Negative Verstärkung und ihre Rolle im Lernen und Verhalten

Erfahre anschließend Interessantes über dieses mächtige Werkzeug, das effektive und nachhaltige Veränderungen fördern kann.
Negative Verstärkung und ihre Rolle im Lernen und Verhalten
Sharon Laura Capeluto

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Sharon Laura Capeluto.

Letzte Aktualisierung: 24. Juli 2024

Die negative Verstärkung spielt beim Lernen eine wesentliche Rolle und beeinflusst unser Verhalten. Anders als bei der Bestrafung, bei der unerwünschtes Verhalten durch negative Konsequenzen reduziert wird, geht es in diesem Fall darum, gewünschtes Verhalten zu stärken, indem eine unangenehme Reizsituation entfernt wird.

Wenn zum Beispiel ein Schüler regelmäßig seine Hausaufgaben macht, um dem Ärger seiner Eltern zu entgehen, wird sein Verhalten durch negative Verstärkung beeinflusst. Diese Strategie kann in vielen Bereichen des Lebens beobachtet werden: in der Schule, der Kindererziehung, am Arbeitsplatz oder auch beim Training von Haustieren.

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Die Rolle der negativen Verstärkung im Lernen ist bedeutend, da sie dazu beiträgt, Verhaltensweisen zu formen und zu stabilisieren. 

Was ist negative Verstärkung?

Nach der Theorie der operanten Konditionierung von B. F. Skinner steigt oder sinkt die Wahrscheinlichkeit unseres Verhaltens in Abhängigkeit von den Konsequenzen, die wir daraus ziehen. In diesem Rahmen entsteht das Konzept der negativen Verstärkung, das darin besteht, einen unangenehmen Reiz auszulöschen, um ein gewünschtes Verhalten zu verstärken.

Diese Technik ist ein nützliches Instrument in Beziehungen und zur persönlichen Selbstregulierung.

Hauptmerkmale

Die Technik der negativen Verstärkung ist eine Möglichkeit, Verhalten zu verändern. Wenn zum Beispiel eine Lehrkraft sagt, dass Schüler, die sich im Unterricht anstrengen, keine zusätzlichen Hausaufgaben bekommen, wendet sie diese Strategie an, um sie zu mehr Aufmerksamkeit und Beteiligung zu bewegen. Diese Methode zeichnet sich durch folgende Aspekte aus:

  • Erzeugung intrinsischer Motivation: Negative Verstärkung motiviert das Individuum von innen heraus, um unangenehme Reize zu vermeiden.
  • Unmittelbare Ergebnisse: Diese Technik führt oft schnell zu sichtbaren Verhaltensänderungen.
  • Assoziatives Lernen: Durch das Entfernen eines negativen Reizes wird das gewünschte Verhalten mit positiven Ergebnissen verknüpft.
  • Gefühl der Erleichterung oder des Wohlbefindens: Die Entfernung des unangenehmen Reizes führt zu einem sofortigen Gefühl der Erleichterung.
  • Verstärkung erwünschten Verhaltens: Ein erwünschtes Verhalten wird verstärkt oder ein unerwünschtes Verhalten reduziert, indem ein negativer Reiz wegfällt.

Negative Verstärkung kann in verschiedenen Kontexten eingesetzt werden: in der Erziehung, in der Elternschaft, in der klinischen Psychologie oder am Arbeitsplatz.

Ist negative Verstärkung eine Bestrafung?

Ein häufiger Fehler ist, diese Technik mit Bestrafung oder Vergeltung zu verwechseln. Bestrafung führt einen unangenehmen Reiz als Konsequenz einer Handlung ein, während negative Verstärkung umgekehrt funktioniert: Der aversive oder unangenehme Reiz wird entfernt, nachdem das gewünschte Verhalten eingetreten ist. Um auf das obige Beispiel zurückzukommen: Der Lehrer oder die Lehrerin gibt keine zusätzlichen Hausaufgaben (unangenehmer Reiz), wenn sich die Schüler im Unterricht anstrengen (gewünschtes Verhalten). Das Ziel ist, Engagement im Unterricht zu erreichen.

Positive und negative Verstärkung

Positive und negative Verstärkung sind beides Konzepte aus der operanten Konditionierung, die darauf abzielen, das Auftreten eines bestimmten Verhaltens zu erhöhen. Der Unterschied liegt in den Mechanismen, durch die sie das Verhalten beeinflussen.

Die positive Verstärkung tritt auf, wenn ein angenehmer oder belohnender Reiz nach einem bestimmten Verhalten hinzugefügt wird, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass dieses Verhalten in Zukunft wiederholt wird. Ein Beispiel: Ein Schüler erhält ein Lob, da er die Hausaufgaben gut gemacht hat. Er soll dadurch dazu angeregt werden, auch in Zukunft fleißig zu arbeiten.

Die negative Verstärkung tritt auf, wenn ein unangenehmer oder aversiver Reiz entfernt wird, nachdem ein bestimmtes Verhalten gezeigt wurde, um die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen, dass dieses Verhalten in Zukunft wiederholt wird. Wir haben bereits ein Beispiel im schulischen Umfeld gesehen, diese Strategie kommt jedoch auch in anderen Kontexten vielfach zum Einsatz. Zum Beispiel: Ein Autofahrer hört auf, einen Warnton zu hören, wenn er seinen Sicherheitsgurt anlegt, was ihn dazu bringt, den Gurt auch in Zukunft sofort anzulegen.

Beide Methoden sind effektiv, um gewünschte Verhaltensweisen zu verstärken, nutzen jedoch unterschiedliche Ansätze zur Motivation. Einige Autoren halten allerdings die Unterscheidung zwischen positiver und negativer Verstärkung für zweideutig oder irrelevant.

Alltägliche Beispiele für negative Verstärkung

Wir nutzen diese Methode oft unbewusst in unserem Alltag. Es ist eine Taktik, die Eltern anwenden, um ihre Kinder dazu zu bringen, ihr Zimmer aufzuräumen. Sie wird jedoch auch von Führungskräften genutzt, damit zum Beispiel ihr Team pünktlich im Büro erscheint.

Ein Blick auf alltägliche Beispiele in verschiedenen Kontexten hilft, das Konzept besser zu verstehen.

Am Arbeitsplatz

Negative Verstärkung kann ein wertvolles Instrument sein, um Mitarbeiter zu motivieren und ihre Leistung zu verbessern:

  • Wenn ein Team die monatlichen Ziele erreicht, entfällt die Verpflichtung, am Freitagnachmittag zu arbeiten.
  • Schafft es ein Team, eine niedrige Fehlerquote in der Produktion zu halten, muss es keine zusätzlichen Schulungen besuchen.
  • Ein Mitarbeiter, der ein hohes Produktivitätsniveau nachweist, wird von der Pflicht befreit, sich täglich beim Vorgesetzten zu melden.

In der Erziehung

Diese Strategie ist wirksam, um das Verhalten von Kindern zu formen und die gewünschte Einstellung zu fördern:

  • Wenn sich dein Kind vor dem Schlafengehen ohne Widerstand die Zähne putzt, vermeidet es die Konsequenz, dass du wütend wirst.
  • Wenn sich dein Kind für eine Beleidigung entschuldigt, entspannst du dich und zeigst einen ruhigeren Gesichtsausdruck.
  • Bei einem Ausflug in den Park kann dein Kind die Konsequenz vermeiden, früher gehen zu müssen, indem es deine Anweisungen zur Sicherheit befolgt.

Es ist wichtig, dass die positive Konsequenz klar und direkt mit dem Verhalten verknüpft ist, das du verstärken möchtest. Außerdem sollte diese Taktik nicht zu häufig oder zwanghaft eingesetzt werden, da dies kontraproduktiv sein könnte.

Auf persönlicher Ebene

Diese Technik kann auch zur Selbstkontrolle und zur Entwicklung neuer gesunder Gewohnheiten verwendet werden:

  • Wenn du montags, mittwochs und freitags trainierst, gönnst du dir am Samstag und Sonntag eine Pause.
  • Erfüllst du unter der Woche deine Arbeitspflichten, kannst du am Wochenende komplett abschalten.
  • Wenn du sofort aufstehst, wenn der Wecker klingelt, vermeidest du die Unannehmlichkeiten des mehrfachen Alarms und den Stress, um pünktlich zur Arbeit zu kommen.

Einige dieser Konsequenzen treten von selbst ein, während andere bewusst eingesetzt werden. Wenn du verstehst, wie die negative Verstärkung funktioniert, kannst du sie zu deinem Vorteil nutzen und dich motivieren.

Ein motivierendes Werkzeug

Die negative Verstärkung ist ein mächtiges Werkzeug in der Verhaltenspsychologie, das uns hilft, bestimmte Verhaltensweisen zu fördern und zu stärken. Ob in der Erziehung, am Arbeitsplatz oder bei der persönlichen Entwicklung – das Verständnis und die richtige Anwendung dieser Technik können zu signifikanten Verbesserungen führen. Wenn die negative Verstärkung bewusst und gezielt zum Einsatz kommt, handelt es sich um ein motivierendes Werkzeug, das persönliches und kollektives Wachstum ermöglicht.


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  • Baron, A., & Galizio, M. (2006). The distinction between positive and negative reinforcement: Use with care. The Behavior Analyst, 29, 141-151. https://link.springer.com/article/10.1007/BF03392127
  • Dean, P. J., & Ripley, D. E. (2000). Los principios de la mejora del rendimiento: Modelos para el aprendizaje en la organización. Editorial Centro de Estudios Ramón Areces, S. A.
  • Ferster, C. B., & Skinner, B. F. (1957). Multiple schedules. En C. B. Ferster & B. F. Skinner, Schedules of reinforcement (pp. 508–584). Appleton-Century-Crofts. https://psycnet.apa.org/record/2004-21805-010

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