Toxische Menschen gibt es nicht, nur toxische Verhaltensweisen

Toxische Verhaltensweisen überdecken Unsicherheiten und ein geringes Selbstwertgefühl.
Toxische Menschen gibt es nicht, nur toxische Verhaltensweisen
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 09. Mai 2023

Die Vorstellung, dass es sogenannte toxische Menschen gäbe, ist mittlerweile weitverbreitet. In der Tat wird das Adjektiv „toxisch“ leichtfertig von jedem genutzt, der Beziehungsschwierigkeiten hat. In gewisser Weise wurde dadurch Intoleranz geschürt. Deswegen ist es nun an der Zeit, zu klären, dass es im Grunde genommen keine toxischen Menschen, sondern nur toxische Verhaltensweisen gibt.

Kein Mensch kann als „gut“ oder „schlecht“ etikettiert und einfach in eine Schublade gesteckt werden. Selbstverständlich funktioniert das auch nicht mit einer so negativen Eigenschaft wie der „Toxizität“. Wir Menschen sind, so wie das Leben auch, wandelbar. Es gibt Momente, in denen wir unangebrachte oder zerstörerische Verhaltensweisen an den Tag legen. Das kann sogar über einen längeren Zeitraum hinweg der Fall sein. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir an sich toxisch wären. Niemand ist toxisch und man darf dieses Wort nicht gebrauchen, um das Wesen eines Menschen zu bewerten.

„Halte nicht an Menschen fest, die sich nicht mit dir über deine Erfolge freuen können.“

Bernardo Stamateas

Jeder kann sich von toxischen Verhaltensweisen verleiten lassen, aber das heißt nicht, dass er sie sein ganzes Leben beibehält. Unser Verhalten können wir konstruktiver gestalten und neu ausrichten. In jedem Fall handelt es sich beim toxischen Verhalten nicht um eine Erkrankung, von der man sich distanzieren müsste, sondern um den Beweis dafür, dass ein Mensch Probleme hat und sich deshalb nicht darüber im Klaren ist, welchen Schaden er sich und anderen zufügt.

Was zeichnet toxische Verhaltensweisen aus?

Toxische Verhaltensweisen überdecken Unsicherheiten und ein geringes Selbstwertgefühl. Darüber hinaus stehen sie für narzisstische Eigenschaften, die eine fehlende Eigenliebe kompensieren. Dazu werden sie häufig von falschen Vorstellungen begleitet, die diesen Handlungsweisen scheinbar rechtfertigen.

Aus diesem Grund sehen die Hauptmerkmale toxischer Verhaltensweisen wie folgt aus:

  • Spürbarer Kontrollwahn: Es existiert das starke Bedürfnis, die Menschen kontrollieren zu wollen, die man liebt. Man will alles über sie wissen – wo sie sind, bei wem sie sind und was sie tun. Das äußerst sich auch durch ein permanentes Interesse daran, das Wesen oder das Verhalten dieser Menschen bestimmen oder beeinflussen zu wollen.
  • Emotionale Manipulation: Toxische Verhaltensweisen beinhalten oft manipulatives Verhalten als ein Werkzeug, mit dem der andere zu dem gebracht werden soll, was man will.
  • Missachtung und Beschuldigung: Toxische Verhaltensweisen im verbalen Sinne zeichnen sich dadurch aus, die Fehler und Schwächen von anderen hervorzuheben. Außerdem will derjenige nicht selbst die Verantwortung übernehmen und beschuldigt seine Mitmenschen.
  • Hinter ihnen verbergen sich Neid und Eifersucht: Toxische Verhaltensweisen machen es unmöglich, sich über die Erfolge anderer zu freuen. Die Unabhängigkeit und Triumphe anderer werden als Bedrohung aufgefasst.

Was können wir angesichts toxischer Verhaltensweisen tun?

Toxische Verhaltensweisen können nicht als etwas Allgemeines verstanden werden, das jedem zuteil würde, der eine oder mehrere der aufgezählten Eigenschaften aufweist. Umstände, Zusammenhänge und Ausmaße sind immer zu beachten. In manchen Fällen sind toxische Verhaltensweisen allerdings stark ausgeprägt und unter diesen Umständen bleibt einem nichts anderes übrig, als sich zu distanzieren. Doch das soll nicht heißen, dass man sich komplett vom anderen trennen soll. Es ist wichtig, ihm zu sagen, dass sein schädliches Verhalten dafür verantwortlich ist, dass wir uns distanzieren.

In unseren zwischenmenschlichen Beziehungen stoßen wir ständig auf Widersprüche. Natürlich können wir ein Gleichgewicht finden, aber für gewöhnlich ist das nicht so leicht. Im Normalfall gelingt uns das nur nach vielen Hochs und Tiefs. Jeder Mensch findet in seinen Beziehungen Leeren, Brüche und Unbeständigkeiten vor. Wir müssen nicht all das vermeiden, sondern einfach nur richtig damit umgehen und es wieder ausgleichen.

Junge Frau steht im Gras und schaut verärgert

Ein Gespräch ist immer der beste Weg, um zu einer Übereinkunft zu kommen. Wenn jemand keine toxischen Verhaltensweisen zeigt, besitzt er die Fähigkeit, einem Menschen, der diese an den Tag legt, dabei zu helfen, sie zu erkennen. Auch kann er einem kontrollierenden und einschränkenden Verhalten Grenzen setzen. Falls er sie aber toleriert, über sie hinwegsieht oder gar fördert, bedeutet das, dass auch er sich von ihnen leiten lässt. Er duldet damit das schädliche Verhalten.

Am besten hilft man einem Menschen, der sich auf toxische Weise verhält, indem man sein Verhalten nicht akzeptiert und klare Grenzen zieht. Jede Verbindung hat ihre ganz eigenen und allgemeinen Spielregeln. Wir dürfen Versuche der Manipulation, Verachtung und jegliches Verhalten nicht tolerieren, das einen Menschen niedermacht oder instrumentalisiert.

Was wir ausrotten müssen, sind toxische Verhaltensweisen, und nicht etwa Menschen, die sich auf diese Weise verhalten. Die brauchen unsere Hilfe.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.