Vier subtile Formen des psychologischen Missbrauchs

Du kannst dir den subtilen Missbrauch wie den steten Tropfen auf einen Stein vorstellen: Die kleinen Erniedrigungen im Alltag richten mit der Zeit einen riesigen Schaden an. Leider wird diese Art des Missbrauchs meist erst spät erkannt.
Vier subtile Formen des psychologischen Missbrauchs
Angela C. Tobias

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Angela C. Tobias.

Letzte Aktualisierung: 17. Januar 2023

Die subtilen Formen des psychologischen Missbrauchs sind oft schwer zu erkennen. Oft scheinen sie harmlos zu sein, was sie jedoch besonders gefährlich macht. Sie haben für die Opfer verschiedene negative Auswirkungen, die ernsthafter Natur sein können. Die vier Arten des psychologischen Missbrauchs, die wir heute behandeln, können in jeder Beziehung vorkommen. Wir sprechen auch über die Anzeichen, um sie möglichst schnell identifizieren zu können.

Subtile Formen des psychologischen Missbrauchs

Die subtilen Formen des Missbrauchs bleiben oft unerkannt. Sie sind zweideutig und deshalb sind die Absichten des Aggressors oft schwer zu erkennen. Studien zeigen jedoch, dass diese Formen viel häufiger vorkommen als offensichtlicher Missbrauch, wie zum Beispiel körperliche Gewalt. Die Auswirkungen können jedoch ebenfalls schwerwiegend sein.

Frau leidet an subtilen Formen des psychologischen Missbrauchs

Da die Aggression meist erst spät erkannt wird und viele Opfer ihre Gefühle unterdrücken und schweigen, erhalten sie meist erst dann Hilfe, wenn die Situation bereits unerträglich ist. Den Opfern fällt es sehr schwer, der Situation zu entkommen.

Der versteckte psychologische Missbrauch kann mit “harmlosen” Kommentaren beginnen. Der Aggressor äußert sich abwertend und demütigend. Er verseucht, die Kontrolle zu bewahren und erpresst sein Opfer. Dieses Verhalten kann nicht nur in einer Paarbeziehung vorkommen, sondern auch zwischen Eltern und Kindern oder in Freundschaften.

Das Opfer glaubt in vielen Fällen, der Liebe nicht würdig zu sein. Es fühlt sich schuldig und erkennt nicht, dass eine subtile Art psychologischen Missbrauchs vorliegt.

1. Schweigen, eine Art des psychologischen Missbrauchs

Durch Schweigen zeigen Täter ihren Opfern, dass sie sie ignorieren. Es handelt sich um eine verdeckte Erpressung, doch der Angreifer wird so lange nicht damit aufhören, bis die andere Person seinen Wünschen nachgibt.

Schweigen gibt die  emotionale Unreife des Täters und seine schlechten Kommunikationsfähigkeiten zu erkennen. Die Folgen für das Opfer können allerdings sehr schädlich sein. Denn ignoriert zu werden, führt zu Gefühlen wie Angst, Traurigkeit, Wut und vor allem zu Unruhe. Das Opfer gibt sich selbst die Schuld an der Situation; es versteht nicht, warum es so behandelt wird.

2. Gaslighting

Bei Gaslighting handelt es sich um eine psychische Gewalt, mit der der Täter erreicht, sein Opfer zu desorientieren und zu manipulieren, bis es das eigene Realitätsbewusstsein verliert. Das Opfer ist nicht mehr fähig, selbst zu urteilen und zweifelt an seiner eigenen Wahrnehmung und an seinen Erinnerungen.

Bei dieser Form des psychologischen Missbrauchs geht der “Gaslighter” so weit, bis das Opfer die Wahrnehmung der eigenen Realität infrage stellt. In der Folge zweifelt die betroffene Person immer mehr an sich selbst, sie weiß nicht mehr, was wirklich passiert ist und verliert ihr Selbstvertrauen. Das Opfer befindet sich in einer Situation extremer Verwundbarkeit.

Weitere Folgen sind starke Abhängigkeit, Depersonalisierung und Kontrollverlust. Die Opfer glauben, verrückt zu werden und die Kontrolle über ihr Leben zu verlieren.

3. Übertriebener Schutz, eine Art des psychologischen Missbrauchs

Es geht in diesem Fall nicht darum, jemanden zu beschützen. Die übertriebene Fürsorge kann eine subtile Form des psychologischen Missbrauchs sein. Das Opfer verliert damit seine Eigenständigkeit und die Fähigkeit, selbst Entscheidungen zu treffen.

Dabei gibt es viele Abstufungen, doch allen ist gemein, dass das Opfer nicht in der Lage ist, Grenzen zu setzen. Es möchte Enttäuschungen vermeiden, leidet jedoch durch den übertriebenen Schutz an Angst, Abhängigkeit und einer geringen Frustrationstoleranz. Dadurch wird das tägliche Leben des Opfers stark eingeschränkt.

4. Der Loyalitätskonflikt

Dieses subtile Art des psychologischen Missbrauchs kommt meist bei getrennten Paaren mit gemeinsamen Kindern vor. Die getrennten Elternteile tun in diesem Fall ihr Bestes, um die bedingungslose Loyalität des Kindes zu erreichen. Das Kind wird dadurch gezwungen, sich für eines der Elternteile zu entscheiden.

Der Aggressor wertet den Ex-Partner vor den Kindern ab und gibt diesen die Rolle des Richters, redet ihnen ein schlechtes Gewissen ein, weil sie den anderen Elternteil mögen. Die Folgen dieser Art von Missbrauch bei Kindern sind Angstzustände und psychische Störungen und können die emotionale Stabilität ernsthaft beeinträchtigen.

Vier subtile Formen des psychologischen Missbrauchs


Subtile Formen des psychologischen Missbrauchs

Die subtilen Formen des psychologischen Missbrauchs kommen langsam zur Wirkung, sind jedoch auf lange Sicht sehr schädlich. Sie zehren am Selbstwertgefühl des Opfers und verursachen Angst, Wut und Unruhe. Du kannst dir das wie den steten Tropfen auf einen Stein vorstellen: Die kleinen Erniedrigungen im Alltag richten mit der Zeit einen riesigen Schaden an. Leider wird diese Art des Missbrauchs meist erst spät erkannt.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.