Lügen muss gelernt sein
Lügen muss gelernt sein: Kinder kommen nicht mit moralischen Vorstellungen zur Welt, sie müssen diese lernen, auch das Lügen, denn damit entwickeln sie gleichzeitig wichtige soziale Fähigkeiten.
Wenn Kinder lernen, was falsch und richtig ist, lernen sie auch lügen. Sie müssen wissen, wo die Grenze verläuft, was toleriert wird und wann sie zu weit gehen.
Lügen muss gelernt sein
In den ersten Lebensjahren kennen Kinder nur ihre eigene Realität. Sie sind auf ihre Eltern angewiesen, die ihre Bedürfnisse erfüllen. Erst ab etwa vier Jahren hat sich der präfrontale Kortex so weit entwickelt, dass sie fähig sind, sich in andere einzufühlen.
Sie sind jedoch noch nicht in der Lage, zwischen Fantasie und Realität zu unterscheiden. Sie erschaffen sich beim Spielen ihre eigenen Welten und haben imaginäre Freunde. Kinder müssen lernen, wahr und falsch zu unterscheiden und bei diesem Prozess lernen sie auch, zu lügen.
Sobald sie Fiktion und Realität differenzieren, lernen sie, dass Unehrlichkeit keine Tugend ist, andererseits sehen sie auch, dass sich ihre Eltern Ausreden ausdenken oder sie sogar selbst dazu anhalten. Sie lernen zum Beispiel, sich für ein Geschenk zu bedanken und gute Laune zu zeigen, obwohl es ihnen gar nicht gefällt.
Moralische Vorstellungen
Die Theory of Mind bezieht sich auf die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen und ihre Überzeugungen zu verstehen. Erste Ansätze sind schon bei dreijährigen Kindern zu beobachten, doch die Entwicklung dieser Kompetenz braucht Zeit und Erfahrung.
Moralische Normen und Werte leiten Kinder dazu an, die Wahrheit zu sagen und sie werden sich bemühen, diese zu respektieren, da sie von ihren Eltern positiv verstärkt werden. Sobald sie jedoch den Unterschied zwischen Wahrheit und Lüge erkennen, lernen sie auch, dass sie damit die Macht haben, ihr eigenes Verhalten und das anderer zu kontrollieren. Sie erkennen dann natürlich auch, wenn andere nicht die Wahrheit sagen.
Warum lügen Kinder?
Lügen muss gelernt sein, da Kinder damit auch wichtige soziale Kompetenzen erwerben, unter anderem Kommunikationsfähigkeiten und Empathie. Doch warum lügen Kinder?
- Angst. Sie haben etwas falsch gemacht und fürchten die Reaktion ihrer Eltern. Die Kinder haben Angst vor den Konsequenzen der Wahrheit und lügen, um einer Bestrafung zu entgehen.
- Unbeliebte Aufgaben. Sie müssen etwas erledigen, das sie nicht gerne tun. Deshalb versuchen sie die Eltern zu täuschen und behaupten, die Tätigkeit bereits gemacht zu haben.
- Anpassung an Gleichaltrige. Schüchterne oder zurückhaltende Kinder beginnen häufig zu lügen, um sich an ihre Mitschüler anzupassen.
- Mangelndes Verständnis. Manche Kinder wissen noch nicht genau, wann Unwahrheiten toleriert werden können und wann nicht.
- Zu strenge Grenzen. Insbesondere in der Pubertät streben Jugendliche nach Unabhängigkeit und Selbstständigkeit. Wenn die Grenzen zu streng sind und sie sich gefangen fühlen, nutzen sie Lügen, um nicht bestraft zu werden.
- Nachahmung ihrer Vorbilder. Natürlich beobachten Kinder auch ihre Vorbilder. Wenn die Eltern lügen, betrachten sie dies als normal und tun es auch.
Die Aufgabe der Eltern besteht darin, Kindern moralische Werte beizubringen. Sie müssen lernen, was richtig und falsch ist, doch das ist nicht unbedingt ein Kinderspiel. Es handelt sich um einen Lernprozess, der oft das ganze Leben dauert.