Gute Menschen sind nicht immer fröhliche Menschen

Gute Menschen sind nicht immer fröhliche Menschen

Letzte Aktualisierung: 12. Februar 2022

Gute Menschen sind nicht immer auch fröhliche Menschen. In ihren Herzen liegen viele Sorgen und Enttäuschungen versteckt, die sie mit ihrem warmen Lächeln überdecken. Denn die Güte ist eine Tugend, die all diejenigen auszeichnet, die zu verstehen in der Lage sind, dass die Trauer auch eine heilende Funktion hat und uns außerdem dazu dient, für fremdes Leid einfühlsamer zu sein.

In der Güte, ob wir es wollen oder nicht, verstecken sich immer auch ein paar Tropfen klammer Trauer, genug davon, um uns auf das Wichtige zu konzentrieren, um unsere Träume zu reinigen und zu wissen, wen wir um uns haben wollen und wen nicht.

Doch wenn es etwas gibt, was typisch für gute und noble Menschen ist, dann, dass in ihrer Trauer Ressentiments oder Bitterkeit keinen Platz haben. Sie würden niemals mit ihrem Groll anderen schaden wollen.

Etwas sehr Interessantes schlägt uns der Psychologe Antoni Bolinches in seinem Buch Das Geheimnis des Selbstwertgefühls  zu diesem Thema vor. Er sagt, dass die Güte, außer dass sie eine essenzielle Quelle der Dankbarkeit und Selbstbestätigung sei, auch ein Nachteil für sozialen Erfolg sein könne. Der Grund dafür liegt darin, dass jemand, der stets ethisch kohärent handelt, nicht immer gut im Wettbewerb mit anderen abschneidet.

hand-mit-einem-vogel

Gute Menschen, ein andauernder Kampf um den Erhalt ihrer Essenz

Wir werden hier nicht in die traditionelle Debatte einsteigen, ob der Mensch von Natur aus gut ist oder ob er es mit der Zeit wird. Es ist jedoch klar, dass gute Menschen jeden Tag darum kämpfen, ihre Essenz zu erhalten. Wir leben in einer Welt, in der zum Beispiel Erfolg mit Wettbewerb assoziiert wird und in dem Güte manchmal mit Schwäche in Verbindung gebracht wird. All dies lässt uns manchmal in eine sehr komplexe soziale Neurose verfallen.

Personen mit noblen Idealen, genauso um den Nächsten besorgt wie um sich selbst, gibt es nicht allzu viele. Dies soll nun aber nicht heißen, dass alle anderen “böse” sind. Wir sollten unsere Realität nicht in absolutistischen Kategorien wie “schwarz oder weiß” und “Gut oder Böse” betrachten, die menschliche Psychologie funktioniert so nicht. Es existiert eine Vielzahl an Nuancen und persönlichen Werdegängen, die es uns ermöglichen, die Welt auf verschiedene Weise zu betrachten.

blumen-im-gesicht

Die Güte, ein innerer Werdegang, der auch äußerlich deutlich wird

Die Güte ist nicht nur Teil eines inneren Werdegangs, da ihr Abbild auch von außen sichtbar ist:

  • Heutzutage sind wir Zeuge von etwas, was von manchen als das Zeitalter übertriebener Selbsterkenntnis benannt wird. Hiermit ist ein fast übertriebenes Interesse gemeint, sich selbst kennenzulernen und sich ausschließlich sich selbst zu widmen, als Weg, sein Glück zu erreichen.
  • Dieser spirituelle Materialismus charakterisiert sich durch ständige Fragen wie “Warum bin ich nicht glücklich?”  oder “Warum habe ich nicht das bekommen, was ich will?”,  was sich Stück für Stück zu einer Besessenheit entwickelt, in der wir sehr schnell zu leben vergessen und mehr noch, wir uns von denjenigen abkapseln, die uns umgeben.
  • Menschen mit gütigem Verhalten sind ihrerseits auch durch diese Etappe der Selbsterkenntnis gegangen. Sie mussten eine Phase hinter sich bringen, in der es darum ging, Wunden zu heilen, Enttäuschungen zu lindern, über den einen oder anderen Verrat hinwegzukommen und vor allem sich zu akzeptieren.

Jedoch richten sie ihre Aufmerksamkeit beim Sich-selbst-finden, beim Sich-heilen auch auf die äußere Welt, um sich den anderen so zu widmen, wie sie es mit sich selbst getan haben. Ihr Einfühlungsvermögen sorgt dafür, sich im Kreise der Menschen in ihrer Umgebung einzufinden, um dort zu helfen und um Zufriedenheit zu bringen. Denn dies sind ihre Wurzeln, dies sind ihre Essenzen…

frau-mit-blumen

Die Güte braucht auch ihren eigenen Raum

Der Edelmut, die Güte, der Respekt oder die Dankbarkeit sind nicht nur Tugenden, sondern auch Stärken. Obwohl es sich um Charakterzüge handelt, die alle Personen in größerem oder geringerem Maße haben, ist es interessant, zu wissen, dass derjenige, der diese als seine Tugenden annimmt und regelmäßig praktiziert, sich außerdem auch einer guten körperlichen als auch geistigen Gesundheit erfreuen kann.

Gute Menschen spüren ein Gefühl des Wohlbefindens immer dann, wenn sie helfen, unterstützen oder für andere etwas geben: Denn in ihrem Gehirn wird ein neuronaler Kreislauf aktiviert, der mit Genuss und Belohnung verbunden ist. Außerdem werden verschiedene Neurotransmitter und Hormone freigesetzt, die mit Glück in Verbindung stehen, wie etwa Dopamin oder Oxytocin.

Etwas so Einfaches wie mal ein bisschen solidarischer zu sein, verschafft uns Eintritt in einen wunderbaren Kreislauf, durch den auch andere von diesem Wohlbefinden profitieren. Nun ist es essenziell wichtig, nicht zu vergessen, dass die Güte auch ihren eigenen Raum und ihre Grenzen braucht, durch die sie “ihre Integrität bewahren kann”.

frau-hinter-blauen-blumen

mann-lauft-auf-grosse-blueten-zu

Bildmaterial mit freundlicher Genehmigung von Mi-Kyung Choi


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.