Warum können manche Menschen keine Hilfe annehmen?

Warum können manche Menschen keine Hilfe annehmen?
Sergio De Dios González

Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 12. Juli 2023

Hin und wieder treffen wir auf eine dieser Personen, die keine helfende Hand akzeptieren. Üblicherweise gehören diese Personen zu einem von zwei Typen Mensch: Entweder helfen sie zwar anderen gern, können aber selbst nur schwer Hilfe annehmen. Oder sie gehören zu denen, die von niemandem Hilfe akzeptieren, selbst wenn sie ernsthaft in Schwierigkeiten sind.

In beiden Fällen kann die Situation sehr frustrierend für die Menschen in ihrem Umfeld sein. Wenn wir solchen Menschen begegnen, können wir nur schwer verstehen, warum sie keine Hilfe annehmen, selbst wenn sie dringend Hilfe brauchen. Oft wird das Problem zum Ärgernis und könnte als Nachlässigkeit oder mangelnde Lösungsbereitschaft fehlinterpretiert werden.

“Das größte Drama ereignet sich, wenn Menschen danach streben, die Not zu bekämpfen; noch dramatischer ist es für den Menschen, der gern helfen würde.”

Oliver Goldsmith

In der Realität ist das alles nicht so einfach. Der Grund, warum manche Menschen Hilfe ablehnen, liegt meist in einer unterbewussten Problematik. Obwohl sie leiden und die Hilfe anderer benötigen, haben sie ein großes Problem damit, sich auf andere zu verlassen. Eine mentale Blockade könnte der Grund dafür sein. Gut möglich ist auch, dass ihnen gar nicht bewusst ist, dass sie ihre Einstellung dahingehend ändern sollten.

Menschen, die anderen helfen, aber selbst keine Hilfe annehmen

Es gibt relativ viele Menschen, die zwar immer für andere da sind, selbst aber nicht um Hilfe bitten oder diese annehmen können. Diese Menschen identifizieren sich damit, zu geben, aber nicht zu nehmen. Sie glauben, antworten zu müssen, wenn andere in Not sind. Gleichzeitig kümmern sie sich ganz allein um ihre eigenen Bedürfnisse oder vernachlässigen diese sogar.

Egal was sie tun, sie erlauben anderen nicht, ihnen zu helfen. Möglicherweise verhalten sie sich deswegen so, weil sie denken, sie müssten die Aufgaben ihres Lebens allein meistern und dürften sich Erfolge nicht erschleichen. Vielleicht denken sie auch, dass es ihrem Selbstbild eines unabhängigen Individuums nicht entspräche, wenn sie Hilfe annehmen. Gleichzeitig können sie das Empfangen von Hilfe als äußerst beschwerlich empfinden. Aus all diesen Gründen kann es zu Schamgefühlen kommen.

Es gibt auch Personen, die anderen nicht erlauben, ihnen zu helfen, weil sie bei anderen keine Schuldigkeiten aufbauen möchten. Sie verstehen nicht, dass das Helfen vielen Menschen eine Art von Zufriedenheit schenkt. Es entstehen dadurch keine Verpflichtungen. Manchmal müssen wir ihnen das wohlwollend erklären, damit sie es verstehen.

Ein Mädchen sitzt auf einem Stuhl. Eine engelsgleiche Person beugt sich herab und berührt ihr Gesicht.

Hilfe brauchen, aber keine annehmen

Andererseits gibt es Menschen, die anderen nicht erlauben, ihnen zu helfen, auch wenn sie gerade in ernsthaften Schwierigkeiten stecken. Man bemerkt schnell, dass sie zwar Hilfe brauchen, aber sobald man ihnen eine Hand entgegenstreckt, lehnen sie ab. Typischerweise passiert dies bei Menschen mit Abhängigkeiten (z. B. Drogen oder Alkohol). Für sie ist es normal, die helfende Hand zurückzuweisen. Manchmal macht sie die angebotene Hilfe auch wütend.

In diesen Fällen kommt es auch vor, dass diese Menschen noch nicht einmal mehr zugeben können, dass sie ein Problem haben. Ein Teil ihres Problems besteht darin, dass sie das Problem verleugnen. Bei abhängigen Menschen kommt dies häufig vor, aber auch bei Menschen, die an Depressionen oder Angstzuständen leiden, sich dessen aber nicht bewusst sind oder deren Sicht darauf verzerrt ist.

Ein Mann legt seinen Kopf auf seinen Armen ab. Er wirkt depressiv.

Seltsamerweise erschaffen diese Menschen selbst das Symptom, indem sie ihre Reaktion auf die Umwelt anpassen. Diese Reaktion erleichtert es ihnen, mit dem eigenen Leben klarzukommen. Anpassen heißt in diesem Fall, dass sie es sich selbst erlauben, die Realität in einer eigenen Art und Weise zu interpretieren, um besser mit ihr zurechtzukommen.

Zum Beispiel gibt sich jemand, der depressiv ist, gern mal dem Irrglauben hin, er sei übersensibel, anstatt sich einzugestehen, dass sein Empfinden aus einer psychischen Krankheit resultiert. Dieser Irrglaube erlaubt es ihnen, eine Erklärung für ihren Lebensumstand zu finden und einfach weiterzumachen, obwohl dies großes Leiden nach sich zieht.

Was macht man mit Menschen, die niemandem gestatten, ihnen zu helfen?

Bei Menschen wie im ersten Fall, nämlich denen, die jedem helfen, aber keine Hilfe annehmen, sollte man versuchen, die Situation zu klären. Zeige ihnen auf wohlwollende Weise, dass du ihnen helfen willst, weil du sie aufrichtig wertschätzt. Sage ihnen, dass es für dich sehr erfüllend sei, ihnen eine Hand zu reichen, und dass es für dich keine großartige Bemühung oder Aufopferung bedeute.

Bei den Menschen vom zweiten Typ ist die Lage deutlich komplexer. Sie nehmen Hilfe nicht an, obwohl sie sie dringend brauchen. In diesem Fall musst du geduldig und feinfühlig sein. Sei da, zeige Interesse und akzeptiere sie erst einmal so, wie sie sind. So können sich diese Menschen viel leichter öffnen und dich Anteil nehmen lassen. Das Wichtigste ist es, sie nicht mit dem Ziel unter Druck zu setzen, dass sie sich ändern. Oft ist man so besorgt, dass man in Versuchung gerät, dies zu tun. Jedoch würde dein Einfluss sie dann verletzen, obwohl er noch so gut gemeint war.

Eine Frau liegt mit dem Gesicht nach oben im Wasser. Das Wasser ist kurz davor, in Mund und Nase einzudringen.

Wir müssen das Tempo und den Lebensrhythmus des anderen respektieren. Oft brauchen Menschen, die keine Hilfe annehmen, einfach nur etwas Zeit, um zu verstehen, wie sehr sie ihnen ihr Leben erleichtern könnte. In den schwersten Fällen sollte man sich in professionelle Hände begeben. Dort wird man dann darüber beraten, wie man sich am besten verhält.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.