Das kreative Gehirn: freie, emotionale und vernetzte Köpfe
Das kreative Gehirn ist unglaublich. Es ist verspielt, voller Emotionen, frei und unermüdlich. Es glaubt nicht an Grenzen. Das kreative Gehirn entscheidet sich dafür, sich mit allem zu verbinden, damit es aus jedem Reiz lernen kann. Oftmals weiß es nicht einmal, wie es zu bestimmten Ideen gekommen ist, weil sie wie Blitzlichter aufleuchten.
Steve Jobs pflegte zu sagen, dass es bei der Kreativität darum gehe, die richtigen Elemente zu verbinden. Darum, unserer bisherigen Erfahrungen mit unserer Realität zu verbinden und den Mut zu haben, Herausforderungen anzugehen und Neues zu schaffen. Nicht jeder würde dieses Neue auf Anhieb verstehen, aber später wüden sich auch andere für diese Möglichkeiten öffnen. Es sei diese Innovation, die jedes Unternehmen brauche, dieses Humankapital, das unsere Gesellschaft schätzen sollte.
“Kreative Individuen zeigen Tendenzen des Denkens und Handelns, die bei den meisten Menschen voneinander getrennt ablaufen. Sie enthalten widersprüchliche Extreme; anstatt ‘Individuen’ zu sein, ist jeder von ihnen eine ‘Vielzahl’.”
Mihály Csíkszentmihály
So seltsam es auch klingen mag, bis heute pflegen wir noch falsche Vorstellungen von Kreativität und dem kreativen Gehirn. Zum Beispiel glauben wir, dass die Fähigkeit, innovative und originelle Ideen zu entwickeln, mit Intelligenz zusammenhänge. Außerdem gibt es nicht wenige Menschen, die davon überzeugt sind, dass die rechte Hemisphäre der Mittelpunkt und Ursprung unserer Kreativität sei. Das ist nicht wahr. Diese Mythen stehen der Anwendung des wissenschaftlichen Fortschritts, den wir im Laufe der Zeit gemacht haben, aber weiterhin im Wege.
Zuerst müssen wir verstehen, dass Kreativität eine Fähigkeit ist, mit der wir alle geboren werden. Wir müssen auch verstehen, dass wir, um sie zu nutzen und zu stärken, die Welt und uns selbst aus einer anderen Perspektive betrachten müssen. Wir wollen das im Folgenden besprechen.
Wie funktioniert das kreative Gehirn?
Das kreative Gehirn arbeitet sehr eindeutig. Eine kürzlich von der National Academy of Sciences veröffentlichte Studie offenbarte uns, was einige Neuropsychologen bereits vermuteten: Kreative Menschen haben besser vernetzte neuronale Strukturen als andere Menschen. Die Magnetresonanztomografie ließ die Wissenschaftler die faszinierende Komplexität funktioneller und neuronaler Verbindungen bei kreativen Menschen erkennen.
Damit widerlegen sie die Hypothese, dass Kreativität ausschließlich mit der rechten Gehirnhälfte assoziiert wäre. Personen, die innovative, mutige und originelle Ideen hervorbringen, spielen eine Symphonie der Interaktionen sowohl in der linken als auch in der rechten Hemisphäre. Ebenso haben Wissenschaftler weitere interessante Entdeckungen über das kreative Gehirn gemacht.
Ein flexibler Geist, der tolerant gegenüber Unsicherheit ist
Wie wir bereits gesehen haben, ist die neuronale Struktur von kreativen Menschen dichter, ihre grauen Zellen sind besser vernetzt. Dies erklärt auch ihre flexible mentale Ausrichtung, ihre Offenheit für Unsicherheit und Mehrdeutigkeit. Während starrere Köpfe nicht in der Lage sind, widersprüchliche Fakten zu akzeptieren, sehen kreative Köpfe sie als Herausforderung und versuchen, mit einem praktischen Ansatz Erklärungen zu finden.
Höhere Intelligenz bedeutet nicht mehr Kreativität
Kreative Menschen haben nicht immer ein bemerkenswertes Maß an Intelligenz. Wir haben dies schon in der berühmten Studie von Frank X. Barron aus dem Jahr 1956 gesehen. Er versammelte einige der renommiertesten Architekten, Wissenschaftler und Schriftsteller wie Truman Capote, William Charles Williams und Frank O’Connor. Er wollte verstehen, wie ihre kreativen Köpfe funktionierten.
Das hat er an diesem Tag in Gesellschaft so großer und unterschiedlicher Persönlichkeiten entdeckt:
- Sie waren offen für die Erforschung ihres Inneren. Sie reflektierten, hatten gelernt, wie sie ihre Emotionen analysieren konnten, und waren sich ihrer inneren Bedürfnisse bewusst.
- Diese Menschen hatten die Motivation und den Wunsch, zu lernen, Neues zu entdecken oder der Welt neue Ideen, Konzepte oder Geschichten zu präsentieren.
- Was die moralische Komponente betrifft, stellte er fest, dass die meisten von ihnen edle Werte vertraten.
- Sie akzeptierten einen Mangel an Ordnung. Er hat sie sogar inspiriert.
- Sie hatten einen sehr eigentümlichen Wahnsinn in sich. Manchmal schienen sie kindlich, verspielt und ängstlich, über das Bestehende hinauszugehen. Sie waren bereit, erstaunt zu sein und die einfachsten Dinge zu genießen.
- Sie gingen zudem gern Risiken ein.
Das kreative Gehirn und die Selbstbeobachtung
Ein weiteres Merkmal kreativer Menschen ist ihre Fähigkeit zur Selbstbeobachtung. Sie haben ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und wissen, wie sie ihre Schwächen mit ihren Stärken kombinieren können. Dieser Punkt, an dem wir uns in die Lage versetzen, die eigenen Grenzen, Mängel oder Fehler zu erkennen, ist oft gleichbedeutend mit dem Erreichen guter psychischer Gesundheit und inneren Friedens.
Kreativität hat auf neurologischer Ebene keine Ordnung
Im Jahr 2001 führte der Neurologe Marcus E. Raichle eine interessante Studie über Kreativität durch, die zu erstaunlichen Ergebnissen führte: Das kreative Gehirn ist gänzlich ungeordnet. Wir haben bereits gesehen, dass kreative Innovationen nicht nur auf der rechten Hemisphäre angesiedelt sind. In Wirklichkeit ist Kreativität sogar unglaublich verstreut.
- So sprach Dr. Raichle von dem “Fantasienetzwerk”, das viele Regionen des Gehirns einbeziehe.
- Ein weiterer Prozess, der das kreative Gehirn charakterisiere, sei das, was er als “selbstgenerierte Kognition” bezeichnet. Damit beschreibt er die Fähigkeit, zu träumen, nachzudenken oder den Geist wandern zu lassen.
Nach mehr als 30 Jahren des Studiums kreativer Menschen zeigte Mihály Csíkszentmihály, dass es sich bei hierbei um Menschen mit komplexen Geistern handelt. Es ist, als ob mehr als eine Person in ihrem Gehirn leben würde, als ob ein ganzes Team von Profis an der Arbeit wäre, um Forderungen zu stellen, Hürden zu überwinden und Ideen und Interessen zu entwickeln.
Die Stimmen dieser imaginären Personen sind es, die kreative Menschen motivieren. Aber manchmal können diese auch zu einer Belastung werden. Tatsächlich ist dies eine der größten Herausforderungen für das kreative Gehirn: zu lernen, wie es all diesen Fluss von Ideen, Emotionen und Gedanken kontrollieren kann. Aber auch diese ist zu bewältigen.