Mythen und Wahrheiten über den weiblichen Orgasmus

Mythen und Wahrheiten über den weiblichen Orgasmus
Sara Clemente

Geschrieben und geprüft von der Psychologin und Journalistin Sara Clemente.

Letzte Aktualisierung: 09. Februar 2023

Sex gilt nach wie vor als Tabuthema. Vieles wird angedeutet, doch nur wenig wird tatsächlich ausgesprochen. Daher ergeben sich oft Fragen darüber, was eine glückliche und befriedigende Beziehung ausmacht. Häufig beziehen sich diese auch auf das Thema der Sexualität. Heute konzentrieren wir uns besonders auf einen Aspekt der Sexualität, nämlich auf den weiblichen Orgasmus.

Wir sprechen von einer angenehmen Empfindung der Frau, über die viele unterschiedliche Meinungen und Vermutungen kursieren. Sind sie wahr oder handelt es sich doch nur um Mythen? Wir werden versuchen, realistisch zu bleiben und Unwahrheiten aufzudecken. 

Mythen über den weiblichen Orgasmus

Es gibt nicht nur einen weiblichen Orgasmus

Viele Autoren unterscheiden zwischen zwei Arten des weiblichen Orgasmus: dem vaginalen und dem klitoralen. Der erste wird häufiger und schneller erreicht und wird durch Stimulation der Vagina während des Geschlechtsverkehrs erreicht. Dabei findet keine direkte Stimulation der Klitoris statt.

Der klitorale Orgasmus wiederum kann intensiver sein. Das hängt mit der großen Anzahl von Nervenendigungen rund um die Klitoris zusammen. Darüber hinaus erleben Frauen ihn als Hitzewelle, die sich über den ganzen Körper ausbreitet und mit Muskelkontraktionen einhergeht. In diesem Artikel beschäftigen wir uns zunächst mit dem Orgasmus im Allgemeinen, ohne dabei die beiden Arten zu unterscheiden.

Frau rekelt sich im Bett

Wenn eine Frau nicht zum Orgasmus kommt, dann, weil sie den Sex nicht genießt

Obwohl es so sein kann, muss dies nicht der Grund sein. Es ist möglich, dass die Erfahrung für die Frau unangenehm war und sie deshalb ihren Höhepunkt nicht erreicht hat. Es kann aber auch sein, dass der Sex wirklich gut war und sie dennoch nicht zum Höhepunkt gekommen ist. Den sexuellen Akt darauf zu reduzieren, ob eine Frau einen Orgasmus bekommen hat oder nicht, ist etwas wirklich Banales.

Diese Behauptung ist schlichtweg falsch. Es handelt sich vielmehr um eine sprachliche Verwirrung. Derzeit herrscht in unserer Gesellschaft der Irrglaube vor, dass Orgasmus und sexuelle Befriedigung das Gleiche wären oder miteinander übereinstimmen. Aber so ist es nicht. Sie bestehen unabhängig voneinander. Der eine kann ohne die andere erfahren werden und umgekehrt.

Masturbieren verringert die Anzahl der Orgasmen

Genau das Gegenteil ist der Fall. Den eigenen Körper zu entdecken ist der beste Weg, Erfahrungen zu sammeln und sich besser kennenzulernen. Frauen, die masturbieren, wissen, was ihnen am besten gefällt und was ihnen Freude bereitet. Auf diese Weise können sie ihren Partner besser führen und fördern eine ausgeglichene Beziehung.

Mit Kegelübungen erlangt man mehr Kontrolle über den eigenen Beckenboden. Es handelt sich dabei um eine Reihe von Übungen, bei denen die Beckenbodenmuskulatur rund um die Vagina angespannt wird. Sie werden zur Geburtsvorbereitung oder bei Inkontinenz angewendet. Doch auch für das sexuelle Wohlbefinden sind sie durchaus nützlich. So können sie auch zur Verbesserung der sexuellen Stimulation ausgeführt werden.

Hat die Frau keinen Orgasmus, ist sie sexuell unfähig, ungeschickt oder zu passiv

Diese Aussage ist nicht nur frauenverachtend, sondern schlichtweg falsch. Wir haben bereits gesehen, dass sexuelle Befriedung nicht automatisch mit einem Orgasmus einhergeht. Tatsächlich muss keiner der Beteiligten zum Höhepunkt kommen. Den Orgasmus als Pflicht zu sehen, ist unangebracht und sogar schädlich. Genau das Gegenteil kann durch diese Obligation bewirkt werden: Die Lust wird blockiert.

Es kann auch passieren, dass der Geschlechtsverkehr Schmerzen verursacht oder die Frau schlicht nicht in der Lage ist, einen Orgasmus zu bekommen. In solchen Fällen sollte ein Spezialist überprüfen, ob ein sexuelles Problem, wie beispielsweise Anorgasmie, vorliegt. Wir sollten daran denken, dass eine sexuelle Beziehung so viel mehr bedeutet, als nur zum Höhepunkt zu kommen. Eine Frau muss nicht zwingend einen Orgasmus erleben, um sich befriedigt zu fühlen.

Frau umfasst ein Bettlaken

 

Wahrheiten über den weiblichen Orgasmus

Nachdem wir nun einige Mythen über den weiblichen Orgasmus gesehen haben, wollen wir jetzt über die Wahrheiten zu diesem Gefühls weiblicher Ekstase sprechen.

Frauen können einen Orgasmus auf unterschiedliche Weise erleben

Männer benötigen nach einem Orgasmus eine gewisse Zeit, um sich zu erholen. Frauen hingegen müssen sich nicht unbedingt zwischen ihren Orgasmen ausruhen. Sowohl der vaginale als auch der klitorale Orgasmus können auf unterschiedliche Weise erlebt werden und sogar gleichzeitig stattfinden.

Bis zum Bewusstseinsverlust

Bei einem Orgasmus erleben Frauen einen Moment größter Ekstase. Dabei kann das Gefühl so stark sein, dass sie bewusstlos werden. Dieses Phänomen wird manchmal als “süßer Tod” bezeichnet. Es bezieht sich auf die Erholungsphase nach dem Orgasmus, die in Form von Schwindel oder eines Bewusstseinsverlustes erfahren werden kann.

Spezialisten behaupten, dass bei einer besonders starke Veränderung der Blutversorgung zu einem mangelnden Angebot an Sauerstoff im Gehirn führen kann, was die Ohnmacht auslöst.

Gleichzeitige Orgasmen sind möglich

Obwohl es unwahrscheinlich ist, kann es passieren, dass beide Partner gleichzeitig einen Orgasmus haben. Es ist eine der Fantasien, mit der viele Filme spielen. Es ist ein klassisches Ideal. Wir sollten von dieser Vorstellung jedoch nicht besessen sein. Nur weil die Partner gleichzeitig zum Höhepunkt kommen, bedeutet dies nicht, dass sie es auch mehr genießen.

Darüber hinaus kann man lernen, gleichzeitig zum Orgasmus zu kommen. Zum Beispiel kann der Mann die Klitoris während des Geschlechtsverkehrs stimulieren. Dafür ist es unerlässlich, die Vorlieben des anderen zu kennen.

Ein Paar erlebt den weiblichen Orgasmus

 

Frau kann einen Orgasmus ohne Penetration erfahren

Die Klitoris kann auf viele verschiedene Arten stimuliert werden, sodass der weibliche Orgasmus ohne Penetration stattfinden kann. Eine sexuelle Beziehung ist viel mehr als Geschlechtsverkehr. Es geht darum, jeden Moment, jedes Reiben und Streicheln zu genießen. Damit ist es möglich, den Höhepunkt auf verschiedene Arten zu erreichen. So kann jeglicher Kontakt ein magischer Moment werden, der beide befriedigt, ohne dass es zur Penetration kommen muss.

Wie wir gesehen haben, gibt es viele falsche Vorstellungen über den weiblichen Orgasmus. Neben Mythen gibt es aber auch einige Wahrheiten, die wir kennen und in unseren sexuellen Beziehungen beachten sollten.


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.