Biochemie der Traurigkeit: So beeinflussen Hormone deine Psyche

Traurigkeit ist eine der wichtigsten Emotionen in unserem täglichen Leben. Wenn du weißt, wie die neurobiologischen Mechanismen, die sich dahinter verbergen, funktionieren, kannst du diesen Zustand besser verstehen und gezielt regulieren.
Biochemie der Traurigkeit: So beeinflussen Hormone deine Psyche
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 04. Februar 2025

Traurigkeit lädt dich zur Selbstbeobachtung ein. Vielleicht ziehst du dich zurück, hörst melancholische Musik und bevorzugst das Alleinsein. Diese Reaktion ist kein Zufall – sie folgt einem ausgeklügelten neurobiologischen Mechanismus, der eng mit bestimmten Hormonen verbunden ist. Ihr Ziel ist es, dich innehalten zu lassen und darüber nachzudenken, was deine innere Ruhe und dein emotionales Gleichgewicht stört. Erfahre in diesem Artikel Spannendes über die Biochemie der Traurigkeit!

Rückzug und das Bedürfnis des Alleinseins sind adaptive Antworten auf schwierige Umstände. Dabei spielen zahlreiche chemische Substanzen eine Rolle, die dein Körper freisetzt. Vor allem subkortikale Hirnregionen wie die Amygdala steuern diese Prozesse. Das Wichtigste ist, dass du verstehst: Traurigkeit hat eine Bedeutung und einen Zweck. 

Cortisol – Die Reaktion auf eine „Bedrohung“

Wenn du traurig bist, schüttet dein Nervensystem als Teil seiner natürlichen Stressreaktion Cortisol aus. Doch das ist nicht zwingend negativ – im Gegenteil: Dein Gehirn will, dass du auf das reagierst, was dich verletzt, deine Sicherheit bedroht oder dein Wohlbefinden beeinträchtigt.

In diesen Momenten wird auch dein präfrontaler Kortex aktiv, sodass du reflektieren kannst, was mit dir geschieht. Doch wenn du keinen Weg findest, die Situation zu verarbeiten, bleibt dein Cortisolspiegel dauerhaft erhöht. Dies kann langfristig zu Erschöpfung führen und – wie unter anderem Studien in Scientific Reports zeigen – das Risiko für Depressionen erhöhen.

Hormone wie Cortisol beeinflussen Emotionen wie Traurigkeit oder Angst. Doch vergiss nicht: Emotionen sind weitaus komplexer. Dein Gehirn durchläuft dabei verschiedene Prozesse – auf kortikaler und subkortikaler Ebene – mit dem einzigen Ziel, dich an Herausforderungen und Veränderungen anzupassen.

Serotonin – Der Schlüssel zur emotionalen Stabilität

Serotonin ist nicht nur ein Neurotransmitter, sondern auch ein Hormon, das zahlreiche Körperfunktionen reguliert: von deiner Stimmung über deinen Appetit bis zu kognitiven Prozessen. Wenn du jedoch mit Verlust oder Enttäuschung konfrontiert wirst, kann dein Serotoninspiegel sinken. Das erklärt, warum du dich dann antriebslos fühlst, dein Essverhalten veränderst oder unter Schlafproblemen leidest.

Um dem entgegenzuwirken, kannst du gezielt auf Verhaltensaktivierung setzen: Bewegung, Yoga, Spaziergänge in der Natur oder bewusste Änderungen in deinem Alltag fördern die Serotoninproduktion. Ebenso kann eine tryptophanreiche Ernährung – mit Lebensmitteln wie Bananen, Nüssen oder Haferflocken – unterstützend wirken.

Oxytocin – Das Hormon für soziale Bindung

Wenn eine wichtige Beziehung zerbricht oder dich jemand enttäuscht, entsteht eine tiefe emotionale Wunde. Dabei sinkt dein Oxytocinspiegel – das Hormon, das für soziale Bindung und Vertrauen verantwortlich ist. Fehlt es, fühlt sich Traurigkeit noch intensiver und schmerzhafter an, denn unser Gehirn verarbeitet den Verlust sozialer Bindungen als Bedrohung.

Positive soziale Interaktionen können dieses Defizit ausgleichen. Zuneigung, Nähe und aufrichtige Gespräche steigern die Oxytocinproduktion und wirken wie ein natürlicher Schutzmechanismus gegen Traurigkeit. Eine in Biophysics and Physicobiology veröffentlichte Studie zeigt, wie essenziell dieses Molekül für unser emotionales Wohlbefinden ist.

Traurigkeit entsteht oft durch zwischenmenschliche Erfahrungen. Veränderungen in der Ausschüttung von Hormonen wie Serotonin oder Oxytocin sind eine direkte Folge. In solchen Momenten solltest du gezielt Unterstützung suchen – bei Menschen, die dich verstehen, dir zuhören und dich wertschätzen.

Insulin – Die Verbindung zwischen Stoffwechsel und Stimmung

Nicht jede Traurigkeit hat einen offensichtlichen emotionalen oder sozialen Auslöser. Manchmal liegt die Ursache im Stoffwechsel. Insulin spielt dabei eine entscheidende Rolle, denn dein Gehirn benötigt eine konstante Glukoseversorgung, um optimal zu funktionieren.

Ist dieser Prozess gestört – etwa durch Diabetes, schlechte Ernährungsgewohnheiten oder Bewegungsmangel – kann dies die Serotoninproduktion beeinträchtigen. Daher ist es wichtig, bei anhaltenden Stimmungsschwankungen auch mögliche Stoffwechselstörungen in Betracht zu ziehen. Eine ausgewogene Ernährung und regelmäßige Bewegung tragen wesentlich zu deiner emotionalen Stabilität bei.

Schilddrüsenhormone – Wenn Traurigkeit unerklärlich erscheint

Schilddrüsenhormone wie Thyroxin (T4) und Trijodthyronin (T3) sind für viele Prozesse im Körper verantwortlich – auch für deine Stimmung. Eine nicht erkannte Hypothyreose kann sich durch Apathie, Müdigkeit und anhaltende Traurigkeit äußern.

In Cureus veröffentlichte Studien zeigen sogar einen engen Zusammenhang zwischen Schilddrüsenerkrankungen und Depressionen. Eine frühzeitige Diagnose und gezielte Behandlung können hier entscheidend sein. Wenn deine Traurigkeit scheinbar grundlos ist und lange anhält, lohnt es sich, deine Schilddrüsenwerte überprüfen zu lassen.

Wenn du dich seit längerer Zeit ohne ersichtlichen Grund traurig fühlst, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Manchmal steckt hinter anhaltender Niedergeschlagenheit ein hormonelles Ungleichgewicht, das behandelbar ist.

Weinen als Ausdruck der Traurigkeit – Das Zusammenspiel von Prolaktin und Enkephalinen

Weinen ist eine zutiefst menschliche Reaktion mit physiologischen und sozialen Funktionen. Es fördert Empathie, schafft Verbindung und wirkt gleichzeitig beruhigend. Hinter dem Weinen steckt eine hormonelle Kettenreaktion:

  • Prolaktin wird vermehrt ausgeschüttet, wenn dein Serotoninspiegel sinkt – und das verstärkt den Drang zu weinen.
  • Leucin-Enkephalin, ein körpereigenes Schmerzmittel, wird ebenfalls freigesetzt und lindert emotionales Leiden auf natürliche Weise.

Das zeigt: Weinen ist ein wichtiges Ventil für den Körper, um Stress und Traurigkeit zu regulieren. Es hilft dir, Spannungen zu lösen und emotionale Balance zu finden.

Traurigkeit – Mehr als nur ein biologischer Prozess

Traurigkeit kann dich für ein paar Tage begleiten, verschwindet jedoch in den meisten Fällen von selbst. Sie ist kein Feind, sondern eine Botschaft deines Körpers, die dich dazu einlädt, innezuhalten und über deine Gefühle nachzudenken.

Du solltest sie nicht ignorieren oder mit Ablenkungen überdecken. Stattdessen kannst du lernen, ihre Mechanismen zu verstehen und bewusst mit ihr umzugehen. Denn auch wenn Hormone deine Stimmung beeinflussen, liegt es letztlich in deiner Hand, Wege zu finden, mit der Traurigkeit umzugehen und sie in etwas Konstruktives zu verwandeln.


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  • Nuguru, S. P., Rachakonda, S., Sripathi, S., Khan, M. I., Patel, N., & Meda, R. T. (2022). Hypothyroidism and depression: A narrative review. Cureus14(8), e28201. https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9392461/

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