Das Gefühl von Schuld, das wir unseren Kindern eintrichtern

Das Gefühl von Schuld, das wir unseren Kindern eintrichtern

Letzte Aktualisierung: 24. August 2017

Das Gefühl von Schuld, das wir unseren Kindern beibringen, kommt einerseits von dem Gefühl von Schuld, das wir selbst in unserer Kindheit erlernten und von dem wir andererseits zugelassen haben, dass es sich in unserem Erwachsenenleben unbewusst entwickelt, bis zu dem Punkt, an dem wir selbst es an unsere Kinder weitergeben. Daraus wird ein Mechanismus, der nur schwierig zu kontrollieren ist.

Das Gefühl von Schuld, das bei uns Leid hervorruft und uns zu keinem Entschluss kommen lässt, hat seinen Ursprung größtenteils in der Erziehung, die wir erhalten haben; durch eine Vielzahl an Regeln, die uns beigebracht wurden und an die wir uns in jeder Lebenslage strikt zu halten hatten.

Bereits von Kindesbeinen an haben wir strenge Regeln verinnerlicht und in unser Leben integriert, bis diese dann eines Tages zu unserer inneren Stimme der Schuldvorwürfe geworden ist.

Die Funktion von Schuld in unserem Leben

Für was steht das Gefühl von Schuld in unserem Leben eigentlich? Wie drückt sich unser Schuldgefühl aus? Seit unserer Kindheit erschaffen wir einen moralischen Kodex, der durch die Reaktionen unserer Mitmenschen in Bezug auf unser Handeln geprägt wird. Das Gefühl von Schuld dient uns als ein Zeichen dafür, dass wir uns nicht an festgesetzte Regeln gehalten haben.

Aus diesem Grund ist das Schuldgefühl erst einmal dafür verantwortlich, dass wir Regeln, die wir im Laufe unseres Lebens erlernt haben, einhalten, egal ob diese bewusst oder unterbewusst sind.

Unser innerer Richter urteilt über uns und abhängig von seiner Strenge, stellt das Gefühl von Schuld ein Problem dar. Daraus wird entweder ein noch größeres Schuldgefühl oder, wenn wir gelernt haben flexibel darauf zu reagieren, hilft es uns, die benötigten Berichtigungen zu erkennen und in die Tat umzusetzen.

Frau verdeckt ihre Augen

Als Eltern trichtern wir unseren Kindern unbewusst Schuldgefühle ein, erschaffen damit einen eisernen inneren Richter, der das Leben unserer Kinder im Erwachsenenalter erschwert. Dieses Gefühl von Schuld vermitteln wir ihnen, indem wir ihnen Sätze sagen wie:

  • Du musst immer auf deine Eltern achtgeben.
  • Du musst immer auf eine Autoritätsperson hören und darfst nicht hinterfragen, was dir diese sagt.
  • Es ist wichtig, dass du dich gut verhältst, damit du geliebt wirst.
  • Übernimm Verantwortung, arbeite hart und kümmere dich um deine Familie. Zu jeder Tages- und Nachtzeit musst du bereitstehen.
  • Wenn du nicht arbeitest oder nichts aus deinem Leben machst, bist du ein verantwortungsloser Faulpelz.

Mit diesen Sätzen wird den Kindern gesagt, was sie zu tun und zu lassen haben, ohne dabei Rücksicht auf die Umstände, persönliche Charaktereigenschaften und die Motivation unserer Kinder zu nehmen. Außerdem wird ihnen damit unmissverständlich mitgeteilt, dass sie sich sonst falsch verhalten und sie sich schlecht fühlen müssen, wenn sie diesen „Anweisungen“ nicht Folge leisten.

Genau das ist es nämlich, dass bei Kindern ankommt, wenn sie sich inmitten ihres Entwicklungsprozesses befinden, denn sie lernen durch Beobachtung und die Liebe, die sie für ihre Verhaltensweisen bekommen.

Eine Erziehung basierend auf Verantwortungsgefühlen anstatt auf Schuldgefühlen

Die strengen Regeln, die Kinder beigebracht bekommen, sind letztendlich doch oft veraltet, entsprechen nicht der Erwartungshaltung und unseren Lebensumständen. Unser innerer Richter wird zu einem ständigen Begleiter, der dafür sorgt, dass wir uns schuldig wegen dem fühlen könnten, das wir getan oder nicht getan haben oder wegen dem, was wir anstatt dessen hätten tun sollen.

Unser eigenes Schuldempfinden ist der Grund, weshalb wir in die Defensive gehen, nicht zuhören, unfähig dazu sind, Fehler einzugestehen und aus ihnen zu lernen.

Eine Erziehung basierend auf Verantwortungsgefühlen bedeutet, das Bewusstsein zu vermitteln, dass man nicht allgemein sagen kann, dass diese und jene Verhaltensweisen immer gut und schlecht sind und jede Tat Konsequenzen nach sich zieht, für die wir verantwortlich sind. Genauso wie wir es für unsere eigene Erfahrung, unsere Gründe, Gefühle und Emotionen sind.

Wenn wir die Verantwortung für unser Handeln übernehmen, lässt unser innerer Richter öfter Gnade vor Recht ergehen und passt sich somit unseren Bedürfnissen an und erlaubt uns, dass wir Erfahrungen sammeln, um aus den Konsequenzen zu lernen. Und wir fühlen uns nicht mehr schuldig, wenn wir die Erwartungshaltung anderer an uns nicht erfüllen.

„Im Leben gibt es weder Belohnungen, noch Strafen, sondern einfach nur Konsequenzen.“

Robert Green Ingersoll

Kind voller Schuldgefuehle

Wir müssen uns von Schuldgefühlen freisprechen, um das auch unseren Kindern zu lehren

Darauf zu achten, unseren Kindern kein Gefühl von Schuld mit auf den Weg zu geben, verlangt natürlich einiges von uns ab, da wir ja unbewusst gelernt haben, das zu tun und es uns so nun einmal beigebracht wurde. Aus diesem Grund müssen wir uns erst selbst von Schuldgefühlen freisprechen, um das dann auch unseren Kindern beizubringen.

Im Erwachsenenalter sind wir die Verantwortlichen dafür, diesen Gefühlszustand, in dem wir uns befinden, zu ändern und uns von einem Grundgefühl der Schuld zu befreien. Wir dürfen uns nicht weiter wie das Kind verhalten, das wir damals waren und das stets auf der Suche nach Bestätigungen und Liebe aufgrund seines Handelns ist.

Wir müssen uns eingestehen, dass wir dieses Kind nicht mehr sind und dass Zuneigung und Liebe nicht von ein paar Erwartungen abhängen, die wir zu erfüllen haben, sondern von der Tatsache, dass wir zu jeglicher Entscheidung stehen müssen, die wir treffen, und uns der Konsequenzen bewusst sind. Dazu müssen wir Verantwortung übernehmen und das Gefühl von Schuld beiseite lassen. Dadurch erlangen wir Entscheidungsfreiheit und verbannen das Gefühl von ständiger Erwartung und Verpflichtung.

„Der Verstand muss sich selbst auf eine intelligente Art und Weise von dem Wunsch nach Belohnung verabschieden, der ein Gefühl von Angst und Übereinstimmung erzeugt. Wenn wir unsere Kinder wie ein persönliches Eigentum behandeln, wenn wir sie benutzen, um unser erbärmliches Ego weiterhin zu stützen und um dadurch unserem Verlangen nachzugehen, erschaffen wir ein Umfeld, eine soziale Struktur, in der es keine Liebe geben kann, sondern nur die Suche nach egoistischer Zweckmäßigkeit.“

Jiddu Krhisnamurti


Dieser Text dient nur zu Informationszwecken und ersetzt nicht die Beratung durch einen Fachmann. Bei Zweifeln konsultieren Sie Ihren Spezialisten.