Pop-Psychologie: Ein gefährlicher Trend?
Die Pop-Psychologie, auch Populärpsychologie oder Alltagspsychologie, erklärt Konzepte und Theorien, die nicht unbedingt akademischen Kriterien entsprechen, sondern vielmehr auf alltägliche Beobachtungen des menschlichen Verhaltens basieren. Vielfach handelt es sich um stark vereinfachte, missverstandene oder falsche Erklärungen, die nicht auf Expertenwissen basieren.
Gutes Marketing, zahlreiche Veröffentlichungen von Nicht-Experten und soziale Medien fördern dieses Phänomen schon seit einigen Jahren. Diese Tendenz, die in den 1950er Jahren als aufrichtiger Versuch begann, das Fachgebiet für die breite Öffentlichkeit zugänglicher zu machen, hat sich in vielen Fällen für zweifelhafte Wege entschieden.
Urbane Mythen im Bereich der Psychologie nähren zahlreiche Posts, die über soziale Netzwerke verbreitet werden. Sie zieren nicht nur Tassen und T-Shirts, sondern auch viele Bücher: “Positive Menschen verändern die Welt”, “Wenn du etwas unbedingt willst, wird das Leben es dir schließlich geben”, “Mit einem Lächeln und Willenskraft kannst du alles erreichen”.
Solche Zauberformeln begegnen uns kontinuierlich, denn die Pop-Psychologie verkauft und überzeugt: Einfache, positive und begeisterungsfähige Ideen triumphieren. Allerdings ist es wesentlich, die Spreu vom Weizen zu trennen, denn viele Botschaften entsprechen nicht der Realität.
Heutzutage gibt es viele Selbsthilfepublikationen, die von Personen ohne psychologische Studien veröffentlicht werden. Dies führt auch zur Popularisierung von Ideen und Theorien, die von der Wissenschaft nicht unterstützt werden.
Was ist Pop-Psychologie? Woher kommt sie?
Tassen mit positiven Sprüchen eignen sich perfekt als hübsches Geschenk oder für den Frühstückskaffee. Bücher oder Artikel über Psychologie haben damit allerdings nichts zu tun. Oft verschwimmen die Grenzen, da die Pop-Psychologie seit mehr als einem Jahrzehnt im Trend liegt.
Natürlich wissen wir, dass das Versprechen “du wirst heute alles erreichen, was du dir vornimmst” in den meisten Fällen nicht zutrifft. Auch wenn es heute “tausend Gründe gibt, zu lächeln”, solltest du dich nicht verurteilen, wenn dir trotzdem nicht danach ist. Der Ursprung dieses Phänomens ist kurios und eine kurze Erklärung wert.
George Miller war 1969 Präsident der American Psychological Association. Dieser renommierte Experte für kognitive Psychologie verkündete seinen Kollegen: Wir müssen der Welt die Psychologie näherbringen! Sein Ziel war tatsächlich sehr positiv. Er wollte die Psychologie der breiten Öffentlichkeit zugänglich machen, das Bewusstsein dafür schärfen und Werkzeuge zur Lösung gesellschaftlicher Probleme anbieten.
Von diesem Moment an erschienen eine Reihe von Fachpublikationen. Der richtige Boom kam jedoch erst in den 1990er Jahren. Psychologie verkaufte sich und war ein Erfolg…
Die schwierige Kunst, Wissen zu verkaufen
Wir empfehlen dir ein sehr interessantes Buch mit dem Titel “The Romance of American Psychology: Political Culture in the Age of Experts”, das von der Historikerin Ellen Herman verfasst wurde. Darin erklärt sie den ungewöhnlichen Boom, den die einst ruhige akademische Disziplin der Psychologie in den 1990er Jahren erlebte.
Plötzlich wurde sie zu einer Stimme der Autorität. Innerhalb kürzester Zeit entstanden zahlreiche Publikationen, von Ratgebern für familiäre und emotionale Angelegenheiten bis hin zu Leitfäden für Regierungspolitiker. Besonders hervorzuheben ist der große Erfolg von Brené Brown, einer Professorin und Forscherin an der Universität von Houston.
Wie in allen Bereichen muss eine akademische und professionelle Disziplin ihren Jargon ändern, wenn sie alle Zielgruppen erreichen will. Plötzlich wurde die Psychologie für alle zugänglich und die Öffentlichkeit war unersättlich. Die Leser wollten lernen, gebildet sein, sich selbst kennenlernen, sich selbst verstehen…. Damals begann der Boom der Selbsthilfepublikationen und der positiven Psychologie.
Zuzätzlich zu diesem Boom der Psychologie in den 1990er Jahren entwickelte sich ein weiteres Phänomen: “der Pop-Psychologe”. Autoren, Entertainer und Coaches wurden als “Experten” erfolgreich, ohne eine psychologische Ausbildung zu haben.
Pop-Psychologie und der Erfolg nicht-wissenschaftlicher Publikationen
Das Ziel der meisten psychologischen Veröffentlichungen ist, Menschen auf seriöse, erfahrene und experimentierte Weise zu helfen. Während des Booms der Pop-Psychologie in den 1990er Jahren und bis heute erfüllen viele Werke qualifizierter Experten, Akademiker und Wissenschaftsjournalisten diese Auflage.
Beispiele dafür sind Daniel Goleman und sein Werk “Emotionale Intelligenz” (1995), Joseph LeDouxs, Autor des Titels “The Emotional Brain” (1996) oder Daniel Kahneman mit seinem Buch “Think Fast, Think Slow” (2011). Es handelt sich um Werke, die von Experten verfasst und empfohlen werden.
Die Pop-Psychologie hat jedoch auch negative Aspekte, denn sie verbreitet zum Teil vereinfachte oder sogar falsche Konzepte. Einige der Ursachen dafür sind folgende:
- Eine große Anzahl von Selbsthilfepublikationen, die von Nicht-Experten geschrieben wurden. Die große Nachfrage nach psychologischen Informationen hat viele Nicht-Experten dazu veranlasst, über diese Themen zu schreiben.
- Zu starke Vereinfachung von psychologischen Konzepten, die bei dem Versuch, die breite Öffentlichkeit zu erreichen, ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren.
- Publikationen, die Psychologie mit Spiritualismus und nicht-wissenschaftlichen Konzepten verbinden. Dies führt dazu, dass in der Psychologie nicht akzeptierte Mythen verbreitet werden.
Die Wichtigkeit, Pop-Psychologie zu erkennen
Die Glücksindustrie verkauft jedes Jahr weltweit Millionen von Büchern. Viele davon basieren auf dem klassischen toxischen (und unwissenschaftlichen) Positivismus, der auf einer ausgeprägt individualistischen Darstellung des Selbst aufbaut. Diese Sichtweise versucht uns unter anderem davon zu überzeugen, dass wir mit Anstrengung tatsächlich alles erreichen können.
In diesem Zusammenhang ist es besonders wichtig, das Marketing des Lächelns von wissenschaftlichen Veröffentlichungen zu differenzieren. Wir dürfen die positive Absicht von George Armitage Miller (APA-Präsident in den 19170er Jahren) nicht vergessen: Psychologie muss der Gesellschaft helfen, ihre Probleme zu lösen.
Um dieses Ziel zu erreichen, muss die Psychologie seriöse, wissenschaftliche und effektive Inhalte anbieten, die von Experten verfasst werden.
Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.
- Herman, Ellen (1996 ) The Romance of American Psychology: Political Culture in the Age of Experts. University of California Press
- Park, N., Peterson, C., Szvarca, D., Vander Molen, R. J., Kim, E. S., & Collon, K. (2014). Positive Psychology and Physical Health: Research and Applications. American journal of lifestyle medicine, 10(3), 200–206. https://doi.org/10.1177/1559827614550277
- Emily Langer (August 3, 2012). “George A. Miller; helped transform the study of psychology; at 92”. Washington Post. January 19, 2013.