Beth Thomas: das „Psycho-Mädchen“

Beth Thomas: das „Psycho-Mädchen“

Letzte Aktualisierung: 09. Dezember 2017

Wer in den 80er gelebt hat, erinnert sich vielleicht noch an diesen unglaublichen Fall, der alle Welt in Angst und Schrecken versetzt hat. Bekannt als das „Psycho-Mädchen“ lehrte die kleine Beth Thomas damals ihrer ganzen Familie das Fürchten. Doch hinter ihrem Verhalten verbargen sich schreckliche Geheimnisse, die auch heute noch vielen Gänsehaut bereiten.

Alles, was uns in der Kindheit widerfährt, prägt uns, weswegen eine gesunde emotionale Entwicklung in den ersten Lebensjahren so wichtig ist. Das Problem ist, dass das nicht immer der Fall ist, was zu Problemen führt, die sich erst einige Jahre später zeigen. Genau das passierte Beth, die in ihrem Leben einiges über sich ergehen lassen musste und sich deshalb so verhielt, dass man ihr den Spitznamen des „Psycho-Mädchens“ gab.

Dr. Magid: “Haben deine Eltern Angst vor dir?”
Beht: “Ja.”
Dr. Magid: “Was würdest du ihnen antun?”
Beth: “Sie erstechen.”

(Ausschnitt aus dem Gespräch zwischen Beth und dem Psychologen Ken Magid)

Die Geschichten des Psycho-Mädchens

Beth Thomas verlor ihre Mutter, als sie gerade einmal ein Jahr alt war. Nach diesem Ereignis blieb ihr Vater Erziehungsberechtigter für sie und ihren Bruder, und damit begann eine regelrechte Tortur. Der Vater missbrauchte die beiden Kinder sexuell, wie später von Ärzten entdeckt wurde. Sechs Monate später nahm eine Sozialarbeiterin die beiden Kinder vorübergehend in ihre Obhut, bis diese kurz darauf von einem christlichen Ehepaar adoptiert wurden.

Dieses Paar ging sowohl mit Beth als auch mit ihrem Bruder sehr behutsam um. Man hatte jahrelang versucht, Kinder zu bekommen, aber dieses Glück blieb den Partnern verwehrt. Deswegen waren die beiden Kleinen wie ein Geschenk für sie. Doch Beth begann, Albträume von einem Mann zu haben, „der auf [sie] fiel und [sie] mit einem Teil von ihm verletzte“.

Beth Thomas als kleines Mädchen

Diese Albträume besorgten ihre Adoptiveltern. Aber was ihnen wirklich Sorgen bereitete, waren bestimmte Verhaltensweisen, die Beth an den Tag legte. Sie ging immer gewalttätiger mit ihnen und auch mit ihrem Bruder um, sie tötete sogar ihre Haustiere. Sie zeigte eine unkontrollierbare Wut, die aus etwas tief in ihrem Inneren entstand. Darüber hinaus masturbierte sie zwanghaft in der Öffentlichkeit, bis sie blutete.

Die Eltern beschlossen, Beth zu einem klinischen Psychologen zu bringen, der auf sexuellenn Missbrauch bei Kindern spezialisiert war. Sie brachten sie zu Dr. Ken Magid. Dieser entschied sich zu Beths Wohl dazu, sie einweisen zu lassen.

Bei ihr wurde eine reaktive Bindungsstörung diagnostiziert, die sie daran hinderte, gesunde Beziehungen zu anderen Menschen aufzubauen. Sie musste sich im Krankenhaus bestimmte Gewohnheiten aneignen und Regeln Folge leisten, damit sie die anderen Kinder in der Klinik nicht verletzte. Je mehr sich ihr Zustand verbesserte, desto mehr wurden die Beschränkungen für sie gelockert.

Trotz der Diagnosestellung blieben Zweifel: War Beth Thomas wirklich ein psychopathisches Mädchen oder war sie ein Soziopath? Denn die Psychopathie ist eine angeborene antisoziale Tendenz, ein Zustand, in dem bestimmte Bereiche des Gehirns – die, die mit Gefühlen, der Impulskontrolle und Entscheidungsfindung zusammenhängen – nicht aktiviert werden. Aber bei der Soziopathie spielt die Umwelt eine wichtige Rolle. Im Fall von Beth wäre sie die Folge ihrer “Erziehung”. Die Frage konnte bis heute nicht eindeutig geklärt werden.

„Beth ist von ihrer Familie getrennt und erhält eine ,Bindungstherapie’, die hauptsächlich nach dem Missbrauch von Kindern angewandt wird.“

José Luis Cano Gil

Die ganze in der Klinik geleistete Arbeit ermöglichte Beth, sich anzupassen, um in der Gesellschaft zu leben. Sie lernte, ihre von Wut geprägten Gefühle zu kontrollieren und mit ihren Taten zu leben. Doch Experten wie der spanische Psychotherapeut José Luis Cano sind davon überzeugt, dass Beth gelernt hat, nur so zu tun, als hätte sie alles verarbeitet, da ihr Schmerz und Hass nicht behandelt wurden, sondern lediglich die Folgen ihrer negativen Handlungen.

Beth Thomas als erwachsene Frau

Aber trotz alledem ist Beth mittlerweile Krankenschwester und hält Vorträge über Erziehungsmethoden und die Bindungstherapie. Mit ihren Verdiensten hat sie schon einige Preise gewonnen, die sie zu einer sehr erfolgreichen Frau gemacht haben.  Sie sagt auch von sich selbst, dass sie eine großartige Beziehung zu ihren Arbeitskollegen hätte, und sie hat ein Lächeln, das viel Wärme ausstrahlt.

Der Fall Beth Thomas erinnert uns an die Wichtigkeit einer gesunden Kindheit. Denn wie wir bei diesem Fall gesehen haben, können die Folgen einer grauenhaften Erziehung verheerend sein.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.