grundlegende Emotionen. Brown argumentiert, dass diese Universalien grundlegende Aspekte der menschlichen Natur widerspiegeln und das Ergebnis geteilter evolutionärer Prozesse sind.
Auf dieser Grundlage erstellte er seine bekannte Liste, die von anderen renommierten Thoretikern wie Steven Pinker aufgegriffen wurde.
Zu den wichtigsten menschlichen Universalien zählen folgende:
- Sprache: Alle Kulturen haben komplexe sprachliche Systeme.
- Familienstrukturen: Die meisten Gesellschaften kennen Verwandtschaftsbeziehungen und Familienstrukturen.
- Rituale und Religion: Praktiken und Überzeugungen, die sich mit dem Übernatürlichen oder Spirituellen befassen, sind überall zu finden.
- Emotionen: Grundlegende Emotionen wie Freude, Traurigkeit, Angst und Wut sind universell.
- Kunst und Musik: Alle Kulturen haben Ausdrucksformen wie Musik, Kunst und Tanz.
- Gesellschaftliche Rollen: Die Existenz von Rollen und Normen innerhalb von Gesellschaften ist allgemein verbreitet.
- Gesundheits- und Krankheitstheorien: Jede Kultur hat eigene Vorstellungen von Gesundheit und Krankheit sowie Methoden zur Heilung.
- Spiel: Spiele und Freizeitaktivitäten sind in allen Kulturen präsent.
- Erziehung: Alle Kulturen haben Mechanismen zur sozialen und kulturellen Erziehung und Weitergabe von Wissen.
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Die umfassende Liste von Donald E. Brown umfasst folgende Aspekte:
Sprache und Kognition
- Planung
- Tabuisierte Ausdrücke
- Zeiteinheiten
- Synästhetische Metaphern
- Antonyme, Synonyme
- Übersetzbarkeit
- Bildhafte Sprache, Metaphern
- Symbolismus, symbolische Sprache
- Binäre kognitive Unterscheidungen
- Farbbegriffe: schwarz, weiß
- Serien (geordnete kognitive Muster)
- Abstraktion in Sprache und Denken
- Sprache, um andere zu manipulieren
- Besondere Sprache für besondere Anlässe
- Sprache, die zur Fehlinformation oder Irreführung verwendet wird
- Diskrepanzen zwischen Sprache, Denken und Handeln
- Prestige für kompetenten Sprachgebrauch (z. B. Poesie)
- Logische Begriffe wie “und”, “nicht”, “entgegengesetzt”, “gleichwertig”, “allgemein/besonders”
- Klassifizierung von Alter, Verhaltensneigungen, Körperteilen, Farben, Fauna, Flora, inneren Zuständen, Verwandtschaft, Geschlecht, Raum, Werkzeugen und klimatischen Bedingungen.
Gesellschaft
- Führerpersönlichkeiten
- Etikette
- Konflikte
- Handel
- Eigenverantwortung
- Barmherzigkeit
- Koalitionen
- Hochzeiten
- Besuche
- Sexuelle Eifersucht
- Staaten und Rollen
- Territorialität
- Familie oder Haushalt
- Geschlechterrollen
- Sexuelle Gewalt
- Altersstufen
- Altersstatus
- Altersbegriffe
- Vererbungsregeln
- De facto-Oligarchie
- Kooperative Arbeit
- Gelöbnis/Eid
- Moralisches Empfinden
- Verwandtschaftsgruppen
- Kollektive Identitäten
- Gefühle und Ausdruck von Gefühlen
- Ungleichheit des Ansehens
- Kollektive Entscheidungsfindung
- Wiedergutmachung von Missständen, Sanktionen
- Verbote von bestimmten Gewaltformen
- Der Ehemann ist im Durchschnitt älter als die Ehefrau.
- Individuelle Namen für Menschen
- Nicht-familiäre Gruppen von Gleichaltrigen
- Rechte und Pflichten, Regeln der Zugehörigkeit
- Der Geschlechtsverkehr findet in der Regel im Privaten statt.
- Großzügigkeit gegenüber bewunderten Personen, Geschenke
- Unterscheidung zwischen richtig und falsch, gut und schlecht
- Inzestvorbeugung oder -vermeidung, Inzest zwischen Mutter und Kind ist tabu.
- Techniken und/oder Substanzen, die die Stimmung oder das Bewusstsein verändern
- Männer legen in ihrem Leben im Durchschnitt größere Entfernungen zurück.
- Kontrollierbare und nicht kontrollierbare Handlungen
- Dreiecksbewusstsein (Beurteilung der Beziehungen zwischen sich selbst und zwei anderen Personen)
Überzeugungen
- Kunst
- Feste
- Frisuren
- Spielzeug
- Streicheln
- Wahrsagen
- Übergangsriten
- Körperschmuck
- Sprichwörter, Sprüche
- Magisches Denken
- Geburtsbräuche
- Glaubensvorstellungen und Erzählungen
- Traumdeutung
- Poesie und rhetorische Sprache
- Glaube an den Tod
- Todes- und Trauerrituale
- Heilungspraktiken, Medizin
- Versuche, das Wetter zu kontrollieren
- Glaube an Krankheit
- Glaube an Glück und Unglück
- Einsatz von Magie, um das Leben zu verlängern und Liebe zu gewinnen
- Musik, Rhythmus, Tanz und, in gewissem Maße, Assoziationen zwischen Musik und Gefühlen
Technologie
- Waffen
- Kochtechniken
- Mantel
- Hebel
- Lammfell
- Gefäße
- Feuerkontrolle.
- Werkzeuge, Werkzeugherstellung
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Positionen zu Browns menschlichen Universalien
Donald E. Browns Konzept der menschlichen Universalien hat sowohl Anerkennung als auch Kritik erfahren. Viele Wissenschaftler schätzen Browns Arbeit, da sie auf die grundlegenden Gemeinsamkeiten hinweist, die das menschliche Erleben prägen. Diese Universalien umfassen Aspekte wie Sprache, soziale Strukturen, emotionale Reaktionen und kulturelle Rituale, die in allen bekannten Gesellschaften zu finden sind.
Jedoch wird Browns Theorie nicht von allen Anthropologen und Sozialwissenschaftlern uneingeschränkt akzeptiert. Einige Kritiker argumentieren, dass die Ähnlichkeiten zwischen Kulturen nicht unbedingt auf universelle menschliche Merkmale zurückzuführen sind, sondern auf zufällige Konvergenzen. Diese Position besagt, dass verschiedene Kulturen ähnliche Probleme auf ähnliche Weise lösen können, ohne dass dies eine universelle Grundlage widerspiegelt. Stattdessen könnten die Ähnlichkeiten auf die menschliche Fähigkeit zurückzuführen sein, Probleme unabhängig voneinander zu lösen.
Ein weiteres Problem in der Diskussion um menschliche Universalien betrifft den Einfluss, den Kulturen aufeinander ausüben. Es ist oft schwierig zu bestimmen, wie weit kulturelle Einflüsse tatsächlich reichen und inwieweit Kulturen Elemente von anderen Kulturen übernommen haben. So könnte die Ähnlichkeit in bestimmten Aspekten auch durch kulturelle Übertragungen und Nachahmungen bedingt sein, anstatt durch universelle menschliche Eigenschaften.
Die Frage der menschlichen Universalien ist komplex und umstritten. Während Browns Theorie wertvolle Einsichten in die Gemeinsamkeiten menschlicher Kulturen bietet, gibt es weiterhin bedeutende Debatten über die Ursachen und Implikationen dieser Gemeinsamkeiten. Die Diskussion bleibt offen und fordert eine kontinuierliche kritische Auseinandersetzung mit den Grundlagen und Grenzen der Theorie der menschlichen Universalien.
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