Forensische Neuropsychologie: Aufgaben und Anwendung

Erfahre in unserem heutigen Artikel, welche Aufgaben die forensische Neuropsychologie hat und wann sie zum Einsatz kommt.
Forensische Neuropsychologie: Aufgaben und Anwendung
María Paula Rojas

Geschrieben und geprüft von der Psychologin María Paula Rojas.

Letzte Aktualisierung: 17. Januar 2023

Die Neuropsychologie untersucht die Funktionen des Gehirns, unter anderem das Denkvermögen, die Aufmerksamkeit, das Sprachvermögen, motorische Fertigkeiten, Persönlichkeits- und Verhaltensänderungen, emotionale Störungen und visuelle Wahrnehmungsstörungen. Die forensische Neuropsychologie ist ein Teilgebiet dieser Disziplin, das sich vorwiegend mit Fragen im Rahmen der psychologischen Begutachtung und Straftäterbehandlung beschäftigt.

In unserem heutigen Artikel erfährst du mehr über die forensische Neuropsychologie und ihre Aufgaben. Lies weiter!

Forensische Neuropsychologie: Aufgaben und Anwendung

Forensische Neuropsychologie: Was ist das?

Die forensische Neuropsychologie ist ein Teilbereich der Rechtspsychologie. Forensische Neuropsychologen beschäftigen sich mit Störungen von Menschen, die ein Verbrechen begangen haben. Sie erstellen unter anderem Gutachten, um vor Gericht die Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen zu unterstützen und die Beweisführung zu ermöglichen. Ihre wissenschaftlichen Untersuchungen geben Aufschluss über mögliche neuropsychologische Ursachen der Verbrechensentstehung.

1960 wurde erstmals ein Psychologe als Zeuge vor Gericht geladen. In dem Prozess ging es um Jenkins gegen die USA. Das Berufungsgericht erkannte damals die Nützlichkeit von Expertenmeinungen bei psychischen Erkrankungen an. Dennoch wurde die forensische Psychologie erst in den 80er Jahren bekannt.

Begünstigt wurde das durch eine Vielzahl von Faktoren, wie zum Beispiel:

  • Mehr Studien über die Beziehung zwischen Verhalten und Kognition.
  • Erklärungsansätze für das Vorhandensein, die Art sowie die Lokalisation von Erkrankungen des Zentralnervensystems.
  • Diagnose von Störungen und die Beschreibung des verhaltensbezogenen und mentalen Profils neurologischer Erkrankungen.
  • Die Auswirkung von Störungen auf die Fähigkeit im psychosozialen Bereich.
  • Erstellung von Prognosen.
  • Entscheidungen über die am besten geeigneten Maßnahmen.

Forensische Neuropsychologie: Ziele und Aufgaben

Wie bereits erklärt, handelt es sich um ein Teilgebiet der klinischen Neuropsychologie, bei dem dieselben Modelle, Methoden und Instrumente zum Einsatz kommen. Des Weiteren verwendet diese Disziplin viele Methoden der Forensik, um die Bedeutung einer möglichen Störung für eine spezifische Rechtsfrage zu untersuchen. 

Die wichtigsten Aufgaben der forensischen Neuropsychologie in Straf- und Zivilprozessen hängen mit der Beantwortung folgender Fragen zusammen:

  • Welche Funktionsstörungen liegen vor?
  • Wie beeinflussen diese das tägliche Leben der betroffenen Person?
  • Welche Konsequenzen hat die Störung, wie sieht die Prognose aus?
  • Welcher Zusammenhang besteht mit der Straftat, in die die betroffene Person verwickelt ist?

Es geht also unter anderem darum, eine zuverlässige Diagnose der Störung zu stellen, ein Gutachten auszustellen, Straftäter zu behandeln und zu rehabilitieren und die Glaubhaftigkeit von Zeugenaussagen zu untersuchen.

Neuropsychologische Gutachtene: Wo liegt der Unterschied zwischen dem klinischen und forensischen Ansatz?

Ein neuropsychologisches Gutachten wird nach einer gründlichen Diagnose verfasst. Dabei ist wichtig zu beachten, dass verschiedene Fachgebiete unterschiedliche Ziele und Ansätze haben. Hier sind einige Unterschiede und Gemeinsamkeiten:

Gemeinsamkeiten:

  • Klinische Anamnese: Die medizinische und soziale Entwicklungsgeschichte der betroffenen Person wird erfasst.
  • Spezifität der Verletzung: Die Experten informieren über den Ort der Verletzung und die ursächlichen Faktoren.
  • Veränderungen: Die Ergebnisse der Bewertung werden in Bezug auf die Schwierigkeiten dargestellt, die auf kognitiver, emotionaler und sozialer Ebene auftreten können. In ähnlicher Weise wird die Schwere der Verletzung bestimmt.
  • Prognose und Behandlung: Dieser Teil des Berichts befasst sich mit den möglichen langfristigen Auswirkungen der Verletzung. Die Experten geben auch Empfehlungen zur Behandlung.

Es gibt jedoch auch wichtige Unterschiede zum forensischen neuropsychologischen Gutachten. Im letzteren Fall muss in erster Linie der Kausalzusammenhang zwischen der Schädigung und den dadurch eingetretenen Veränderungen angegeben werden. Insbesondere sollten die Änderungen im Zusammenhang mit der Beeinträchtigung der beruflichen und häuslichen Aktivitäten spezifiziert werden.

Des Weiteren gilt es, den Grad der Behinderung der betroffenen Person bei der Ausübung der genannten Tätigkeiten zu ermitteln. Dabei geht es darum, die Schwierigkeiten, die sie bei der Arbeit haben kann, oder die Arbeitsunfähigkeit zu analysieren. Auch ist es wichtig zu bestimmen, ob die Folgeerscheinungen stabil sind oder sich verschlimmern können. Davon hängt ab, welche Art von Entschädigung oder Langzeitfolgen entstehen können.

forensische Neuropsychologie: Unterschrift auf Gerichtsurteil

Anwendungen der forensischen Neuropsychologie

Es gibt zwei große Rechtsbereiche, in denen die forensische Neuropsychologie angewendet wird. Sie kann einen erheblichen Einfluss auf den Ausgang eines Rechtsstreits haben.

Zivil- und Arbeitsrecht

  • Zivilrechtliche Behinderung oder Berufsverbot: In diesem Fall liefert die Beurteilung Informationen darüber, wie sich die Verletzung auf die Person auswirkt und welche Folgen sie hat. Sie entscheidet, ob eine Behinderung vorliegt oder nicht.
  • Bewertung einer Behinderung, Folgen und Schadenersatz: Hier ist die forensisch-neuropsychologische Beurteilung am wichtigsten. Sie untersucht und bewertet die kognitiven und emotionalen Folgen, die durch die Hirnverletzung entstanden sind. Der Grund für diese Bewertung ist ein rein rechtlicher. Dieser Bericht bestimmt, ob die Person eine Entschädigung erhält oder ob sie arbeitsunfähig ist.
  • Bestimmung des Grads der Arbeitsunfähigkeit: Hier stellen spezialisierte Neuropsychologen fest, ob eine langfristige Hirnschädigung vorliegt. Sie bewerten auch, welche Auswirkungen die Verletzung auf die Arbeitsfähigkeit und die Fertigkeiten der verletzten Person hat.

Strafrecht

Das Strafrecht ist ein weiteres Rechtsgebiet, in dem die forensische Neuropsychologie eine wichtige Rolle spielt. Insbesondere ist das der Fall, wenn die Person Erkrankungen aufweist, die mit einer Gehirnschädigung einhergehen.

Forensische Neuropsychologen identifizieren auch ungewöhnliche Symptome. Jene, die nicht durch eine neurologische Erkrankung verursacht werden. Dazu gehören beispielsweise die Simulation oder die Zunahme von kognitiven Defekten, die durch psychiatrische Störungen hervorgerufen wurden. Forensische Neuropsychologen arbeiten oft in folgenden Bereichen:

  • Die Beurteilung der psychischen Eignung einer Person für Gerichtsverhandlungen: Der Neuropsychologe hilft dabei das Vorhandensein und das Ausmaß von verhaltensbezogenen und kognitiven Problemen objektiv zu bestimmen. Er gibt weiters an, ob diese beispielsweise dem Gerichtsverfahren folgen können.
  • Strafrechtliche Verantwortung: Hier besteht die Rolle des Neuropsychologen darin, Informationen zu liefern, die das Vorhandensein von kognitiven Problemen widerlegen oder beweisen. All dies hängt mit der Frage zusammen, ob die Person die Strafbarkeit ihrer Handlungen versteht oder nicht. Sie beurteilen auch, ob die Person für das kriminelle Verhalten, das ihr vorgeworfen wird, verantwortlich gemacht werden kann.
  • Beurteilung der Opfer: Hier konzentriert sich die Bewertung auf die möglichen Folgewirkungen, die das Opfer aufgrund der vorliegenden kriminellen Aktivität erleiden könnte.

Die forensische Neuropsychologie ist zwar eine relativ neue Disziplin, die jedoch in der Rechtssprechung sehr wichtig ist. Die entsprechenden Gutachten beeinflussen oft die Ergebnisse von Gerichtsverfahren.


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  • Fernández Guinea, S. (2001). La neuropsicología forense: Consideraciones básicas y campos de aplicación. Revista de Neurología, 32(08), 783. https://doi.org/10.33588/rn.3208.2000188
  • Jarne, A. y Aliaga, A. (Comps.) (2010). Manual de neuropsicología forense. De la clínica a los tribunales. Barcelona, España: Editorial Herder.

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