Die Beziehung zwischen der sozialen Klasse und der Entmenschlichung

Die Beziehung zwischen der sozialen Klasse und der Entmenschlichung
Roberto Muelas Lobato

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Roberto Muelas Lobato.

Letzte Aktualisierung: 24. April 2023

Entmenschlichung bezieht sich darauf, zu bestreiten, dass andere Personen menschliche Züge haben. Mit anderen Worten bedeutet Entmenschlichung, jemanden als “weniger menschlich” zu betrachten. Im Allgemeinen wird diese Form der Diskriminierung gegenüber Mitgliedern bestimmter Gruppen gezeigt; das heißt, wir betrachten manche Menschen als weniger menschlich und menschenwürdig, weil sie einer bestimmten Gruppe angehören.

Obwohl es zahlreiche Faktoren gibt, die dazu führen, dass sich verschiedene Gruppen bilden, ist einer der wichtigsten die soziale Klasse. Die soziale Klasse ist eine Form der gesellschaftlichen Schichtung, in der eine Gruppe von Individuen ein gemeinsames Merkmal aufweist, das sie auf soziale oder wirtschaftliche Art und Weise miteinander verbindet. So können wir im Großen und Ganzen zwei soziale Klassen unterscheiden: die Reichen und die Armen.

Arroganter Mann

Wie entmenschlichen wir?

Die Entmenschlichung besteht darin, zu glauben, dass jemand weniger menschlich wäre als wir selbst. Es konnte jedoch festgestellt werden, dass es unterschiedliche Formen der Entmenschlichung gibt. Ganz konkret können wir zwei Formen hervorheben: die Animalisierung und die Mechanisierung. Je nachdem, welche humanen Züge wir ablehnen, animalisieren oder mechanisieren wir.

“Die Entmenschlichung, obwohl eine konkrete historische Tatsache, ist kein vorgegebenes Schicksal, sondern das Ergebnis einer ungerechten Ordnung, die bei den Unterdrückern zu Gewalt führt, was wiederum eine Entmenschlichung der unterdrückten Schicht zur Folge hat.”

Paulo Freire

So besteht die Animalisierung im Wesentlichen darin, jene Züge zu leugnen, die ausschließlich menschlich sind. Diese Eigenschaften sind jene, die uns von Tieren unterscheiden. Zum Beispiel unsere kognitive Begabung, die Raffinesse oder zivilisiert zu sein. Auf der anderen Seite umfasst das Konzept der Mechanisierung jenes Verhalten, nach dem wir anderen Eigenschaften absprechen, die zwar typisch für die menschliche Natur sind, aber nicht unbedingt einzigartig in Bezug auf Tiere, wie zum Beispiel Wärme und Emotionalität. Auf diese Art und Weise werden diejenigen, denen ihre menschlichen Eigenschaften aberkannt werden, mit Tieren verglichen, und die Personen, denen sogar jene Natur verleugnet wird, mit unbelebten Objekten, wie Robotern oder Automaten.

Funktionen der Entmenschlichung

Wozu dient die Entmenschlichung? Man könnte sagen, sie erfülle drei Hauptfunktionen. Die Entmenschlichung einer Gruppe dient zunächst der Rechtfertigung von Gewalt. Wenn man davon ausgeht, dass die Mitglieder einer bestimmten Gruppe weniger menschlich wären als wir, überzeugen wir uns eher, dass wir gewisse Rechte über die Mitglieder dieser Gruppe hätten. So lässt sich der Einsatz von Gewalt besser rechtfertigen, wenn sich diese Personen nicht so verhalten, wie wir es von einem Menschen erwarten.

Als zweiten Punkt legitimiert die Entmenschlichung den sogenannten “Status Quo”. Es gibt Gruppen, die einen besseren Status genießen als andere. Eine andere Gruppe hingegen, die bereits entmenschlicht wurde und somit weniger wertgeschätzt wird, hat einen geringeren Status. So wird Überlegenheit gefestigt.

“Es war so schrecklich, dass es schon nicht mehr schrecklich war, sondern unmenschlich.”

 F. Scott Fitzgerald

Der dritte Punkt besteht darin, dass die Entmenschlichung die Moral hemmt. Wir alle haben moralische Werte in uns, die unser Verhalten bestimmten, wie zum Beispiel die Annahme, dass “es falsch ist, zu töten”. Diese Werte gelten jedoch nur für uns Menschen. Wenn wir eine Person nicht mehr als Mensch betrachten, fällt es uns leichter, Gewalt gegen diese anzuwenden, selbst wenn uns unsere Werte im Normalfall daran hindern würden. Denken wir nur daran, wie die Nazis die Juden mit Kakerlaken verglichen haben.

Kinder, die unter einer Wäscheleine sitzen

Die Entmenschlichung nach sozialer Klasse

Unter Klassismus versteht man eine Reihe von Einstellungen, Überzeugungen und Verhaltensweisen, die sich auf andere Menschen beziehen, und zwar in Folge ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Klasse oder ihrem sozioökonomischen Status. Wir können uns dabei sowohl auf benachteiligte als auch auf bevorzugte soziale Klassen beziehen. Mit anderen Worten ist der Klassismus die Unterscheidung von reich/würdig und arm/unwürdig. Eine mögliche Konsequenz des Klassismus ist die Entmenschlichung.

Im Falle der Armen kommt es zur Animalisierung. Die Armen als weniger menschlich betrachtet und mit Tieren auf eine Stufe gestellt. Typische Merkmale, die ihnen aberkannt werden, wären die Höflichkeit, die Fähigkeit, Dinge rational zu betrachten, und die Raffinesse. Die Armen gelten als Tiere, die nicht die Fähigkeit besitzen, aus ihrer Situation aus eigener Kraft zu entkommen.

Was die Reichen betrifft, kommt es nicht zur Animalisierung – manchmal aber zur Mechanisierung. Wir gehen üblicherweise nicht davon aus, dass die Reichen unzivilisiert wären und keinerlei Raffinesse besäßen. Wir neigen jedoch dazu, ihnen Eigenschaften wie Wärme oder Emotionalität abzusprechen. Somit würden wir die Reichen eher als kalt, gefühls- und empathielos betrachten. Wie Maschinen.

Zusammenfassend kann man sagen, dass die Reichen vom Klassisten wie Maschinen und die Armen wie Tiere angesehen werden. Nur die Gruppe der Mittelklasse würde dabei ihren Status als Mensch behalten. Die Folgen davon sind, dass die Armen wir Tiere, also mit Verachtung, behandelt werden, was ein abscheuliches Verhalten der überlegenen Gruppe rechtfertigt. Den Reichen jedoch begegnen wir mit Distanz, Respekt oder Angst, weil wir davon ausgehen, dass sie in der Lage wären, alles zu tun, um ihre Ziele zu erreichen.


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  • Sainz, M., Martínez, R., Moya, M., & Rodríguez-Bailón, R. (2018). Animalizing the disadvantaged, mechanizing the wealthy: The convergence of socioeconomic status and humanity attributions. International Journal of Psychology. doi:10.1002/ijop.12485

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