Das CHC-Modell: Aufbau und Struktur der menschlichen Intelligenz

Es gibt zahlreiche Theorien zur menschlichen Intelligenz. Heute stellen wir das CHC-Modell vor, das Intelligenz hierarchisch organisiert.
Das CHC-Modell: Aufbau und Struktur der menschlichen Intelligenz
Gorka Jiménez Pajares

Geschrieben und geprüft von dem Psychologen Gorka Jiménez Pajares.

Letzte Aktualisierung: 11. Februar 2023

Welche Eigenschaften zeichnen Menschen mit hoher Intelligenz aus? Psychologen befassen sich schon seit mehr als 150 Jahren mit dieser Frage, die zur Entwicklung verschiedenster Theorien und Modelle geführt hat. Wir skizzieren heute das CHC-Modell, das den Aufbau und die Struktur der menschlichen Intelligenz erklärt.

Die Definitionen von Intelligenz sind sehr umfangreich, deshalb gibt es auch eine Vielzahl von Tests und Fragebögen, um Intelligenz zu messen (zu den bekanntesten zählen die Wechsler-Intelligenzskalen). Wir wissen heute, dass es multiple Intelligenzen (Howard Gardner) gibt und dass klassische IQ-Tests nur Teilbereiche der Intelligenz messen.

“Gesunder Menschenverstand ist nicht so weit verbreitet.”

Voltaire

CHC-Modell über den Aufbau und die Struktur der menschlichen Intelligenz

Das CHC-Modell

Das CHC-Modell ist das Ergebnis verschiedener Intelligenztheorien. Der Name dieses Modells leitet sich von den Forschern Raymond Bernard Cattell, John L. Horn und John B. Carroll ab. Es enthält eine Vielzahl an Variablen, die intelligentes Verhalten ermöglichen, darunter sowohl genetische als auch erworbene Fähigkeiten. Das Ziel dieses Modells ist, die menschliche Intelligenz begreiflich zu machen, indem es die hierarchischen Strukturen aufzeigt und verschiedene Vorstellungen zusammenfasst.

“Intelligenz ist hierarchisch organisiert.”

John Horn

Hierarchisches 3-Schichten-Modell

Es handelt sich um ein hierarchisches Intelligenz-Modell, das auf drei Schichten (Strata) aufbaut:

  • Allgemeine Intelligenz (g-Faktor): Schicht 3
  • 10 breite Fähigkeitsbereiche: Schicht 2
  • 73 enge Fähigkeitsbereiche: Schicht 1

Die 10  Fähigkeitsbereiche

Fluide Intelligenz

Die fluide Intelligenz ist weitgehend genetisch bedingt. Sie ist die Grundlage jedes Lernens und ermöglicht es uns, logische Schlussfolgerungen zu ziehen und auf Neues flexibel zu reagieren. Diese angeborene Intelligenz ermöglicht uns logisches und abstraktes Denken. Eine Voraussetzung dafür ist unter anderem eine gute Verarbeitungsgeschwindigkeit, die uns hilft, uns an unerwartete Situationen anzupassen. Die fluide Intelligenz erreicht ihren Höhepunkt bereits in einem Alter von 25 Jahren, danach wird sie langsam abgebaut.

Auf Schicht I finden wir hier unter anderem folgende engen Fähigkeitsbereiche: 

  • Induktives Denken
  • Sequenzielle Schlussfolgerungen
  • Quantitative Schlussfolgerungen

Die kristalline Intelligenz umfasst Lebenserfahrungen und Allgemeinbildung. 

Kristalline Intelligenz

Diese Art der Intelligenz bezieht sich auf Erfahrungen und Gelerntes. Sie ist das Ergebnis der unwiederholbaren Geschichte jedes einzelnen Menschen, die durch die Umwelt geprägt wird. Sie umfasst explizites Wissen (z. B. Faktenwissen) und implizit Gelerntes (z. B. Autofahren oder Rechnen). Die kristalline Intelligenz entwickelt sich im Laufe des Lebens und hat großes Potenzial, solange keine Krankheit vorliegt.

Damit zusammenhängende enge Fähigkeitsbereiche (Schicht I) sind unter anderem:

  • Allgemeines verbales Wissen
  • Lexikalisches Wissen
  • Sprachentwicklung

“Metaphorisch gesehen kann kristalline Intelligenz als ein Diamant dargestellt werden, der durch die Umweltbedingungen, in denen er sich entwickelte, und durch Lernerfahrungen verändert und geschliffen (bearbeitet) wurde.”

Ángeles Sánchez-Elvira

Frau denkt über das CHC-Modell nach

Zusätzlich zu fluider und kristalliner Intelligenz umfasst das CHC-Modell weitere acht Fähigkeitsbereiche:

  • Visuelle Verarbeitung: Es geht um die Fähigkeit, visuelle Inhalte wahrzunehmen, zu analysieren, zu manipulieren und in Beziehung zu setzen. Auf Schicht I finden wir in diesem Zusammenhang unter anderem das visuelle Gedächtnis und räumliche Beziehungen.
  • Auditive Verarbeitung: Die Wahrnehmung auditiver Reize und die Fähigkeit, sie zu unterscheiden, sie zu analysieren und zu verändern. Schicht I umfasst unter anderem das Gedächtnis für Klangmuster und die Klanglokalisation.
  • Verarbeitungsgeschwindigkeit: Die Fähigkeit, kognitive Prozesse schnell und automatisch auszuführen (z. B. einfache Rechenaufgaben oder das Wissen, dass die Hauptstadt von Italien Rom ist). Wir benötigen diese Fähigkeit für praktisch alle intellektuellen Aufgaben. Unter den engen Fähigkeitsbereichen finden wir hier unter anderem die Rechengeschwindigkeit und die Wahrnehmungsgeschwindigkeit.
  • Reaktionsgeschwindigkeit: Die Fähigkeit, rasch auf grundlegende Probleme oder Situationen zu reagieren und die richtige Antwort oder eine einfache Lösung zu finden. Schicht I umfasst unter anderem die Geschwindigkeit des mentalen Vergleichs und die Entscheidungsgeschwindigkeit.
  • KurzzeitgedächtnisDie Fähigkeit, eine begrenzte Anzahl neuer Informationen aufzunehmen, kurzfristig zu speichern und zu bearbeiten. Wir können uns in der Regel bis zu fünf Informationseinheiten merken: 5 Namen, 5 Zahlen usw. Die engen Fähigkeitsbereiche umfassen Kapazitäten wie Arbeitsgedächtnis, Lernfähigkeit und Gedächtnisspanne.
  • Langzeitgedächtnis: Die Fähigkeit, Informationen langfristig zu speichern und wieder abzurufen. Hier geht es um die Effizienz der Speicherung und die Möglichkeit, die Informationen Minuten, Tage, Monate oder Jahrzehnte später wieder abzurufen. Auf Schicht I finden wir hier unter anderem das assoziative Gedächtnis und die Benennungsgeschwindigkeit.

“Die Verarbeitungsgeschwindigkeit kann durch einfache intellektuelle Aufgaben gemessen werden, bei denen fast jeder eine richtige Antwort geben könnte, wenn er genug Zeit hätte.”

Ángeles Sánchez-Elvira

Auf das Zusammenspiel kommt es an

Das Zusammenspiel der verschiedenen Fähigkeitsbereiche ist die Voraussetzung für Intelligenz. Wenn wir grundlegende Fähigkeiten verbessern, wirkt sich das auch auf die fluide Intelligenz positiv aus. Wir können beispielsweise das Arbeitsgedächtnis durch tägliches Training oder das induktive Denken durch spezifische Übungen fördern. 


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