Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen

Laut der Weltgesundheitsorganisation ist es immer üblicher geworden, Kindern und Jugendlichen Psychopharmaka zu verschreiben.
Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen
Sara Viruega

Geschrieben und geprüft von der Fachapothekerin Sara Viruega.

Letzte Aktualisierung: 08. Mai 2023

Geisteskrankheiten sind eine der größten Epidemien des 21. Jahrhunderts. Unzählige Statistiken belegen den besorgniserregenden Anstieg des Konsums von Medikamenten gegen Angststörungen und Antidepressiva. Was jedoch noch auffalender ist, ist die Tatsache, dass es heute durchaus üblich ist, auch Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen zu verschreiben.

Laut einer Studie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) stieg die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die Psychopharmaka einnehmen, zwischen 2005 und 2012 drastisch an.

Nach Angaben der WHO leiden rund 20 % der Kinder und Jugendlichen an psychischen Erkrankungen oder Störungen, und etwa die Hälfte dieser Erkrankungen manifestiert sich vor dem 14. Lebensjahr. Leider bleiben sie oft unentdeckt und unbehandelt. Was noch schlimmer ist, ist, dass psychische Störungen eine der Hauptursachen für Krankheiten und Behinderungen in unserer jungen Bevölkerung sind.

Viele Studien haben gezeigt, dass psychische Störungen zwar genetisch bedingt sind, die Umwelt eines Menschen jedoch auch eine wichtige Rolle spielt.

Viele Faktoren können dein Risiko erhöhen, ein psychisches Leiden zu entwickeln, insbesondere in der Kindheit und Jugend. Zum Beispiel familiäre Probleme wie Scheidung oder Vernachlässigung in der Erziehung, sowie körperlicher, geistiger oder sexueller Missbrauch, Stress, Drogenmissbrauch usw.

Du musst auch daran denken, dass gerade die Jugend und Kindheit kritische Zeiten für die Entwicklung einer Person sind. Zuallererst baust du deine Persönlichkeit in der Kindheit auf und diese Zeit bestimmt in gewissem Maße dein späteres Erwachsenenleben. Die Pubertät ist auch eine entscheidende Zeit, die von physischen, emotionalen und sozialen Veränderungen geprägt ist.

Deshalb sollten Prävention und Förderung der psychischen Gesundheit Vorrang haben. Hier wird es auch wichtig, die besten Umgebungen dafür herauszustellen. Die Familie ist der Schlüssel dazu, aber auch die Schule und die allgemeine Gesellschaft spielen eine wichtige Rolle.

Ein Kind öffnet den Mund weit, um eine Pille einzunehmen.

Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen

Psychopharmaka zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen sollten immer mit einer psychosozialen Therapie einhergehen.

Die medikamentöse Behandlung von psychischen Störungen ist mittlerweile weit verbreitet. Früher war die Therapie die einzige Behandlung, da die vorherrschende Überzeugung war, dass die Probleme der Kinder umweltbedingt waren. Es gab auch nicht genügend Studien zur Sicherheit und Wirksamkeit von Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen.

Dies hat sich in den letzten Jahren geändert. Es gibt viel mehr Forschung zu diesem Thema. Es ist jedoch immer noch üblich, dass junge Menschen Medikamente verschrieben bekommen, die nicht in ihrem richtigen Verhältnis stehen (Compassionate Use, zu Deutsch etwa: „Anwendung aus Mitgefühl“).

Du musst ebenfalls daran denken, dass bei der Entwicklung von Kindern und Jugendlichen die pharmakokinetischen Reaktionen nicht mit denen von Erwachsenen übereinstimmen. Gleiches gilt für ihre Neurotransmissionsprozesse, die für Psychopharmaka von entscheidender Bedeutung sind. Mit anderen Worten: Es ist gefährlich, auf der Grundlage von Studien über Erwachsene Annahmen über Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen zu treffen.

Die häufigsten Psychopharmaka, die Kindern und Jugendlichen verschrieben werden, sind:

  • Antidepressiva:
    • Trizyklisch: Amitriptylin, Amoxapin, Desipramin, Doxepin, Imipramin usw.
    • Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs): Fluoxetin (zum Beispiel Prozac).
    • Norepinephrin-Wiederaufnahmehemmer (NRIs): Atomoxetin zur Behandlung der Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS).
  • Antipsychotika:
    • Aripiprazol, Asenapin, Cariprazin, Clozapin usw.
    • Risperidon (Risperdal) zur Behandlung von autismusbedingten Verhaltensproblemen.
  • Benzodiazepine:
    • Alprazolam (Xanax), Clobazam, Clonazepam, Diazepam usw. zur Behandlung von Angststörungen und Schlafstörungen.
  • Psychostimulanzien:
    • Methylphenidat (Ritalin) zur Behandlung von ADHS.
Ein junger Mensch, der ein Glas Wasser hält, während er sich darauf vorbereitet, eine Pille einzunehmen, symbolisiert den Gebrauch von Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen.

Das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Psychopharmaka bei Kindern und Jugendlichen

Im Jahr 2004 empfahl die spanische Agentur für Medizin- und Gesundheitsprodukte, SSRIs bei Kindern und Jugendlichen nicht zu verwenden, da sie sich als nicht wirksam erwiesen haben und das Risiko für Selbstmordattentate erhöhen. Darüber hinaus wurde in diesem Alter kein einziger SSRI für die Behandlung von Depressionen zugelassen.

2016 veröffentlichte ein Forscherteam in der Zeitschrift The Lancet eine faszinierende Studie über den Einsatz von Antidepressiva bei Kindern und Jugendlichen. Sie führten eine systematische Überprüfung und Metaanalyse aller zu diesen Arten von Medikamenten veröffentlichten Aufsätze durch. Sie konnten die Wirksamkeit von 14 Antidepressiva zur Behandlung schwerer depressiver Störungen bei jungen Menschen im Alter von 9 bis 18 Jahren vergleichen.

Die Ergebnisse waren schockierend. Nur Fluoxetin war wirksamer als Placebos. Keines der anderen Antidepressiva hatte ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis. In anderen Studien wurden einige dieser Medikamente, wie Venlafaxin, sogar mit einem höheren Selbstmordrisiko bei Teenagern in Verbindung gebracht.

Obwohl diese Ergebnisse Alarm schlagen sollten, solltest du sie nicht als die absolute Wahrheit ansehen. Es müssen weitere Untersuchungen durchgeführt werden, weshalb du keine laufende Behandlungen abbrechen solltest. Jeder Fall ist anders.

Wichtig ist, dass du immer den Anweisungen des Arztes folgst, da er das Nutzen-Risiko-Verhältnis jeder möglichen Behandlung für seine Patienten am besten beurteilen kann.


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