Der Brief von Gandhi an Hitler

Der Brief von Gandhi an Hitler

Letzte Aktualisierung: 11. April 2017

Es ist wirklich erstaunlich, dass Gandhi einen Brief an Hitler geschrieben hat, in dem er ihn mit „Lieber Freund“  anspricht und den er mit „Ich bleibe Ihr ergebener Freund“  beendet.

1939, gerade als ein neuer Krieg über Europa hereinzubrechen drohte, hatte Gandhi diesen Brief an Hitler gesendet. Es scheint, als habe der Brief Hitler nie erreicht. Aber es ist ein Text, in dem wir sehr viel über eine der damals wie heute meist bewunderten Personen der Welt erfahren.

Gandhi war ein Meister darin, verständnisvoll und demütig mit seiner Umwelt und seinen Mitmenschen in Beziehung zu treten. Und diese Fähigkeit ermöglichte es ihm, Tausende von Kämpfen zu gewinnen, ohne auch nur einen einzigen Krieg führen zu müssen. Offensichtlich verfügte er über ein hohes Maß an mentalem Geschick, einer Form von interpersonaler Intelligenz, die Gadner in seiner Theorie der multiplen Intelligenzen beschreibt.

Lieber Freund,

Einige meiner Freunde haben mich dazu gedrängt, Ihnen einen Brief im Namen der Menschheit zu schreiben. Jedoch habe ich mich bisher dagegen gewehrt, da ich das Gefühl hatte, dass jeder Brief von mir als eine Dreistigkeit aufgefasst werden könnte. Etwas in mir sagt mir allerdings, dass ich mein Zögern hinter mir lassen und meine Bitte an Sie richten soll, was auch immer diese wert sein mag.

Es ist offensichtlich, dass Sie heute die eine Person auf dieser Welt sind, die einen Krieg verhindern kann, welcher unsere Menschlichkeit in den Status der Unzivilisiertheit zu stürzen droht. Wollen Sie für Ihre Sache wirklich diesen hohen Preis auf sich nehmen, ganz gleich, wie wertvoll sie Ihnen auch erscheinen mag? Werden Sie der Bitte von jemandem Gehör schenken, der willentlich die Methode des Krieges abgelehnt hat – und das nicht ohne Erfolg? In jedem Fall möchte ich Sie um Vergebung bitten, falls ich mich in meinem Schreiben an Sie geirrt habe.

Ich bleibe

Ihr ergebener Freund

Interessanterweise wurde dieser Brief in der Öffentlichkeit kritisiert, denn man glaubte, dass Gandhi einen zu unterwürfigen Ton angeschlagen hatte. Aber Gandhi hatte darüber keinen Zweifel: Man macht sich nicht dadurch besser verständlich, dass man lauter schreit. Dies hatte er schon längst in seinem berühmten, friedlichen Salzmarsch und in all den Protesten, die er zu Lebzeiten organisiert hatte, bewiesen.

Später, am 24. Dezember 1940, sendete Gandhi einen zweiten Brief an Hitler, in dem er die Bitte an ihn richtete, den Krieg zu beenden. Heute lassen sich diese Briefe in Mani Bhavan, Mumbai, bewundern, wo dieser „friedliche Rebel“ mehr als 20 Jahre lang gelebt hat. Mani Bhavan ist ein einfaches Museum, in dem man mehr über diese wichtige Person erfahren kann.

Die Geschichte der Menschheit hat immer wieder zahlreiche Beispiele hervorgebracht, die bezeugen, wie unsere Entscheidung, wie wir der Welt gegenübertreten wollen, entweder in einem Akt der Menschlichkeit oder der Unmenschlichkeit mündet.

Diese Erfahrung begegnet uns überall. In der Kunst, in der Geschichte, in der Art, wie wir unseren Nachbarn begrüßen, wenn wir ihm an seiner Türschwelle begegnen, in der Art, wie wir mit dem Angestellten im Supermarkt umgehen, der für diese unendlich lange Schlange verantwortlich ist, die uns so auf die Nerven geht, und in der Art wie wir reagieren, wenn wir auf der Autobahn fahren und in einen Stau geraten.

Zum Abschluss dieser Gedanken folgen hier ein paar interessante Beispiele aus der Geschichte, die verdeutlichen, wie unsere Gedanken die Welt beherrschen und wie sie in uns das beste und das schlechteste Verhalten anderen gegenüber zu Tage fördern können.

  • Demokratie in Athen, 460 v. Chr.: Das war einer der wichtigsten Meilensteine der Geschichte und ein Konzept, das die Art und Weise, wie wir Gesellschaft sehen, verändert und revolutioniert. Die Macht gehört nicht etwa einer Person, sondern einem jeden Menschen. Auf diese Weise werden wir alle ein glücklicheres Leben führen können. Wir haben eine Legislative, die nicht bloß für ein paar Menschen, sondern für die gesamte Gesellschaft da ist.
  • Die Erfindung des Buchdrucks, 1444: Dies war ein weiterer Meilenstein und ein Beispiel, das zeigt, wie wichtig es ist, dass Bildung und Kultur für jedermann zugänglich sind. Bildung ist die effektivste Waffe, um eine positive Veränderung in die Welt zu bringen.
  • Frauen erhalten das Wahlrecht, 1893: Neuseeland machte den Anfang und Nation für Nation schloss sich allmählich seinem Beispiel an. Frauen sind ein wichtiger Bestandteil unserer Gesellschaft.
  • Die USA werfen eine Atombombe ab, 1945: ein Beispiel für menschliche Grausamkeit.

Welche anderen historischen Ereignisse waren für dich ein wichtiger Schritt in Richtung bessere menschliche Beziehungen?

„Der, der wirklich weiß, worüber er redet, muss sich nicht mit lauterer Stimme Gehör verschaffen.“

Leonardo Da Vinci


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.