3 Arten der Freundschaft nach Aristoteles

3 Arten der Freundschaft nach Aristoteles
Valeria Sabater

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Valeria Sabater.

Letzte Aktualisierung: 15. November 2021

Das Thema Freundschaft hatte in Aristoteles Werken stets einen besonderen Stellenwert. Für ihn war sie ein wertvolles Gut und ein Anreiz für ein glückliches Leben. Er stellte fest, dass wir im Leben drei Arten von Freundschaft finden können. Drei Arten von Bindungen, von denen nur eine fähig ist, zu einer außergewöhnlichen Verbindung zu werden. Diese basiert weder auf reinem Interesse noch entsteht sie zufällig.

Wie wir alle wissen, war Aristoteles ein Universalgelehrter. Sein Wissen, oder besser gesagt seine große Neugier, erlaubte es ihm, beachtliche Kenntnisse in so unterschiedlichen Bereichen wie Logik, Wissenschaft und Philosophie zu erwerben. Lesen wir Werke wie Nikomachische Ethik,  erkennen wir seine Vision vom Menschen. Er beschreibt uns als soziale Tiere, für die Freundschaft zweifellos die befriedigendste Form des Zusammenlebens darstelle. 

“Ohne Freundschaft möchte niemand leben, hätte er auch alle anderen Güter.”

Aristoteles
Vielleicht hatte er zu seiner Zeit keine Möglichkeit, sich die Geheimnisse des Gehirns zu erschließen. Die moderne Wissenschaft konnte uns jedoch zeigen, dass dieses Organ die soziale Interaktion für seine Entwicklung benötigt. Sie dient zudem der geistigen Gesundheit. Wir sind ohne Zweifel soziale Tiere, Geschöpfe, die starke Beziehungen zu unseren Mitmenschen brauchen.

Die drei Arten von Freundschaft, die den Menschen charakterisieren

Oft sehen wir in den klassischen Philosophen eine ehrwürdige, aber distanzierte Quelle der Weisheit. Es sind diese Stimmen der Vergangenheit, die hin und wieder zu informativen Zwecken zitiert werden. Viele dieser uralten Weisheiten scheinen jedoch wenig mit unseren aktuellen Bedürfnissen und Eigenschaften zu tun zu haben. Sie sind weit entfernt von unserer Realität. Es ist jedoch empfehlenswert, sich wieder auf sie zu besinnen, leben wir doch in einer Gesellschaft, die von existenzieller Angst geprägt ist. So ist es uns möglich, authentische Texte zum persönlichen Wachstum zu entdecken. 

Statue von Aristoteles

Nikomachische  Ethik  ist einer von ihnen. Dieses Werk ist eine aufschlussreiche Arbeit darüber, wie man Glück erreichen kann und welche Rolle unsere sozialen Beziehungen dafür spielen. Aristoteles versteht Freundschaft als Austausch, bei dem man lernt, zu empfangen und zu geben. Dabei wird sie aber keinesfalls als Zahlungssystem angesehen. Wir sollten uns daran erinnern, “dass wir keine Gefallen begehren sollten, denn nur, wer unglücklich ist, hängt von ihnen ab. Freundschaft bedeutet vor allem Freiheit, der tugendhafteste Zustand des Seins.”

Etwas, das Aristoteles uns in diesem Werk erklärt, ist, dass es drei Arten von Freundschaft gibt. Wir alle haben auf gewisse Weise bereits Bekanntschaft mit ihnen gemacht.

Die interessierte Freundschaft

Dass wir Menschen uns gegenseitig instrumentalisieren, ist bekannt. Manche tun es öfter, andere hingegen seltener. Einige wiederum verstehen eine Freundschaft im Zusammenhang mit der Hoffnung, einen Nutzen aus ihr zu ziehen.

Wir alle hoffen, dass unsere Freundschaften auf Gegenseitigkeit beruhen und wünschen uns Unterstützung, Vertrauen, gemeinsame Freizeitaktivitäten, usw. Es gibt jedoch auch solche, die Schmeicheleien und Manipulation dazu nutzen, sich einen Vorteil zu verschaffen.

Hand führt eine Marionette

Freundschaft, die nur auf Vergnügen basiert

Diese Art von Freundschaft ist allseits bekannt. Man erlebt sie besonders häufig in der Pubertät. Später, wenn wir selektiver und vorsichtiger werden und geeignete Filter anwenden, ist es üblich, diese Art von Freundschaft mit Argwohn zu betrachten.

Wie unterscheiden sich nun die beiden genannten Freundschaften voneinander? Die interessierte Freundschaft basiert darauf, dass zumindest eine Partei einen persönlichen Vorteil aus ihr ziehen möchte. Sei es in Form von Gefälligkeiten, Kontakten zu anderen Personen oder Anerkennung. Stellt aber Vergnügen die Grundlage einer Freundschaft dar, so geht es vorrangig darum, Spaß zu haben. Wir finden sie bei jenen Personen, die sich an einem leeren und belanglosen Hedonismus orientieren. Dabei wollen sie Zeit mit anderen verbringen, um entspannte Momente zu erleben und sich zu vergnügen. Sobald die andere Person jedoch aufrichtige Unterstützung braucht oder ein Problem auftritt, löst sich der “falsche Freund” in Luft auf. 

“Für Aristoteles besteht Freundschaft darin, für seinen Freund nur das Beste zu wollen und zu versuchen, das zu erreichen. Dieses Streben stellt für ihn selbst ebenfalls eine immense Bereicherung dar.

Die perfekte Freundschaft

Unter den drei von Aristoteles definierten Freundschaftstypen gibt es den Idealfall, der zwar außergewöhnlich, aber keinesfalls unmöglich ist. Es ist diese Freundschaft, die nicht nur existiert, weil sie nützlich ist oder uns Vergnügen bereitet, sondern weil man aufrichtige Wertschätzung für den anderen empfindet. Es gibt eine Art von Altruismus in dieser Verbindung, in der man nicht nur nach einem persönlichen Vorteil strebt. Stattdessen erfreut man sich an gemeinsamen Momenten, daran, den Alltag teilen zu können und stets jemanden bei sich zu haben, auf den man sich stützen kann.

Aristoteles bezeichnet eine solche Freundschaft, die auf Güte beruht, als eine Art der Paarbeziehung. Denn am Ende des Tages sind die wahren Freunde die, die man in sein Herz schließt. Und das sind sehr wenige. Es sind jene Personen, zu denen man ein inniges Verhältnis aufbaut und von denen man hofft, nicht enttäuscht zu werden. Mit ihnen genießt man es, Erfahrungen, Erinnerungen und Versprechen gleichermaßen zu erleben, die weder die Zeit noch die Entfernung zerstören kann.

Drei Frauen bei Sonnenuntergang

Zusammenfassend ist es sehr wahrscheinlich, dass viele von uns zu dieser Zeit die drei Arten von Freundschaft pflegen, die Aristoteles beschreibt: Beziehungen zu Menschen, die etwas von uns wollen; Freunde, die nur Momente des Vergnügens mit uns teilen möchten; und außergewöhnliche Menschen, die uns in allen Lebenslagen begleiten. Nur letztere sind Freunde, die wir gegen nichts in der Welt tauschen dürfen und die unser Leben zu einer einzigartigen Reise machen.


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  • Aristóteles. Ética a Nicómaco. Madrid: Editorial Gredos; 1985.
  • Parkinson C, Kleinbaum A y Wheatley T. Similar neural responses predict friendship. Nature Communications. 2018; 9(1).

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