Emotionale Ablösungsstörung - was versteht man darunter?

Eine emotionale Ablösungsstörung kann die Folge eines Mangels an Liebe und Zuneigung in der Kindheit sein. Würdest du gerne mehr über diese Störung erfahren und wie man sie in der Regel erkennen kann?
Emotionale Ablösungsstörung - was versteht man darunter?
Gema Sánchez Cuevas

Geprüft und freigegeben von der Psychologe Gema Sánchez Cuevas.

Geschrieben von Edith Sánchez

Letzte Aktualisierung: 13. Juni 2023

Leiden Menschen in ihrer Kindheit an einem Mangel an Zuneigung, kann sich eine emotionale Ablösungsstörung entwickeln, die an einer Reihe von Merkmalen zu erkennen ist. Die Kindheit ist eine Lebensphase, in der jedes menschliche Wesen zutiefst verletzlich ist. Was in dieser Zeit geschieht, hinterlässt bei der betreffende Person bleibende Spuren, die in jeder Lebensphase in Erscheinung treten können.

Fehlende Zuneigung in der Kindheit verhindert eine gesunde emotionale Entwicklung. Säuglinge und Kinder fühlen sich durch Streicheleinheiten, Worte, Zuwendung und emotionale Unterstützung wahrgenommen. Wenn ein Kind zu wenig davon erhält, kann das zu Schäden führen. Diese verhindern, dass die psychische Entwicklung natürlich verläuft.

Eine emotionale Ablösungsstörung ist die Konsequenz aus der tiefen Überzeugung heraus, dass man nicht liebenswert ist. Dazu kommen eine erhebliche Unzufriedenheit mit sich selbst und eine tiefsitzende Angst, verlassen zu werden. Eine betroffene Person kann lebenslang Züge dieser Störung aufweisen, allerdings werden sie in jeder Altersgruppe anders offensichtlich.

“Weißt du, wodurch das Gefängnis verschwindet? Durch jegliche tiefe und aufrichtige Art der Zuneigung. Freund sein, Bruder sein, lieben – das öffnet das Gefängnis durch eine höhere Macht, durch eine magische Kraft. Ohne diese bleibt man tot. Aber immer wenn die Zuneigung wieder zum Leben erweckt wird, erwacht auch das Leben wieder aufs Neue.”

Vincent van Gogh

Einsam und leer - trauriges Mädchen.

Anzeichen einer emotionalen Ablösungsstörung

Menschen, die an einer emotionalen Ablösungsstörung leiden, weisen ein paar gemeinsame Merkmale auf. Obwohl viele Menschen sich vielleicht ungeliebt fühlen, unterscheidet sich das Gefühl vom eigentlichen Syndrom durch das stabile Auftreten der Symptome.

Die häufigsten Anzeichen für eine emotionale Ablösungsstörung sind die folgenden:

  • Gefühle der Wertlosigkeit. Die Person hat das Gefühl, nicht viel wert zu sein. Sie zweifelt ständig an ihren Fähigkeiten.
  • Man sieht sich selbst als Versager. Menschen mit dieser Störung haben häufig das Gefühl, dass sie kläglich versagt haben, auch wenn dem gar nicht so ist. Zudem gehen sie mit sich selbst hart ins Gericht.
  • Mangel an Selbstliebe. Diese Menschen haben kein Mitgefühl für die eigene Person. Es fällt ihnen schwer, an sich selbst irgendwelche Vorzüge festzustellen. Und wenn sie doch welche finden, werden diese schnell kleingeredet. Eigentlich verachten sie sich im Grunde selbst.
  • Sie ziehen sich aus sozialen Situationen zurück. Menschen, die diese Störung haben, finden es schwierig, anderen zu zeigen, was sie denken oder fühlen, weil sie eine starke Angst davor haben, abgelehnt zu werden. Genauso verhält es sich, wenn sie Ablehnung erfahren: Dann haben sie mit diesen sozialen Situationen zu kämpfen.
  • Instabilität. Sie neigen dazu, sich in zwischenmenschlichen Beziehungen instabil zu verhalten. Eine Folge davon ist, dass sie vor Bindungen gerne zurückschrecken.

Wie sich die emotionale Ablösungsstörung in verschiedenen Altersstufen zeigt

Wie wir bereits erwähnt haben, äußert sich die emotionale Ablösungsstörung in verschiedenen Altersgruppen unterschiedlich. Wesentliche Merkmale sind jedoch in jeder Gruppe vorhanden. Allerdings variiert die Art und Weise, wie sie sich äußern, nach dem Grad der Reife der Person und der Umgebung, in der sie sich befindet:

Wenn man das jeweilige Alter berücksichtigt, kann sich diese Störung zum Beispiel folgendermaßen manifestieren:

  • Frühe Kindheit. Babys oder Kinder mit dieser Störung weinen womöglich viel, lächeln selten und sind anfällig für Infektionen. Normalerweise haben sie Probleme mit der Verdauung. Manchmal kommt es auch zu Wachstumsstörungen.
  • Vorschulalter. Diese Kinder verhalten sich in der Gegenwart von Gleichaltrigen ängstlich und haben oft Schwierigkeiten, sich verbal auszudrücken.
  • Grundschulalter. Lernschwierigkeiten sind häufig. Es fällt den betroffenen Kindern schwer, sich zu fokussieren und zu konzentrieren. Oft fühlen sie sich wertlos. Sie zweifeln möglicherweise an sich selbst und beziehen sich auf die eigene Person in negativer Weise. Sie können auch der Auffassung sein, dass sie anderen Kindern auf die Nerven gehen.
  • Störung in der Vorpubertät und der Adoleszenz. Teenager neigen dazu, impulsiv und aktiv zu sein. Sie sorgen sich übermäßig um ihr Aussehen. Sie sind leicht erregbar und zeigen möglicherweise Symptome einer Sucht.
  • Erwachsenenalter. Erwachsene neigen häufig zur Selbstisolation, zeigen mangelndes Engagement für Ziele und Vorhaben. Sie verspüren häufig Gefühle des Versagens. Außerdem gelingt es ihnen nicht, gesunde Beziehungen aufzubauen. Sie können sich am Arbeitsplatz reserviert zeigen.
Frau vorm Sonnenuntergang.

Was kann man tun?

Realistischerweise muss gesagt werden, dass betroffene Personen eine emotionale Ablösungsstörung niemals vollständig überwinden können. Das bedeutet jedoch nicht, dass es nicht möglich wäre, einige der Themen zu lösen. Diese Menschen können lernen, mit dem Mangel an Zuwendung in der Kindheit zu leben. Vielleicht ist es ihnen sogar möglich, einen Vorteil aus ihrer Erfahrung zu erkennen. Die Schwierigkeit liegt jedoch darin, den ersten Schritt zu wagen. Sobald dieser getan ist, werden die Dinge klarer.

In diesen Fällen ist es ratsam, eine Psychotherapie bei erfahrenen Fachleuten zu beginnen. Bestimmte Therapieformen oder eine Psychoanalyse funktionieren in diesen Situationen für gewöhnlich sehr gut. Menschen mit dieser Störung können allerdings dazu neigen, ihre jeweiligen Therapeuten zu idealisieren. Sie müssen demnach lernen, wie sie mit ihren hohen Erwartungen umgehen können.

Es ist nicht einfach, diese Situation alleine zu bewältigen, denn die emotionale Ablösungsstörung weist einen hohen Schwierigkeitsgrad auf. Ohne Unterstützung von außen vermeidet die Person am Ende, die inneren Wunden erfolgreich zu heilen. Jedenfalls können folgende Dinge hilfreich sein: die Beschäftigung mit Kunst, Lesen, eine eigene Meditationspraxis oder sportliche Betätigung.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Alemán, G. C. (1998). Síndrome de carencia crónica afectiva (Doctoral dissertation, Universidad de Granada).


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.