Anorexie: Wenn Magerkeit nur die Spitze des Eisbergs ist

Anorexie: Wenn Magerkeit nur die Spitze des Eisbergs ist

Letzte Aktualisierung: 01. November 2016

Wenn wir glauben, dass sich die Krankheit Anorexie oder Magersucht auf den einfachen Aspekt beschränkt, sehr dünn zu sein, dann sehen wir nur die Spitze des Eisbergs. Es handelt sich hierbei um eine komplexe Erkrankung, die eine der höchsten Sterberaten aufweist. Aus diesem Grund sollten wir die Krankheit niemals mit dem Symptom verwechseln.

Uns ist nicht bewusst, dass diese Notwendigkeit, dünn zu sein, eine Art der Selbstzerstörung ist. Viele der Betroffenen leiden unter einem Problem, das sie nicht kontrollieren können und das sie versuchen, über ihre Nahrungsaufnahme zu kontrollieren, als eine Möglichkeit, sich vor ihren Ängsten und der Wehrlosigkeit zu schützen. An Magersucht erkrankte Menschen haben das Bedürfnis, sich durch ihr äußeres Erscheinungsbild gut zu fühlen. Dieser Wunsch ist stärker als die Liebe für das eigene Leben und Überleben.

Anorexie bedeutet, zu jeder Tages- und Nachtzeit ans Essen zu denken.

Doch wie entsteht diese Krankheit? Ist es eine psychische Erkrankung oder gibt es andere Faktoren, über die wir plötzlich keine Kontrolle mehr haben und die unser Gehirn beeinflussen? In diesem Artikel beantworten wir diese Fragen und finden heraus, wieso diese Besessenheit davon, dünn zu sein, nur ein kleiner Teil des Krankheitsbildes ist.

Was spielt sich im Kopf eines Menschen ab, der an Anorexie leidet?

Menschen, die an Anorexie erkrankt sind, versuchen bewusst, die Nahrungsaufnahme zu reduzieren und werden sogar so diszipliniert, dass sie an einen Punkt kommen, an dem sie so gut wie nichts mehr essen. Je weniger sie zu sich nehmen, desto besser.

Können wir dann hier von einer psychischen Störung reden? Die Wahrheit ist, dass dieser Begriff verwirrend sein kann. Aus diesem Grund können wir uns auf jeden Fall sicher sein, dass diese Erkrankungen durch ein impulsives Verhalten entsteht, bei dem sich Betroffene über die Konsequenzen sorgen, zu viel gegessen zu haben.

Das zeigt, dass das Gehirn von an Magersucht erkrankten Personen nicht so arbeitet wie das eines gesunden Menschen. Wir alle besitzen ein Belohnungssystem, das für unser Überleben von großer Bedeutung ist. Im Falle von Menschen, die an Anorexie leiden, ist dieses System aus dem Gleichgewicht geraten.

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Beispielsweise sendet das Gehirn jedes Mal eine positive Antwort aus, wenn sich ein gesunder Mensch hungrig fühlt und dann isst. Auf diese Weise ist sein Bezug zum Essen gesund. Doch bei Menschen, die an Anorexie erkrankt sind, ist dieses Belohnungssystem nicht dazu in der Lage, negative und positive Reize auseinanderzuhalten.

Dem Hunger zu trotzen sollte niemals ein Triumph sein.

Doch das ist noch nicht alles. Viele Neurobiologen haben bestätigt, dass Betroffene eine Störung in den Hirnbereichen aufweisen, die für die Kommunikation mit den Neuronen verantwortlich sind, von denen ein Hungergefühl vermittelt wird. Damit handelt es sich um eine gestörte Verbindung zu dem Bereich, in dem Gefühle und Wahrnehmung unseres eigenen Körper entstehen.

Auch unsere Hormone haben teilweise Schuld an dieser Situation. Anorektiker zeigen einen niedrigen Spiegel vieler Hormone, die im Zusammenhang mit unserem Appetit und Gewicht stehen, weshalb das Essverhalten gestört ist.

Und der Gedanke, dass ich dünn sein will

Bis jetzt wissen wir also, dass die Anorexie Störungen im Gehirn verursacht, die ein ins Wanken geratenes Belohnungssystem widerspiegeln. Doch ist das schon alles?

Fest steht, dass Betroffene weitere ungesunde Verhaltensweisen aufzeigen. In manchen Fällen können wir die folgenden Merkmale in ausgeprägterer Form bei an Anorexie Erkrankten erkennen, und dann gibt es aber auch Fälle, in denen nur einige zutreffen:

  • Ein geringes Selbstwertgefühl, das sie auf ihr äußeres Erscheinungsbild und ihr Verhalten übertragen.
  • Kontrollzwang, weshalb sie eben die Kontrolle über ihren Körper und ihr Essen erhalten wollen. Das ist das Einzige, das sie wirklich kontrollieren können.
  • Suche nach der eigenen Identität, was mit einer großen Angst einhergeht.
  • Stimmungsschwankungen, die von Euphorie bis zur tiefsten Depression reichen können.
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Das sind nur einige von vielen Eigenschaften, die Betroffene an den Tag legen können. Wie wir sehen können, spielt das Selbstwertgefühl eine wichtige Rolle. Es ist an weitere untergeordnete Probleme geknüpft, die dazu führen, dass derjenige sich „wünscht“, nichts mehr zu essen.

Die Magersucht beginnt damit, eine Mahlzeit vermeiden zu wollen und geht mit tausenden Ausreden weiter.

Hierbei können wir uns sicher sein, dass die Magersucht keine Laune ist. Wenn ein von dieser Krankheit betroffener Mensch versucht, ohne die Hilfe von Spezialisten und mit einer einzigen Strategie – z.B. sich dazu zu zwingen, zu essen – ohne aber an anderen Aspekten und Problemen zu arbeiten, der Krankheit ein Ende zu bereiten, wird es ihm kaum gelingen, sich anders, gesünder zu verhalten.

Denke daran, dass diese Krankheit ein Hilferuf ist und sich dadurch ein schwerwiegendes Problem ausdrückt. Es ist nicht nur eine Frage des Aussehens, des Essens oder des Verzichts auf Essen. Hinter der Anorexie versteckt sich eine Person, die am Boden zerstört ist und noch andere große Probleme mit sich herumschleppt, die ebenfalls behandelt werden müssen. Natürlich kann die Krankheit so schlimm werden, dass der Betroffene aufgrund der fehlenden Nahrungsaufnahme verstirbt. Aber das soll nicht heißen, dass man nur das Symptom und den Schmerz bekämpfen, sondern vor allen Dingen den Ursprung der Krankheit finden und heilen muss.

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Magersüchtig zu sein, bedeutet nicht, dünn zu sein, um sich schöner zu fühlen, sondern dahinter verbergen sich Probleme, Unsicherheiten, Schmerz und Traurigkeit. Erkrankte essen nichts mehr, und das nicht, weil sie sich gut fühlen, sondern weil sie vermeiden wollen, sich schlecht zu fühlen. Dieses Verhalten kommt daher, dass versucht wird, Leid zu vermeiden und dieses Gefühl, dass sie einen schwachen Willen haben und für nichts zu gebrauchen sind.

Anorektiker fürchten sich irgendwann so vor dem Essen, wie wir uns normalerweise vor einem Löwen oder einer Schlange fürchten, weil sie es als schlimmsten Feind ihrer Welt ansehen, die sie versuchen, zu erschaffen und die sie kontrollieren können: eine Welt, in der ihre einzige Hoffnung ist, zwischen all den schwarzen Tagen irgendwann einmal einen grauen zu erleben.

 

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