Der Zusammenhang zwischen Spiegelneuronen und Empathie

Der Zusammenhang zwischen Spiegelneuronen und Empathie

Letzte Aktualisierung: 01. November 2016

Wenn wir einen Menschen beobachten, können wir das, was er tut, nachahmen. Dafür sind unsere Spiegelneuronen verantwortlich. Die Tatsache, dass unser Gehirn auf die gleiche Weise reagiert, erklärt, wieso wir lernen können, nachzuempfinden und auch mitfühlend zu sein, denn wir fühlen das, was der andere erlebt und das hilft uns, das Erlebte zu verstehen.

Die Spiegelneuronen wurden erstmals bei Tierversuchen mit Affen entdeckt. Das Team von Rizzolatti identifizierte sie zum ersten Mal bei der Affengattung Maccaca nemestrina  und lokalisierte sie im motorischen Cortex, die dafür verantwortlich ist, Pläne entstehen zu lassen, eine Auswahl zu treffen und Bewegungen auszuführen.

Nach der Entdeckung bei Affen wurden am Menschen Untersuchungen mit dem Ziel durchgeführt, herauszufinden, ob auch wir Spiegelneuronen aufweisen und ob sie im Zusammenhang mit dem Lernprozess, der Nachempfindung und der Empathie stehen.

Sich in die Lage des anderen hineinversetzen

Wir Menschen können die Gestik unserer Mitmenschen lesen und müssen jemandem nur ins Gesicht schauen, um dessen Gefühle zu identifizieren. Das können wir sogar bei Fremden. Auch wenn wir sie nicht kennen, können wir erahnen, wie sie sich fühlen und liegen damit oftmals richtig.

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Wenn wir also jemanden in Not sehen oder diese Person schwierige Zeiten durchmacht, können wir die Angst oder den Schmerz fühlen, als wäre es unser eigener. Diese Art der Gefühlsübertragung ist angeboren. Aber dann kommt doch bei uns die Frage auf: Welcher Mechanismus in unserem Gehirn macht das möglich? Alles spricht für die Spiegelneuronen und ihre Verbindung zu verschiedenen Gehirnarealen.

Die Spiegelneuronen haben auch mit der Interpretation dessen zu tun, was wir sehen. Wir können durch sie nicht nur eine gesehene Handlung verinnerlichen und sie wiederholen, sondern dank ihnen können wir sie verstehen und ihr einen Sinn geben, verstehen, wieso andere auf diese Art und Weise handeln und ob sie unsere Hilfe benötigen.

Wenn diese speziellen Neuronen aktiviert werden, tun das auch andere Bereiche des Gehirns, z.B. das limbische System. Dadurch sind wir dazu in der Lage, Gestik im Gesicht zu erkennen, auf unsere Erinnerungen und auf zuvor Gelerntes zurückzugreifen und diese gesamten Informationen zu vereinen, um die Situation einzuschätzen und ihr einen Wert zuzuschreiben.

„Der Verstand eines jeden Menschen ist wie ein Spiegel für andere.“

Hume

Gefühle sind ansteckend

Wir sind so leicht beeinflussbar, dass uns der Gemütszustand anderer bewegen und unsere Laune verändern kann. Wenn ein Arbeitskollege traurig ist und wir diese Traurigkeit an seinem Gesichtsausdruck ablesen können, sind wir nicht nur dazu fähig, zu erkennen, dass etwas passiert, sondern das kann auch unsere Gefühlswelt beeinflussen. Denn durch unser Mitgefühl können wir nicht nur spüren, was der andere denkt, sondern es ermöglicht uns auch, uns in seine Situation hineinzuversetzen.

Es ist auch bewiesen, dass wir uns gleich besser fühlen, wenn wir uns zwingen, zu lachen. Du kannst das selbst ausprobieren: Lache an einem Tag, an dem du dich niedergeschlagen fühlst. Die einfache Tatsache, das Gefühl von Freude vorzutäuschen, hilft dir, dich besser zu fühlen. Auch wenn du dich an einem Tag, an dem alles schiefläuft, mit Freunden triffst, die ständig Witze machen, wird ihr Lachen sehr wahrscheinlich ansteckend sein.

Wenn wir beachten, dass die Emotionen unserer Mitmenschen sehr ansteckend sein und uns beeinflussen können, dann kann das Gleiche auch mit Taten anderer passieren, dir wir beobachten. Das ist vor allen Dingen in frühen Lebensjahren der Fall: Wenn Kinder gewaltverherrlichende Dinge im Fernsehen sehen, kann das ihre Gewaltbereitschaft beeinflussen, weil sie dazu neigen, nachzuahmen, was sich vor ihren Augen abspielt. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir keine Roboter sind und entscheiden können, was wir tun.

Die Absichten der anderen verstehen

Von Kindesbeinen an ahmen wir nach. Zuerst die Gestik unserer Mutter, später spielen wir Doktor, Koch, Polizist, etc. In der Jugend haben wir Idole und Personen, die wir anhimmeln und imitieren und als Erwachsene versuchen manche, sich wie erfolgreiche Menschen zu verhalten und spielen noch immer Doktor.

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Unser ganzes Leben lang ahmen wir nach und versetzen uns in die Lage eines anderen und wir geben sogar vor, jemand zu sein, der wir nicht zu. Das ist der Grund, wieso es das Kino und das Theater gibt. Es entstand wegen unseres Bedürfnisses, zu imitieren und eine andere Realität zu leben.

Im Gegenteil zu Affen – die ebenfalls Spiegelneuronen besitzen, die aktiv werden, wenn sie einen anderen bei einer Handlung beobachten – sind wir dazu in der Lage, zu interpretieren, ob jemand simuliert, Absichten zu erkennen oder Vermutungen darüber anzustellen. Vielleicht ist das eine der Eigenschaften, die uns von den Tieren unterscheidet: Wir haben die Fähigkeit, einer Vorgehensweise einen Namen zu geben und uns darüber hinaus Gedanken zu den Absichten unseres Gegenübers zu machen. Manchmal liegen wir richtig, manchmal auch falsch.

Spiegelneuronen können sowohl durch etwas Gehörtes, Gesehenes, Gemachtes oder Gedachtes zu einer Handlung motivieren. Aber nicht jeder dieser Faktoren hat denselben Einfluss: Wenn wir etwas sehen, können wir die Situation besser einschätzen, als wenn wir von ihr hören. Wir Menschen verarbeiten vor allen Dingen visuelle Informationen.

Wie sich Spiegelneuronen auf unseren Alltag auswirken

Der Name, der dieser Art von Neuronen gegeben wurde, sagt bereits sehr viel über sie aus. Die Semantik dieses Wortes beschreibt, wieso sie aktiviert werden, z.B. wenn wir jemanden sehen, der etwas tut. Sie erlauben unserem Gehirn, das Gesehene abzuspeichern. Das heißt: Für unser Gehirn ist es so, als würden wir das tun, was der andere tut, und das mithilfe eines Spiegels.

Wir besitzen eine überraschende angeborene Fähigkeit, die kleinste Gestik, die sonst sehr schwierig nachzuahmen ist, zu identifizieren. Dadurch sind Spiegelneuronen ein hervorragendes Werkzeug, um zu erfahren, wie sich unser Gegenüber fühlt und wie wir mit ihm umgehen können. Es handelt sich hierbei um eine Fähigkeit, durch die wir uns anpassen können und die uns hilft, Verbindungen zu anderen herzustellen und Probleme zu vermeiden.

Dieses Phänomen wurde vor noch nicht allzu langer Zeit entdeckt und momentan wird der Zusammenhang zwischen Spiegelneuronen, Verhaltensweisen des Menschen und Krankheiten erforscht. Beispielsweise sollen sie mit der Krankheit Autismus in Verbindung stehen: Bei Patienten mit dieser Krankheit wurde eine geringe Aktivität dieser Art von Neuronen festgestellt. Die Spiegelneuronen zu studieren ist also ein Hoffnungsschimmer, um Autismus besser zu verstehen und eine Behandlung zu finden, um die Symptome zu lindern und die Ausprägung der Krankheit zu verringern.

 

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