Vernunft ist die Intelligenz der Mutigen

Vernunft ist die Intelligenz der Mutigen

Letzte Aktualisierung: 01. November 2017

Wer Vernunft betont, wird von uns oft herablassend angeschaut, weil wir denken, dass er langweilig sei. Auf der anderen Seite neigen wir dazu, Mut mit Wagemut zu verwechseln, und ignorieren dabei, dass es der schmale Grat der Vernunft ist, der sie voneinander trennt. Eine mutige Person berücksichtigt ihre Ängste, während eine wagemutige Person sie missachtet und sie nicht in ihre Entscheidungen einfließen lässt. Deshalb verlieren mutige Personen kaum etwas. Wagemutige Personen dagegen handeln leichtsinnig und fallen ihrer verzerrten Risikowahrnehmung nicht selten zum Opfer.

Aufgrund ihres großen Verlangens danach, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen, versammeln letztere oft Gruppen um sich. Dahinter steckt ein tiefes Bedürfnis nach Bestätigung durch andere, welches sie durch unangemessene Kommentare zu stillen versuchen. Sie versuchen, andere für sich zu gewinnen, verlieren sie aber auch schnell wieder. Grund dafür ist, dass sie die Nebenwirkungen der von ihnen eingesetzten Mittel nicht beachten. Denn wenn jemand wagemutig und leichtsinnig ist, hören andere auf, ihm zu vertrauen.

Wie kommunizieren vernünftige Personen und wie verhalten sie sich?

Vernünftige Personen verhalten sich anderen gegenüber respektvoll. Sie erzählen weder Geheimnisse weiter, noch meiden sie den Blick ihres Gegenüber oder lösen in ihm Unbehagen aus. Vernünftige Personen haben oft sehr enge Freundschaften, weil sie Vertrauen ausstrahlen und das von ihrer Umwelt auch wahrgenommen wird.

Mädchen im Feld blickt uns in die Augen.

Personen, die die Vernunft praktizieren, haben keine Angst vor der Stille. Sie müssen das Gespräch nicht mit einem unnötigen Monolog füllen, damit andere ihnen ihre Aufmerksamkeit schenken.

Sie sind Menschen, die wissen, wie man zuhört, und die es respektieren, wenn ihr Gegenüber mit dem Sprechen an der Reihe ist. Das ist etwas, das ganz wichtig ist, wenn wir wollen, dass andere die Zeit genießen, die sie mit uns verbringen.

Eine vernünftige Person reflektiert über sich und ihr Verhalten. Sie denkt über die Wirkung ihrer Worte nach und hat so gelernt, wann, in welchem Zusammenhang und in welchem Moment es angebracht ist, sich mitzuteilen. Fehler zu machen ist menschlich – auch Vernunft schützt uns davor nicht. Es ist wichtig, aus Irrtümern zu lernen und uns an sie zu erinnern, bevor wir das nächste Mal sprechen. Obwohl die Momente, in denen wir nicht das gesagt haben, was wir wollten, in unserem Gedächtnis tief verankert sind, passiert es doch viel häufiger, dass wir einen Fehler machen, eben weil wir uns unbedacht äußern.

Personen, die die Vernunft wertschätzen, neigen auch dazu, empathisch zu sein. Sie geben sich und anderen genug Raum, was heißt, dass sie höhere Ebenen der Intimität erreichen können. Mit ihren Werten wie Respekt und Loyalität wirken sie auf ihre Mitmenschen langfristig attraktiver als ihr wagemutiges, immerzu quasselndes Pendant.

Vernunft üben, ist das möglich?

Wie wir gesehen haben, ist Vernunft sehr gut geeignet, um unsere sozialen Beziehungen zu stärken. Wir vermitteln anderen so, dass wir höfliche und respektvolle Personen sind, auf die man zählen kann.

Und zum Glück können wir die zuvor gestellt Frage bejahen: Vernunft üben ist definitiv möglich! Dazu musst du aber konsequent sein und der Psychologin Patricia Ramirez zufolge die nachstehenden Überlegungen anstellen. Wenn diese Übungen wiederholt werden, können wir uns nach zu nach zu einem jener Menschen entwickeln, wie wir sie im vorigen Absatz beschrieben haben.

  • Überlege, ob es der richtige Ort und die richtige Zeit ist, um etwas zu sagen: Oft erzählen wir einander intime Geheimnisse, unsere eigenen und die von anderen, allerdings unter Umständen, die sich dafür nicht anbieten. Wir müssen zuerst überlegen, ob unser Gegenüber jetzt überhaupt hören will, was wir ihm erzählen wollen, und die Situation passt. Und wenn nicht, ist es besser, unsere Weisheit zunächst für uns zu behalten.
  • Überlege, ob du jemanden hintergehen würdest, wenn du etwas sagst: Wenn du im Begriff bist, etwas Intimes über eine andere Person oder ein Geheimnis zu erzählen, das dir anvertraut wurde, denke zweimal darüber nach. Wenn du ein Geheimnis weitererzählst, werden andere denken, dass du keine Geheimnisse für dich behalten kannst. Sie werden dir nicht mehr vertrauen, weil du ihnen das Bild einer illoyalen Person gibst.
Freundinnen erzählen sich Geheimnisse
  • Überlege, ob das, was du im Begriff bist zu sagen, zu intim ist, um es zu teilen: Wollen andere wirklich all deine intimen Details erfahren? Wohl nicht. Es gibt gewisse Themen, über die du nicht mit jedem sprechen kannst, egal wie sehr ihr euch verbunden fühlt. Wir sollten wissen, mit wem und mit wem wir worüber offen sprechen können.
  • Überlege, ob du die Erlaubnis dafür hast, zu teilen, was du sagen willst: Wenn es dir untersagt ist, über etwas zu sprechen, dann tu es nicht. Du bist nicht der Eigentümer dieser Kenntnisse, die dir überbracht wurden, also überlass es der Person, die der Protagonist der Geschichte ist, sie zu erzählen.
  • Übe aktives Zuhören: Es ist nicht das Sprechen, sondern das Zuhören, das wichtig ist. Und wir alle mögen es, wenn uns zugehört wird. Sprich nicht des Sprechens halber, und vor allem unterbrich die anderen nicht. Höre zu und formuliere deine nächste Frage. Habe keine Angst vor Schweigepausen, da diese eine gute Möglichkeit darstellen, um die andere Person entscheiden zu lassen, in welche Richtung sie das Gespräch lenken will.
  • Gib nicht deinen Senf dazu, wenn du nicht danach gefragt wurdest: Es ist wirklich nervig, wenn jemand meint, immer alles besser zu wissen. Es ist besser, wenn man fragt, ob jemand einen Rat braucht, bevor man es wagt, einen zu geben. Was für uns gewinnbringend ist, ist es nicht zwangsläufig für die andere Person. Vielleicht hat dein Gegenüber auch mehr Ahnung vom Thema als du.
Freundinnen bei Tisch sprechen miteinander
  • Kritisiere nicht, wenn du nichts Konstruktives anbietest: Wenn deine Kritik niemandem hilft, warum diese äußern? Alles, was wir über andere sagen, sollte ihnen helfen, sich weiterzuentwickeln, und nicht zerstören.
  • Tue keinen Gefallen, wenn du eine Gegenleistung erwartest: Gefallen sind dafür da, anderen zu helfen, und sollten ohne die Intention erfolgen, etwas dafür zurückzubekommen. Wir sollten weder erwarten, etwas im Gegenzug zu erhalten, noch damit prahlen, jemandem einen Gefallen getan zu haben.

Worauf wartest du noch, um Vernunft zu üben? Respekt, Höflichkeit, Loyalität und Vertrauen sind Werte, die nicht genug geschätzt werden können.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.