Pathological Demand Avoidance (PDA) im Autismusspektrum: Was ist das?

Wir sprechen heute über eine Ausprägung im Autismusspektrum, welche die soziale Kommunikation stark beeinträchtigt.
Pathological Demand Avoidance (PDA) im Autismusspektrum: Was ist das?
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 15. Februar 2023

Der Begriff Pathological Demand Avoidance (kurz PDA) beschreibt die zwanghafte Ablehnung von alltäglichen Anforderungen, die von anderen Personen gestellt werden. Es kann sich allerdings auch um Handlungen aus Eigeninitiative handeln, die nicht gelingen und deshalb zu einer zwanghaften Anforderungsvermeidung führen. Wir sprechen über eine Ausprägung im Autismusspektrum, welche die soziale Kommunikation stark beeinträchtigt.

Erfahre heute mehr über dieses Vermeidungsverhalten, das entsteht, da Betroffene durch alltägliche Erwartungen extremen Druck verspüren.

Mädchen im Autismusspektrum zeigt Pathological Demand Avoidance (PDA)
Pathological Demand Avoidance ist eine Ausprägung im Autismusspektrum.

Pathological Demand Avoidance (PDA): Was ist das?

Das PDA-Profil im autistischem Spektrum ist noch nicht ausreichend erforscht. Dieser Begriff wurde erstmals von der Psychologin Elizabeth Newson verwendet, erregte jedoch erst vor ein paar Jahrzehnten die Aufmerksamkeit der Wissenschaftsgemeinschaft.

Der Begriff Pathological Demand Avoidance bezieht sich auf den Widerstand, den Anforderungen im täglichen Leben auslösen. Nicht die Tätigkeit selbst löst diese Ablehnung hervor, sondern die Tatsache, dass sie von anderen Personen oder der Gesellschaft gefordert wird. Betroffene entwickeln verschiedene Strategien, um Anforderungen im Alltag zu umgehen.

Das PDA-Profil entwickelt sich in der Kindheit, bleibt jedoch meistens auch im Erwachsenenalter vorhanden. Wie kommt es dazu? Betroffene haben bei Anforderungen das Gefühl zu verlieren, da sich die andere Person in einer Autoritätsposition befindet. Wenn ein Kind beispielsweise aufgefordert wird, einen gefährlichen Gegenstand nicht zu berühren, reagiert es genau gegenteilig.

Personen mit PDA-Profil haben das Gefühl, ihre Autonomie zu verlieren, wenn sie bei einer Aufgabe angeleitet werden. Sie empfinden dies als Bedrohung und Kontrollverlust, deshalb reagiert ihr Nervensystem, um zu versuchen, die Kontrolle durch verschiedene Strategien wiederzuerlangen:

  • Aktive Ablehnung der Forderung
  • Vermeidung durch Themawechsel, Ausreden oder Prokrastination
  • Gegenteilige Reaktion

Wenn sich die betroffene Person der Forderung nicht entziehen oder die Kontrolle nicht zurückgewinnen kann, entwickelt sie teilweise große Angst, die zu einem Nervenzusammenbruch führen kann.

Was wird als Anforderung wahrgenommen?

Diese Reaktion der Ablehnung, des Kampfes oder der Flucht kann bei jeder Person auftreten. Bei einer pathologischen Anforderungsvermeidung wird sie jedoch sehr häufig ausgelöst, auch wenn es sich um alltägliche, unwichtige Dinge handelt. Einige Beispiele:

  • Direkte Aufforderungen: “Du musst das Bett machen”.
  • Fragen: “Was möchtest du essen?
  • Zeitpläne und Fristen für die Erfüllung einer Aufgabe.
  • Sich verändernde, neue oder unsichere Situationen, über die Betroffene keine Kontrolle haben.
  • Aufgaben, die das Gefühl der Verpflichtung auslösen, auch wenn es sich um persönliche Bedürfnisse handelt (biespielsweise zu einer bestimmten Zeit aufstehen oder essen).
  • Situationen, in denen eine Forderung oder Erwartung an die Person gestellt wird. Ein Kompliment oder eine Anerkennung kann beispielsweise als Aufforderung verstanden werden, bei zukünftigen Gelegenheiten die gleiche Leistung zu erbringen.
  • Ereignisse oder Situationen, die zu einer Reizüberflutung führen.

Kurz gesagt: Unangenehme Situationen, die Unbehagen verursachen, die Routine verändern oder kein Interesse wecken, werden vermieden. Aber auch Freizeitaktivitäten oder Grundbedürfnisse können als Forderung wahrgenommen werden, die dieses zwingende Bedürfnis auslöst, sie zu vermeiden.

Pathological Demand Avoidance (PDA) im Autismusspektrum: betroffenes Kind
Pathological Demand Avoidance ist eine Reaktion auf die Überforderung durch Anforderungen und den Kontrollverlust.

Pathologische Anforderungsvermeidung: Was tun?

Personen mit PDA-Profil reagieren nicht absichtlich mit emotionale Ausbrüchen oder Vermeidungsverhalten. Es handelt sich um eine Störung im Autismusspektrum, Betroffene können dieses Verhalten nicht kontrollieren.

Wissenschaftler haben festgestellt, dass Personen mit dem PDA-Profil aufgeschlossen und kommunikativ wirken, deshalb können ihre Bedürfnisse und Besonderheiten unerkannt bleiben. Sie haben allerdings Schwierigkeiten, soziale Codes zu verstehen und intensive Emotionen zu bewältigen. Außerzem zeigen sie zwanghafte oder eingeschränkte Interessen.

Die Pathological Demand Avoidance erfordert großes Verständnis: Die betroffene Person selbst und ihre Familie müssen lernen, mit dieser Realität umzugeben und nötige Anpassungen und Veränderungen vornehmen. Dazu gehören unter anderem folgende:

  • Anforderungen können verschleiert werden: Bei Kindern kann man sie in ein Spiel verwandeln, bei Erwachsenen versuchen, sie angenehmer oder erträglicher zu machen.
  • Geteilte Anforderungen können für Betroffene einfacher sein: Im Team oder zusammen mit einer anderen Person können sie sich besser fühlen.
  • Erklärungen und das Gefühl, dass sie selbst die Kontrolle bewahren, sind wichtig. Personen mit PDA-Profil müssen verstehen, dass eine Anforderung notwendig ist und sie diese selbstständig erfüllen können. Man kann Kindern beispielsweise Wahlmöglichkeiten geben. Erwachsene benötigen beispielsweise im beruflichen Umfeld Flexibilität und geringe Hierarchien.
  • Die betroffene Person benötigt Zeit ohne Anforderungen, in der sie sich frei fühlen kann.

Personen mit PDA-Profil müssen sich über ihr pathologisches Vermeidungsverhalten bewusst werden und verstehen, welche Strategien sie anwenden, um sie vermeiden zu können. Sie können so lernen, sich besser anzupassen und Ängste abzubauen. Professionelle Unterstützung ist sehr wichtig. Die Forschung über Pathological Demand Avoidance steckt leider noch in den Kinderschuhen, Aufklärung und Informationen sind für Eltern und Fachkräfte eine dringende Voraussetzung, um Betroffenen helfen zu können.


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