Geben und Nehmen: Das Prinzip der Gegenseitigkeit

Geben und Nehmen: Das Prinzip der Gegenseitigkeit
Sergio De Dios González

Geprüft und freigegeben von dem Psychologen Sergio De Dios González.

Geschrieben von Yamila Papa

Letzte Aktualisierung: 09. April 2023

“Gib, was du hast, damit du bekommst, was dir fehlt.”

Augustinus von Hippo

Etwas geben, ohne dabei etwas im Gegenzug zu erwarten, nennt man Altruismus. Aber bis zu welchem Punkt können wir geben, ohne etwas zu bekommen? Ist das wirklich fair? Vergiss nicht, dass alles in diesem Leben ein Geben und Nehmen ist. Heute bekommst du für das, was du gibst, vielleicht nichts, aber morgen wirst du deine Belohnung erhalten.

Wie funktioniert das Prinzip der Gegenseitigkeit?

Die wichtigste Grundlage der Gegenseitigkeit ist der Versuch, das, was uns andere Personen irgendwann einmal gegeben haben, als Dankbarkeit zurückzugeben. Um dies besser zu verstehen, lässt sich eine Erklärung verwenden, die bis in die Vorzeit zurückreicht:

Der Mensch musste teilen, um zu überleben. Wissen und Werkzeuge, Essen und Unterschlupf, immer war es die Solidarität der Einen, die das Überleben der Anderen sicherte.

Diese Errungenschaft ist glücklicherweise nicht in der Steinzeit verblieben, sondern hat sich bis heute erhalten. Seit unserer Geburt besitzen wir einen angeborenen Sinn, um eine Art “Verschuldung” einzurichten, wenn jemand etwas für uns tut.

Menschenkette auf Treppe

Aber da ist noch mehr, denn wir zerbrechen uns den Kopf, um unsere Schuld so schnell wie möglich (und mit Zinseszinsen) zurückzuzahlen.

Bis jetzt erscheint dies sehr idyllisch. Aber wir sollten zur Wirklichkeit zurückkehren. Viele Menschen machen sich diesen Schuldsinn zu nutzen, der uns beunruhigt, wenn wir jemanden einen Gefallen schulden. Diese Gruppe gründet sich auf dem folgenden Prinzip: “Ich mache etwas für jemanden, damit er sich verpflichtet fühlt, etwas für mich zu machen.”

So entsteht die induzierte Gegenseitigkeit, um ihr einen Namen zu geben. Das heißt, man versucht, jemandem zu helfen, nur damit dieser jemand uns später einen Gefallen schuldet.

Aber Achtung!

Die ersten, die versuchten aus diesem Schuldsinn Profit zu schlagen, waren die Krishnas. Sie gingen auf die Straße, schenkten Fußgängern Blumen und erklärten ihnen daraufhin, dass sie Geld für ihre Stiftung sammelten. Da die Personen nun bereits ein Geschenk (die Blume) erhalten hatten, fühlten sie sich verpflichtet, etwas für den guten Zweck zu spenden. Heutzutage wendet man diese Technik ebenfalls bei anderen Dingen an, wie zum Beispiel bei Büchern, Erfrischungsgetränken, Kugelschreibern.

In den 80er Jahren haben Forscher herausgefunden, dass jemanden, den wir gerade erst kennengelernt haben, auf einen Drink einzuladen, bei diesem jemand ein Gefühl von Verschuldung verursacht, insbesondere ein sexuelles. Im 21. Jahrhundert erscheint dies unlogisch, aber vor vier Jahrzehnten nicht so sehr.

Zwei Hände

Existieren beim “Geben und Nehmen” gute Absichten?

Manche würden diese Frage ohne zu zögern bejahen. In Wirklichkeit erwarten wir auf irgendeine Weise immer, etwas zurückzubekommen. Das bedeutet nicht, dass wir ein Geschenk wollen oder etwas Materielles, aber anderen etwas zu geben hilft, uns besser zu fühlen. Wir haben “heute etwas Gutes getan”, wir können stolz auf uns sein.

Also erwarten wir doch etwas. Eventuell warten wir nur auf den richtigen Zeitpunkt, um dem Anderen ins Gesicht zu sagen, was wir alles für ihn gemacht haben, oder darauf, dass uns etwas Höheres für unsere Einstellung entlohnt, sei es Gott, das Universum, Karma, oder wir erwarten einfach, dass jemand für uns da ist, wenn wir etwas brauchen.

Können wir zu 100% Altruisten sein?

Jedes Mal wird es befremdlicher an andere zu denken, den Mitmenschen zu helfen, uns in den Gegenüber hineinzuversetzen. Vielleicht wäre es besser, wenn wir, anstatt alles zu geben, was wir haben, anfangen würden, uns um unseren eigenen Alltag zu kümmern.

Wir müssen nicht auf allen materiellen Wohlstand verzichten und hungern, damit andere genug zu essen haben, das heißt voll und ganz zum Altruisten zu werden.

Uns mehr um die Menschen in unserem Umfeld zu kümmern, ist eine exzellente Art, sich in Altruismus zu üben; durch simple Handlungen, wie auf den Sitzplatz im Bus zu verzichten, jemand Älteren vorbeizulassen, die Schuhe deines Sohnes zu binden, das Abendessen für deine Familie vorzubereiten oder die Tasche deines Partners zu tragen.

Natürlich wirst du eine Belohnung bekommen: das Glück des Anderen, die Freude, die Zuneigung. Denkst du nicht, dass dies als Geschenk ausreicht?


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.