Es gibt einen großen Unterschied zwischen aufgeben und wissen, wann es genug ist

Es gibt einen großen Unterschied zwischen aufgeben und wissen, wann es genug ist

Letzte Aktualisierung: 14. Oktober 2017

Es gibt Geschichten, Beziehungen und Verbindungen, von denen man irgendwann nichts mehr hat. Sie sind wie eine Leine, die zu sehr unter Spannung steht; wie ein Komet, der entkommen will und den wir nicht festhalten können; wie ein Zug, der pünktlich losfahren will und den wir nicht aufhalten können. Etwas gehen zu lassen, zeugt keinesfalls von Feigheit oder fehlender Standhaftigkeit, denn zu wissen, wann es genug ist, zeugt von purem Mut.

Wenn es etwas gibt, auf das wir nicht vorbereitet sind, dann darauf, uns von für uns wichtigen Menschen zu distanzieren oder nicht länger Zeit und Energie in ein Projekt, eine Aufgabe oder Beziehung zu stecken, die uns nur noch in unserem Wachstum behindert, obwohl sie selbiges einst gefördert hat. Wir sagen, wir seien nicht bereit, denn unser Gehirn sträubt sich gegen Veränderungen, weil für dieses wundervolle und intelligente Organ jeglicher Bruch mit der Routine oder unseren Gewohnheiten ein Sprung ins Leere bedeutet, was Angst auslöst.

“Es reicht!”, schrie das Herz. Und auf einmal waren sich das Herz und das Gehirn über etwas einig.

Diese Gewohnheit unseres Gehirns, uns immer am selben Ort, bei den gleichen Aufgaben und in Gesellschaft der gleichen Menschen verweilen zu lassen, führt dazu, dass es für uns so schwierig ist, die Grenzen unserer Komfortzone zu überschreiten. Diese beinahe obsessive Zuneigung dem anderen gegenüber lässt uns glauben, noch ein bisschen mehr ertragen zu können und zu entscheiden: „Ich werde noch ein bisschen länger warten, um zu sehen, ob sich etwas ändert.“

Dennoch wissen wir ganz genau, dass es bestimmte Veränderungen gibt, die sich niemals ereignen werden, und dass wir hin und wieder zu lange warten, obgleich wir in unserem Inneren längst wissen, dass es genug ist. Uns wurde auf ganz klassische und ungerechtfertigte Weise beigebracht, dass das, was dich nicht tötet, nur stärker macht, und das wir aufgeben würden und fehlende Willenskraft zeigten, wenn wir von etwas oder jemandem abließen.

Das ist nicht nur ein Problem, sondern vielmehr ein unaufhörlicher und zerstörerischer Zustand der Unzufriedenheit. Sie breitet sich so sehr in unserem Körper aus, dass uns schlichtweg die Luft zum Atmen genommen wird. Sich, zumindest für eine Zeit lang, von diesen Situationen zu distanzieren, ist zweifellos mutig und gesund.

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Zu wissen, wann es genug ist, ist nicht immer eine einfache Aufgabe

Wenn wir stolpern, hinfallen und uns verletzen, wollen wir uns augenscheinlich heilen und wir verstehen sofort, dass es besser ist, das, was uns zum Fallen gebracht hat, zu meiden, weil es gefährlich ist. Wieso tun wir nicht auch das Gleiche in unseren Beziehungen und auch in jedem anderen Lebensbereich, in dem wir ebenfalls Schmerz oder Leid erfahren? Die Antwort auf diese einfache Frage umfasst so komplexe wie zerbrechliche Aspekte.

So oft wir das vielleicht auch zu hören bekommen, sollte zuallererst gesagt sein, dass es im Leben keine Gehsteige mit Schlaglöchern oder Wege voller Stolpersteine gibt. Solche Metaphern hören wir oft, aber das Problem besteht darin, dass die Gefahren im wirklichen Leben niemals so klar umrissen sind wie ein Schlagloch. Wir Menschen tragen um unseren Hals kein Schild, auf dem wir andere davor warnen, wie wir sind, wie wir lieben oder welche Absichten wir verfolgen. Zweitens sollten wir nicht vergessen, dass wir alle Wesen mit verschiedenen Bedürfnissen sind: das Bedürfnis nach Zuneigung, Akzeptanz, Gesellschaft, Freiheit, Sexualität und Freundschaft. Und diese Bedürfnisse ändern sich auch, denn wir Menschen sind von Natur aus dynamisch.

Diese Variablen haben zur Folge, dass wir uns dazu gezwungen sehen, tatsächlich in diese Leere zu springen, um etwas auszuprobieren, um etwas zu erleben und sogar um zu überleben. Manchmal geben wir den falschen Menschen eine zweite und dritte Chance, weil unser Gehirn pro-sozial eingestellt ist und der Verbindung immer mehr Wert zuschreibt als der Distanz, dem Bekannten immer mehr als dem Unbekannten.

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All das hilft uns dabei, zu verstehen, warum es uns so schwerfällt, zu akzeptieren, wenn etwas die Grenze überschritten hat, wenn die Nachteile die Vorteile bei Weitem übersteigen und wenn unser eigener Verstand sich wahrhaft wie unser Feind verhält, weil er uns immer wieder vorsagt: “Gib nicht auf, gib dich nicht geschlagen.“  Jedoch ist es notwendig, dass wir unserem Gehirn etwas Grundlegendes und Wichtiges beibringen: Wer sich von etwas verabschiedet, das schädlich ist und ihn unglücklich macht, gibt nicht auf, sondern überlebt.

Lerne, deinen „süßen Punkt“ zu finden

Unseren „süßen Punkt“ zu finden, bedeutet, unser mentales und emotionales Gleichgewicht ausfindig zu machen. Hierbei geht es darum, zu jeder Zeit zu wissen, was für uns ideal und angemessen ist. Dabei sollten wir nicht ungesagt lassen, dass diese Fähigkeit nicht in Verbindung mit der Intuition steht, sondern mit dem, was wir objektiv gelernt und bis ins Detail dank unserer Erfahrungen, Beobachtungen und Schlussfolgerungen verinnerlicht haben.

„Nichts ist genug für denjenigen, für den genug wenig ist.“

Epikur

Der „süße Punkt“ ist darüber hinaus dieser Zustand, in dem alles, was wir erhalten, was wir tun und worin wir Zeit und Kraft investieren, einen Nutzen für uns hat und uns zufriedenstellt. Aber sobald die Wolken des Stresses, der Verwirrung, der Angst, der Tränen oder der extremen Erschöpfung aufziehen, erreichen wir einen „bitteren Punkt“ – eine nicht gerade gesunde Zone, aus der wir schleunigst wieder einen Ausweg finden sollten.

Die Komfortzone

Diese einfache Strategie kann in jedem unserer Lebensbereiche angewandt werden. Diesen süßen Punkt zu finden, zeugt von Weisheit und ist ein persönliches Hilfsmittel, mit dem wir uns selbst daran erinnern können, dass alles in diesem Leben eine Grenze hat, dass wir nicht aufgeben, wenn wir wissen, dass es genug ist, sondern dass wir verstehen, wo unsere Grenzen sind. Die Rede ist hier von diesem Grat, der das Glück vom Unglück trennt und die Möglichkeiten von den Unmöglichkeiten.

Wir sollten gleich heute diesen süßen Punkt in unseren Alltag integrieren, um unsere Lebensqualität zu verbessern.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.