Der Kulturschock und seine unterschiedlichen Phasen

Einwanderung ist in der heutigen globalisierten Welt immer häufiger anzutreffen. Die Überwindung des Kulturschocks ist jedoch eine Herausforderung, die Menschen oft in verschiedenen Phasen durchlaufen. Lies weiter, um mehr darüber zu erfahren!
Der Kulturschock und seine unterschiedlichen Phasen
Elena Sanz

Geschrieben und geprüft von der Psychologin Elena Sanz.

Letzte Aktualisierung: 01. Mai 2023

Migration und der Austausch von Menschen zwischen unterschiedlichen Ländern sind in dieser zunehmend globalisierten Welt durchaus üblich. Es gibt viele Gründe, warum Menschen von ihrem Herkunftsort wegziehen. Doch auch wenn sich die meisten Menschen der Herausforderungen bei dieser Entscheidung bewusst sind, kennen sie jedoch nicht immer die Phasen, in denen ein Kulturschock abläuft.

Die Notwendigkeit sich auf eine neue Kultur, eine neue Sprache und einen anderen Lebensstil einzustellen, erzeugt eine echte emotionale Belastung. Das ist es, was den Kulturschock ausmacht. Mit anderen Worten, es ist eine Erfahrung, in der Gefühle wie Angst, Traurigkeit sowie Euphorie, Verwirrung und Unsicherheit mitschwingen.

Es ist jedoch nicht etwas Unveränderliches oder Dauerhaftes. Ein Migrant durchläuft verschiedene Phasen mit jeweils eigenen Merkmalen. Solange, bis er es schafft, sich an die neue Umgebung anzupassen. Dieser Prozess kann jedoch mehrere Jahre dauern.

Kulturschock – Das sind die Phasen

Verschiedene Autoren untersuchten die Auswirkungen einer neuen Kultur auf diejenigen, die von einem Land in ein anderes ziehen. Die U-Kurven-Theorie von Lysgaard (1955) besagt in diesem Zusammenhang, dass sich drei Phasen im Prozess der kulturellen Anpassung abzeichnen. Zuerst empfindet eine Person Euphorie oder Glück, dann sieht sie sich mit kognitiver Dissonanz und Unausgeglichenheit konfrontiert und schließlich stabilisiert sie sich wieder.

Mehr Einfluss gewann jedoch die nachfolgende Theorie von Gullahorn und Gullahorn (1963). Nach dieser Theorie gibt es fünf Phasen des Kulturschocks, die sich als W-Kurve äußern. Demnach zeigen diese kognitiven und emotionalen Höhen und Tiefen die Art und Weise, wie sich ein Migrant an seinen neuen Aufenthaltsort anpasst.

Die W-Kurve und die fünf Phasen des Kulturschocks

1. Flitterwochen

Gefühle, Glück und Freudentaumel stehen in dieser Anfangsphase im Vordergrund. Das Gastland ist faszinierend, anregend und neu. Auch die Unterschiede zur eigenen Kultur werden eher positiv empfunden und man ist motiviert, zu lernen und zu kooperieren. Darüber hinaus fühlen sie sich ihrer Identität und ihren früheren Beziehungen noch sehr verbunden.

2. Kulturschock

Dieser tritt ein, wenn sich die Neuheit abnutzt und die neue Realität verwirrend, kalt und fremd wird. Der Migrant versteht die Werte und Lebensweise des neuen Heimatlandes nicht und teilt sie nicht. Er beginnt zu denken, dass er in seinem Heimatland besser dran wäre.

Es treten Gefühle von Feindseligkeit, Angst sowie Frustration und Traurigkeit auf, aber auch körperliche Symptome. Das soziale Unterstützungsnetzwerk, das er früher hatten (Familie und Freunde), scheint nun sehr weit weg und unerreichbar zu sein.

3. Anfängliche Anpassung

Während der Anpassungsphase treten wieder positive und angenehme Gefühle in den Vordergrund. Die neue Kultur und ihre Verhaltensweisen sind nun vertraut und verständlich. Der Einwanderer hat ein angemessenes Maß an Angepasstheit und Wohlbefinden erreicht. Die Einsamkeit ist nicht mehr so ausgeprägt. Seine Sichtweise ist nun objektiver und praktischer und er ist bereit, seine neue Routine anzunehmen.

4. Mentale Einsamkeit

Diese Phase tritt in der Regel nach einem Besuch oder einer Reise in das frühere Heimatland auf. Die Dinge haben sich in der Heimat verändert. Er hat nicht mehr das Gefühl, dorthin zu gehören. Dadurch wird auch sein Zugehörigkeitsgefühl beeinträchtigt. Der Migrant fühlt sich zwischen zwei Welten gefangen und glaubt, weder zu der einen noch zu der anderen zu gehören. Es gibt jedoch eine Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die nicht mehr existiert.

Außerdem hat der Einwanderer im Gastland bereits eine Routine gewonnen. Es gibt nichts Neues und keine Reize mehr. An diesem Punkt hält er inne und denkt darüber nach, wie sehr er sein altes Leben vermisst. Das Gefühl der Isolation sowie Einsamkeit überwiegt.

5. Anpassung

Schließlich wird der Einwanderer mit der Kultur, den Sitten und Werten des neuen Landes vertraut. Er passt sich an das Leben und Arbeiten in dem neuen Land an, ohne sich fremd oder entmutigt zu fühlen. Er fühlt sich wohl und wie zu Hause.

Den Kulturschock überwinden

Es kann mehrere Jahre dauern, die verschiedenen Phasen des kulturellen Anpassungsprozesses zu durchlaufen. Darüber hinaus ist es wichtig zu betonen, dass dieser Prozess nicht linear verläuft. Die Phasen können sich dennoch abwechseln und mehrmals wiederholen, bevor eine Person sich schließlich anpasst.

Das Wissen um das Vorhandensein dieser Phasen kann einem Migranten helfen, die Gefühle, die er erlebt, zu verstehen. Dadurch nimmt das Gefühl der Unsicherheit ab. Das liegt daran, dass er endlich weiß, was er erwarten kann. Hoffentlich gelingt es jedem Migranten, diesen Prozess erfolgreich zu durchlaufen.


Alle zitierten Quellen wurden von unserem Team gründlich geprüft, um deren Qualität, Verlässlichkeit, Aktualität und Gültigkeit zu gewährleisten. Die Bibliographie dieses Artikels wurde als zuverlässig und akademisch oder wissenschaftlich präzise angesehen.


  • Black, J. S., & Mendenhall, M. (1991). The U-curve adjustment hypothesis revisited: A review and theoretical framework. Journal of international business studies22(2), 225-247.
  • Gullahorn, J. T., & Gullahorn, J. E. (1963). An extension of the U-curve hypothesis. Journal of Social Issues, 19(3), 33–47

Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.