9 Fragen über emotionale Intelligenz

Raquel Aldana

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Raquel Aldana.

Letzte Aktualisierung: 09. November 2021

Aristoteles sagte, dass jeder wütend werden könne, denn das sei etwas sehr Einfaches. Aber es sei wirklich schwierig, mit der richtigen Person, zum richtigen Zeitpunkt und auf die richtige Weise wütend zu sein. Diese Feststellung führt uns dazu, über das Konzept der emotionalen Intelligenz zu sprechen. Zudem möchten wir uns auch mit dem komplexen Umgang mit unseren Gefühlen, sowie diverser Bedenken dazu, beschäftigen.

Etliche Male wurde bereits über das Thema der emotionalen Intelligenz gesprochen, doch wissen wir eigentlich, worum es dabei geht? In diesem Artikel möchten wir Begriffe im Zusammenhang mit der emotionalen Intelligenz erklären und Überlegungen zum Thema anstellen.

1. Was ist emotionale Intelligenz?

Gilt man als emotional intelligent, wenn man motiviert ist, ein hohes Selbstwertgefühl hat oder übertrieben optimistisch ist? Die Antwort ist nein. Einigen Lektüren nach zu urteilen, bedeute emotionale Intelligenz, diese doch sehr unterschiedlichen Eigenschaften zu vereinen, aber diese Definition ist zu kurz gefasst.

Seit einigen Jahren hören wir immer wieder, wie wichtig es sei, unsere emotionale Intelligenz und mit ihr unser Selbstwertgefühl zu entwickeln. Am Ende wissen wir jedoch nur, dass es Fähigkeiten sind, die wir erlernen müssen. Dabei ist uns nicht klar, auf welche Weise wir das erreichen können und wie diese Konzepte überhaupt miteinander verbunden sind.

Tatsächlich gehen die Meinungen diesbezüglich auseinander. Es gibt Autoren wie Salovey und Mayer, für die emotionale Intelligenz eine Fähigkeit ist. Daniel Goleman wiederum sieht in ihr eine Reihe von Eigenschaften, die wir besitzen und anstreben sollten, um bestimmte Charakterzüge entwickeln zu können.

Frau mit Liebesbrief in der Hand zwischen herzförmigen Laternen

2. Was bedeutet es, wenn emotionale Intelligenz als ein Persönlichkeitsmerkmal verstanden wird?

Dieses Verständnis ist weitverbreitet, hat jedoch einen Nachteil. Die Person wird hierbei “gezwungen” ein ganzheitlich emotionales Wesen zu sein. Dabei wird emotionale Intelligenz nicht von Empathie, Beharrlichkeit, Motivation usw. unterschieden.

Diese Perspektive erlaubt es uns zwar, den Menschen auf globale Weise zu beschreiben, verknüpft alles miteinander, aber lässt eine Frage aufkommen: Können wir bestätigen, dass wir ein bestimmter Typ von Mensch sind, wenn wir uns auf unsere Emotionen beziehen? Würde es uns gefallen, was andere über uns denken?

Berücksichtigen wir dabei, dass es die Persönlichkeit ist, die weite Bereiche des geistigen Lebens, einschließlich der emotionalen Intelligenz umfasst, und nicht etwa umgekehrt, müssen wir diese Fragen verneinen. Schlussendlich geht es darum, die emotionale Intelligenz in die Persönlichkeit zu integrieren. Sie zu einem Teil von uns zu machen, um eine gewisse emotionale Stabilität zu erlangen.

Emotionale Intelligenz ist die Fähigkeit, Gefühle wahrzunehmen, zu bewerten und auszudrücken. Weiterhin ermöglicht sie es, auf Gefühle, die das Denken erleichtern, zuzugreifen, und kann diese auch erzeugen. Sie lässt uns Emotionen verstehen. Gleichzeitig reguliert sie diese und  fördert das emotionale und intellektuelle Wachstum.

Hand umgreift eine Frau

3. Warum hören wir seit einigen Jahren immer häufiger von der emotionalen Intelligenz?

Die Gesellschaft erwacht, weil Forscher und Medien immer mehr Wert darauf legen, das Konzept der emotionalen Intelligenz zu verbreiten. So erreichte es alle Teile der Welt und gelangte in eine Gesellschaft, die es gewohnt ist, ihre Emotionen zu bestrafen.

Im Allgemeinen glauben wir, dass uns Gefühle, im Moment einer Entscheidung, nicht sonderlich behilflich seien. Wir sind uns allerdings auch bewusst geworden, dass die Moral den Gefühlen nicht überlegen ist. Tatsächlich können wir Emotionen, Gefühle und Empfindungen nicht voneinander trennen.

4. Welche Rolle spielen unsere Emotionen im Alltag?

Emotionen spielen eine wichtige Rolle. Wir können uns keinen Tag vorstellen, ohne etwas zu fühlen, uns zu freuen oder zu fürchten. Vom Aufstehen bis zum Schlafengehen bestimmen Emotionen unser Handeln. Nicht einmal unsere Träume sind frei von Emotionen. Dabei schaffen wir es morgens oft nur, uns an die Empfindungen zu erinnern, die diese Träume in uns ausgelöst haben.

Man kann sagen, dass wir gleichzeitig fühlen und denken. Jede Art von Situation erzeugt in uns eine Emotion. Dies hat Auswirkungen auf den Weg, den wir gehen, und die Entscheidungen, die wir treffen.

Mädchen mit einer Seifenblase in Herzform

5. Was sind unsere typischen Fehler?

Üblicherweise machen wir den Fehler, negative Emotionen gerade deshalb abzulehnen, weil sie schmerzhaft oder unangenehm sind. Mit Ablehnung ist nicht nur das Ignorieren, sondern auch das Bestrafen anderer Gefühle gemeint. Werden wir mit einem Wutanfall eines Kindes konfrontiert, sagen wir oft Dinge wie “Weine nicht”  oder “Ist doch gar nicht so schlimm”. Auf diese Weise vermitteln wir die Botschaft, dass starke Menschen nicht weinen.

6. Sind Emotionen wie Traurigkeit und Wut gesund?

Auf jeden Fall. Diese Bestätigung kann uns verunsichern. Wir müssen aber erkennen, dass negative Emotionen wie Traurigkeit oder Wut keinesfalls ungesund sind. Sie treten in uns auf, weil sie einen bestimmten Auftrag haben.

Wenn wir Gefühle nicht zulassen, hat dies negative Auswirkungen auf uns selbst. Jede Emotion möchte uns etwas mitteilen und davor können wir uns nicht verstecken. Eine Person mit einer Hausstauballergie würde auch niemals auf die Idee kommen, den Staub unter den Teppich zu kehren, nur weil er dann nicht mehr sichtbar ist.

Wenn wir unseren Gefühlen keine Bedeutung beimessen und unser Inneres nicht überprüfen, können wir uns nicht von Lasten befreien. Jede Emotion ist aus einem bestimmten Grund präsent und wir können nicht ignorieren, was sie uns zu sagen hat.

Frau umgeben von Tauben

7. Was passiert, wenn wir unsere Emotionen nicht verstehen?

Die Informationen, die uns das emotionale System liefert, müssen richtig gelesen werden. Scheitern wir daran, treffen wir fehlerhafte Entscheidungen. Die Konsequenz ist, dass wir uns nicht richtig kennen, uns selbst ablehnen und uns sogar bestrafen.

Wie wir bereits sagten, sind Emotionen zu jeder Zeit vorhanden. Je passender unsere Strategien sind, desto erfolgreicher werden wir sein. Unser allgemeines Wohlbefinden hängt von unserer psychischen und physischen Gesundheit ab.

8. Welche Rolle spielen Emotionen am Arbeitsplatz?

Die Arbeitswelt verändert sich. Wir werden nicht nur für unsere gute Ausbildung oder unsere Arbeitserfahrung geschätzt. Es wird auch berücksichtigt, wie wir mit anderen kommunizieren.

Unsere Leistung hängt zu einem großen Teil davon ab, wie wir mit unseren Emotionen und denen anderer umgehen. “Portable skills”  nennt Goleman, der Vater der emotionalen Intelligenz, diese Fähigkeit. Emotionale Intelligenz sagt Erfolg besser voraus, als logische Intelligenz es tut, denn von ersterer werden unsere Flexibilität und unsere Anpassungsfähigkeit bestimmt.

Emotionale Inkompetenz kann mit hohen Kosten für das Unternehmen, für den Arbeitnehmer und die Gesellschaft verbunden sein. Wenn wir also wollen, dass unser Leben funktioniert, können wir diese Tatsache nicht ignorieren und müssen uns schulen.

Schnürsenkel zu einem Herz geformt

9. Was sollten wir als Gesellschaft tun?

Wir müssen noch viel lernen. Eine gute emotionale Erziehung vonseiten der Elternhäuser und Schulen ist wichtig. Damit es eine wahre Revolution geben kann, müssen wir Erwachsene aber zunächst wieder lernen, unsere Emotionen zu verstehen und zu regulieren.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.